Einsichtnahme statt Zusendung per Mail mit Bezug auf VG Regensburg (2019)

Argumente Behörde

Die Veterinärdienst und Lebensmittelüberwachung im Kreis Coesfeld möchte die Berichte gerne per Akteneinsicht ausgeben und antwortet dazu mit einem 4-seitigen Brief, bei dem man erst hofft, dass die Berichte schon dabei sind. :roll_eyes:

Stattdessen zitiert dieser nochmal den kompletten Gesprächsverlauf im Konjunktiv und begründet dann mit 3 Punkten, warum eine Akteneinsicht besser ist. Ich fasse die mal so zusammen:

  1. Datenschutz – der Bericht enthält angeblich personenbezogene Daten und andere “betriebsbezogene” Daten gegen die “rechtliche Bedenken bestehen (Datenschutz)”
  2. VG Regensburg, 15.03.2019 - RN 5 S 19.189 – dass ich die Ergebnisse veröffentlichen könnte, “käme[…] einer behördlichen Veröffentlichung […] gleich” und wäre damit eine „rechtswidrige Veröffentlichung“.
  3. Rückfragen – um mich “umfassend” und “angemessen[…]” zu informieren, könne ich vor Ort „sich ergebende Rückfragen direkt mit dem zuständigen Lebensmittelkontrolleur” klären

Hier der wichtige Teil OCR’te Volltext (ich war jetzt zu faul die Leerzeichen zu korrigieren – im Zweifel den Scan anschauen):

Volltext

Gemäß $ 6 Abs. 1 ViG kann die informationspflichtige Stelle den Informationszugang
durch Auskunftserteilung,. Gewährung von Akteneinsicht oder in sonstiger Weise er-
öffnen. Wird eine bestimmteArt des Informationszugangsbegehrt, so darf dieser nur
aus wichtigem Grund auf andere Art gewährt werden.
Ein solcher Grund liegt hiervor. In Ihrem Antrag begehrenSie für den Fall von Bean-
standungendie Übersendung des Kontrollberichtes. Hierbeiist jedoch zu beachten
dassein Kontrollbericht neben Informationen über Verstöße bzw. rechtliche Abwei-
chungen im Sinne von $ 2 Abs. 1 VIG auch weitere, betriebsbezogene, Z.T. auch
personenbezogene Daten enthält, gegen deren Herausgabe rechtliche Bedenken be-
stehen (Datenschutz).
Außerdem ist zu berücksichtigen, dass ich als Behörde - im Gegensatz zu einer von
mir vorgenommenenVeröffentlichung derInformationen im Internet (vgl. $ 6 Abs.1
Satz 3 VIG) - nach Herausgabe der Informationen an Sie als Antragsteller auf den
öffentlichen Kommunikationsprozess auf der von Ihnen für Ihren Antrag genutzten
Plattform foodwatch/fragdenstaat.de gerade nicht mehreinwirken kann
Solche gewährten Informationen kämen einer behördlichen Veröffentlichung gem
VIG gleich, mindestens aber könnte durch eine Veröffentlichung meiner Schreiben
oderauch Bescheide im Internet beim Leser derfalsche Eindruck eines behördlichen
Informationshandelns entstehen (Verwaltungsgericht Regensburg, Entscheidung
vom 13.03.2019, Az.: RN 5 S 19.189)
Hinweis:Eine rechtswidrige Veröffentlichung von Verbraucherinformationen im Inter-
netdarf nicht erfolgen.
Schließlich wird Ihnen im Sinne einer angemessenen und umfassenden Verbraucher-
information mit der gewährten Akteneinsicht zudem die Möglichkeit eingeräumt, sich
ergebende Rückfragendirekt mit dem zuständigen Lebensmittelkontrolleur zu klären

Allerdings könn “auf Wunsch eine andere angemessene Lösung gefunden werden”, wenn ich die Akteneinsicht nicht “vornehmen will oder kann” [umformuliert].
Was genau damit gemeint sein soll, ist mir nicht klar. Mein Interesse war ja eindeutig.

Übrigens wird in der Anfrage von der Behörde immer auf FdS und Foodwatch verwiesen, und im Betreff betont, dass dies eine Kampagne von “euch” zwei’en ist – als wäre dies (nicht auch) kein persönliches Recht, was ich als Einzelperson in Anspruch nehme.

Meine Ideen

Also zunächst einmal dachte ich, da es Topf Secret ja schon doch schon eine Weile gibt, dass die Rechtsprechung und Behörden da inzwischen weiter sind und nicht so einen Unsinn machen, naja…

Also zu den Argumenten der Behörde:

  • Nummer 3 finde ich ja sehr reizend. Es ist zwar klar, dass dies keine rechtliche Argumentation ist, aber es ist sehr nett, dass ich dann doch persönlich Fragen stellen kann.
  • Von Nummer 1 (Datenschutz) ist die Behörde wohl selbst nicht überzeugt, ob diese “Bedenken” jetzt irgendwie relevant sind. Ich könnte/würde mich aber natürlich einfach mit dem Schwärzen dieser Informationen einverstanden erklären.
  • Ich denke Nummer 2 ist der Knackpunkt hier…
  • Ach und ja, ich wohne ausreichend weit weg, als dass eine Einsichtnahme nicht so einfach möglich ist… (was die Behörde allerdings auch schon wusste)

VG Regensburg 15.03.2019 - RN 5 S 19.189

Die Argumentation mit dem VG Regensburg ist ja offenbar nicht neu (/cc @137maxwell) (was für ein schönes Jubiläum, dass dies genau vor einem Jahr geschah).
Das Thema ist ja allgemein nicht neu.

Ich habe das Forum hier schon etwas durchsucht und würde dieses Urteil bspw. mit zitieren.

Dennoch sind alle Beiträge etwas älter, sodass ich nachfragen wollte, ob es hier vlt. eine bessere Argumentation gibt.

Gerne können wir auch – insbesondere für zukünftige Ablehnungen auf Basis dieses VG Regensburg Urteils – das ganze crowdsourcen.
Hier ist mein aktueller Entwurf:
https://pad.systemli.org/p/coesfeld-akteneinsicht-keep

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Ich habe leider gerade nicht viel Zeit. Deshalb nur kurz:
Deine Gedanken und auch dein Text klingen gut. Ich würde versuchen die Rechtsprechung des OVG NRW einzubauen, weil die Behörde dort sitzt.

  1. Zum Datenschutz hat der VGH München, Beschluss v. 15.04.2020 – 5 CS 19.2087 was geschrieben.
  2. Aber auch manche der anderen obergerichtlichen Beschlüsse haben der Rechtsprechung des VG Regensburg eine klare Absage erteilt.
    Kürzlich habe ich zu dem Thema eine erfolgreiche Fachaufsichtsbeschwerde geschrieben.
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Okay, danke erstmal.

Wobei ja noch die generelle Frage des Vorgehens besteht:
Ich hatte ja schon einen Bescheid erhalten und ein Widerspruch kann natürlich kostenpflichtig abgelehnt werden.

Andererseits hat mir die Behörde ja geschrieben, man könne “auf Rückfrage andere Lösungen” [ähnl.] finden, was vlt. ein Zeichen sein könnte, dass sie es doch zusenden könnten. Sie werden ja aber nicht ohne Grund (bzw. Widerspruch) Ihren eigenen Bescheid abändern…

Oder sollte man erstmal eine Beschwerde/Vermittlung bei der Landesdatenschutzbehörde einlegen?

Und danke für den Hinweis auf die Möglichkeit einer Fachaufsichtsbeschwerde. Das wäre dann evt. der nächste Eskalationsschritt?

Das stimmt wohl. Allerdings waren bislang all meine sieben Widersprüche im Rahmen von Topf Secret kostenlos. Nur einer war nicht erfolgreich (weshalb ich die Kosten in Höhe von hier 0€ tragen muss). Allen anderen wurde zumindest teilweise abgeholfen, weshalb sie kostenlos waren (vom Briefporto mal abgesehen) :slightly_smiling_face:

Ich könnte mir vorstellen, dass hiermit die ursprünglich angekündigte postalische Zusendung gemeint ist. Das wäre zwar nicht so angenehm, wie die von dir beantragte E-Mail, aber für dich immer noch deutlich angenehmer als eine Einsichtnahme im Amt. Eine analoge Auskunft wäre auch datenschutzfreundlicher als eine einfache E-Mail. Außerdem erschwert die analoge Form die Veröffentlichung im Internet, was ja die beiden Kritikpunkte der Behörde sind. Mit diesem Vorgehen könnten also die Bedenken der Behörde relativiert und damit die beiderseitigen Interessen relativ gut in Einklang gebracht werden. Normalerweise schlagen die Behörden von sich aus diesen Kompromiss vor, in diesem Fall vermutlich nicht, weil du mit deiner vorangehenden Nachricht auf eine elektronische Zusendung bestanden hast. An deiner Stelle würde ich nachgeben und einen postalischen Versand akzeptieren.

Bei Anfragen nach dem VIG gibt es außerhalb Hamburgs leider keine Vermittlungsmöglichkeit bei den Landesdatenschutzbeauftragten.

Das kann man quasi so sehen. Allerdings solltest du beachten, dass eine Fachaufsichtsbeschwerde keine Fristen hemmt. Wenn dein Widerspruch abgelehnt wurde, hast du nur einen Monat Zeit, um dagegen zu klagen. Die Klage ist eigentlich der nächste Eskalationsschritt.

Habe gerade mal den Widerspruch fertig geschrieben (gerne nochmal drüber lesen im Pad, welches ich oben verlinkt habe) und lese gerade nochmal den Bescheid und die Behörde meint wohl, es gäbe kein Widerspruchsverfahren mehr, sondern nur noch die Möglichkeit einer Klage: (siehe letzte Seite/Seite 4):

Das der Klage bisher vorgeschaltete Widerspruchsverfahren wurde in vielen Bereichen abgeschafft. Zur Vermeidung unnötiger Kosten empfehle ich Ihnen, sich vor Erhebung einer Klage zunächst mit mir in Verbindung zu setzen. In vielen Fällen können so etwaige Unstimmigkeiten bereits im Vorfeld einer Klage behoben werden. Die Klagefrist von einem Monat wird durch einen solchen außergerichtlichen Einigungsversuch jedoch nicht verlängert.

Dass ist mir ja komplett neu… ???

Im Zweifelsfall würde ich den Text dann per E-Mail senden (ein Widerspruch müsste ja ordnungsgemäß per Post eingehen, aber wenn dies angeblich sowieso nicht möglich ist, kann ich meine Rechtsauffassung erst einmal so darlegen und auf den besagten “Einigungsversuch” hoffen bzw. auch auf die zuvor schon angedeutete Mgl. “andere Lösungen” zu finden.

Weil das in Nordrhein-Westfalen so ist; war hier schon mal Thema:

Das Ganze ist in § 110 des Justizgesetzes von NRW (JustG NRW) geregelt.

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Und abgesendet:
https://fragdenstaat.de/anfrage/kontrollbericht-zu-coesfelder-berg-schulte-osthoff-coesfeld/#nachricht-502828

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Eine Übersicht der Rechtsprechung zu Topf Secret gibt es übrigens hier.

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Ja danke, hatte ich dann auch gefunden. Das ist generell auf eurer Webseite recht versteckt v.a. da beim “normalen” FdS zwischen “euren klagen” und allgemeinen Klagen getrennt wird und dann hier TopfSecret auch eine eigene Klagenseite hat.

Wen dieser konkrete Fall interessiert: tatsächlich hat die Behörde den Kompromiss mit dem Zusenden der Ergebnisse per Post angenommen. Natürlich habe ich die Ergebnisse darauf hin online gestellt, so wie es viele Gerichte ja auch für rechtmäßig erachteten.

Hier das Ergebnis:
https://fragdenstaat.de/anfrage/kontrollbericht-zu-coesfelder-berg-schulte-osthoff-coesfeld/#nachricht-506347

Auch sehr interessant: Das sehr kulante Angebot mit dem zuständigen Lebensmittelkontrolleur zu sprechen, besteht immer noch. Wer also fragen zu dem kaum lesbaren Kontrollbericht hat, kann dort gerne einmal anrufen. (Bitte dann hier mal hinein schreiben, was das Ergebnis ist.)