Ich habe von bayerischen Behörden die ersten Antworten auf meine Anfragen bei TopfSecret erhalten. In den Berichten sind Hygienemängel festgehalten. Zwei unterschiedliche Behörden weisen textgleich, also vermutlich auf höhere Weisung, auf folgendes hin: “Wir möchten ausdrücklich darauf hinweisen, dass das Verbraucherinformationsgesetz allein Auskunftsansprüche gegenüber Behörden umfasst, jedoch keinen Aussagen zur Zulässigkeit der Weiterverwendung erhaltener Informationen durch Sie als Antragsteller trifft. Ob und wie Sie die Informationen weiterverwenden, liegt daher in Ihrer alleinigen Verantwortung und Risiko.”
Wie ist die rechtliche Lage und existieren tatsächlich Risiken?
Ich bin zwar kein Jurist und kann deswegen auch keine sichere Aussage geben, allerdings gehe ich davon aus, dass hier das IWG greift. In §2 heißt es:
Im Sinne dieses Gesetzes
[…]
2. ist Information jede Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung,
3. ist Weiterverwendung jede Nutzung von Informationen für kommerzielle oder nichtkommerzielle Zwecke, die über die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe hinausgeht; die intellektuelle Wahrnehmung einer Information und die Verwertung des dadurch erlangten Wissens stellen regelmäßig keine Weiterverwendung dar,
[…]
Nach §2a dürfen die Informationen, die nach §2 als Informationen definiert werden, weiterverwendet werden. Nach §4 dürfen Behörden Nutzungsbedingungen auferlegen.
Haben sie dies gemacht, muss überprüft werden, a) ob diese verhältnismäßig sind und b) was diese besagen. Ich gehe davon aus, dass diese Berichte veröffentlicht werden dürfen. Auch, weil es keinen unterschied macht, ob eine Person den Bericht veröffentlicht oder 80 Millionen den Anfragen - mit Ausnahme des Bearbeitungsaufwandes bei der Behörde.
Ich kann mir schon vorstellen, dass der Satz eine Art Einschüchterung sein soll.
Eventuell könne man auch den Betrieb einmal fragen, ob die etwas gegen die Veröffentlichung des Berichtes haben. Spätestens dann sollte man auf der sicheren Seite sein. Doch nicht. Siehe Beitrag von Stefan
Wir haben noch nichts von ‘höheren Weisungen’ (z.B. vom Land) gehört und wenn sollten die rechtlich etwas fundierter sein. Wir vermuten eher, dass die Kreise voneinander abschreiben oder sich von Lobbyverbänden der Gastronomie beeindrucken lassen.
Richtig ist: das VIG verbietet die Veröffentlichung nicht und was nicht verboten ist, ist erstmal grundsätzlich erlaubt. Wie @Jasper schon meinte: das IWG sollte hier zutreffen.
Außerdem nimmt der Nutzer die Veröffentlichung ja über FragDenStaat.de vor, weswegen wir erster Ansprechpartner bei rechtlichen Problemen sein sollten. Die Nutzerin selbst tritt ggf. auch gar nicht öffentlich auf der Plattform in Erscheinung.
Beim Betrieb würde ich grundsätzlich NICHT nachfragen. Der hatte in den meisten Fällen schon in einem Drittbeteiligungsverfahren Gelegenheit gehabt sich zu äußern oder rechtliche Schritte gegen die Herausgabe durch die Behörde einzuleiten. Ist das Dokument aber herausgegeben, kann man damit machen, was man will. In den meisten Fällen wird es keine bzw. keine schwerwiegenden Beanstandungen in dem Kontrollbericht geben, womit eine Veröffentlichung auch absolut unkritisch für den Betrieb ist. Sollte es schwere Beanstandungen geben, kann man sich auch gerne noch mal bei uns per Mail melden.
Ansonsten den Hinweisen an den FragDenStaat-Anfragen folgen, die dort hoffentlich automatisiert erscheinen.
Ich habe ein ganz ähnliches Problem. Vom Dresdner Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt kam folgende Aussage:
Die Ihnen übermittelten Daten und Informationen unterliegen dem Amts- bzw. Dienstgeheimnis. Der Anspruch auf Informationszugang nach dem VIG beschränkt sich auf Sie als Antragsteller nach § 2 Abs. 1 VIG . Ein Anspruch auf Veröffentlichung im Internet durch den Antragsteller über entsprechende Portale ist hiervon nicht umfasst.
und dann noch folgender Einschüchterungsversuch
Für jegliche weitere Verbreitung bzw. Veröffentlichung der bereitgestellten Informationen, welche ggf. ungerechtfertigt ist und rechtliche Interessen Dritter betreffen, stehen ausdrücklich Sie persönlich in der Verantwortung. Die Veröffentlichung personenbezogener Daten ist nach dem VIG nicht statthaft.
Ich bin juristisch nicht hinreichend bewandert, um das einschätzen zu können. Was könnte mir denn im schlimmsten Fall passieren, wenn ich den Bericht doch veröffentliche (natürlich geschwärzt, ohne personenbezogene Daten)? Und ist das im IFG überhaupt vorgesehen, dass man zwar Informationen erhält, diese dann aber geheim halten muss?
Es ist ganz klar ein Einschüchterungsversuch. Mit der Rechtslage hat das nichts zu tun. Das VIG verbietet eine Veröffentlichung nicht. Personenbezogene Daten sollen geschwärzt werden, um die geht es uns ja auch nicht, sondern um die Betriebshygiene.
Der schlimmste Fall wäre, wenn jemand versucht Sie zivilrechtlich wegen Rufschädigung o.ä. zu belangen, weil Sie die Infos angefragt bzw. hochgeladen haben. Da FragDenStaat.de diese Infos aber veröffentlicht und nicht Sie selbst, sollte das ins leere Laufen.
Informationen erhalten und für sich behalten ist in weder im IFG noch im VIG geregelt. In der Vergangenheit, wenn Behörden eine Veröffentlichung untersagen, haben wir einfach 1000 weitere Nutzer das gleiche Dokument anfragen lassen, um zu zeigen, dass eine Behörde damit nicht gut fährt. Hier lohnt sich das aber nicht. Bitte einfach hochladen.
In dem Punkt bin ich mir auch nicht ganz sicher, da man nach meiner Erfahrung als Nutzer einer Plattform für selbst hochgeladene Inhalte durchaus haftbar gemacht werden kann. Oder ist das bei FragDenStaat aus irgendwelchen Gründen anders?
Unabhängig davon würde das Risiko an der Stelle dann wohl trotzdem eingehen, so drakonisch werden die möglichen Strafen schon nicht sein… Danke für die Infos!
Ich weise Sie bereits jetzt darauf hin, dass die Veröffentlichung der Kontrollergebnisse über das Internet untersagt ist. Das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) sieht u.a. in § 40 spezialgesetzliche Veröffentlichungspflichten vor, die ausschließlich der zuständigen Behörde obliegen.
Der äußert sich aber nur zur Veröffentlichung durch die Behörde, nicht durch etwaige Dritte. Dürfte also auch eine leere Drohung sein, oder?
Genau, LFGB und VIG sind getrennt zu betrachten. Das LFGB sieht (zeitlich eingeschränkte) Veröffentlichungspflichten durch die Behörde vor – in der Praxis wird das leider nicht genug genutzt. Das VIG gibt einen allgemeinen Zugang für alle Bürger zu Verbraucherinformationen. Die Veröffentlichung der darüber erhaltenen Informationen ist weder im LFGB noch im VIG untersagt und durch das IWG sogar erlaubt.
Wir haben ja das Problem, dass viele Antragsteller sich von den abschreckenden Hinweisen der Behörden verunsichern lassen und deshalb erlangte Auskünfte nicht hochladen. Die FAQ zu Topf Secret sagen dazu:
Dürfen die Dokumente veröffentlicht werden?
Ja. Dokumente, die zugeschickt werden, dürfen auch (ggf. gescannt oder abfotografiert) veröffentlicht werden. Dabei sollten personenbezogene Daten geschwärzt werden. Das ist mit Tools auf der Plattform ganz einfach möglich.
Mein Vorschlag ist, diese Antwort um einen Verweis auf die ausdrückliche Erlaubnis durch das IWG zu erweitern. Mein Gedanke dabei ist folgender: Einem Gesetz traut man eher als der Aussage einer privaten Organisation.
Erwähnenswert ist die Aussage des VGH Baden-Württemberg:
“Die – hier unterstellte – Veröffentlichung der Informationen über „TopfSecret“ wäre demnach - jedenfalls im Grundsatz - nicht zu beanstanden, wenn und solange sie wahrheitsgemäß und auch sonst rechtmäßig erfolgt; anderenfalls stünde der Antragstellerin zivilrechtlicher Rechtsschutz zur Verfügung”, VGH Baden-Württemberg, 10. Senat, 13. Dezember 2019, Az. 10 S 1891/19, Beschluss, Rn. 46.
Hier gibt man als Verwaltungsgericht die tendenzielle Einschätzung ab, dass auch eine Veröffentlichung zulässig sein könnte, verweist aber dennoch auf den Zivilrechtsweg.
(Vorstehendes soll nicht als Rechtsberatung verstanden werden. Ein einziges Zitat aus einem einzigen Urteil sollte nie Grundlage der Gesamteinschätzung einer Rechtslage sein.)