Notes From The Field: Landkreis Gifhorn

Der Landkreis Gifhorn - Veterinärwesen fordert bei VIG-Anfragen erst einmal eine überflüssige Rückmeldung inklusive manipulativer Fristsetzung ein:

Bitte teilen Sie innerhalb einer Woche nach Zugang dieses Schreibens, spätestens aber bis zum […] mit, ob Sie trotz der möglichen Einsichtnahme in die Akte und damit des Bekanntwerdens Ihrer personenbezogenen Daten Ihren Antrag aufrechterhalten.

Sollte bis zum genannten Fristablauf keine Nachricht von Ihnen bei mir eingehen, gehe ich davon aus, dass die weitere Bearbeitung Ihrer Anfrage nicht erforderlich ist und der Vorgang wird entsprechend zu den Akten gelegt.

An solch sportlichen Fristen sollte sich eine Behörde dann aber auch selbst messen lassen. Da darf ja wohl davon ausgegegangen werden, dass Anfragen fristgerecht beauskunftet werden. Richtig? Falsch!

Nach mehreren Nachfragen meldet die Behörde ein halbes Jahr später … die Bearbeitungsaufnahme. Weitere 3 Monate und eine Nachfrage später habe ich dann eine Untätigkeitsklage eingereicht. Alle Dokumente finden sich bei der Anfrage Kontrollbericht zu Fleischerei Walter Emmerich.

Die Untätigkeitsklage führte dann nach knapp 11 Monaten tatsächlich zur Bearbeitung. In ihrem ersten Schreiben an das Gericht bat die Behörde um eine mehrmonatige Fristverlängerung zur Stellungnahme, was gewährt wurde. Dabei behauptet sie, dass “die weitere Bearbeitung des Antrages bisher nicht möglich” war. Als Gründe wurden hohes Arbeitsaufkommen und Personalmangel angeführt. Meiner Meinung nach schliesst ja die bisherige Nichtbearbeitung der Anfrage eine Weiterbearbeitung aus.

Der dann erstellte Bescheid ließ nichts Gutes erahnen:

Eine Herausgabe von Kontrollberichten ist aufgrund des Datenschutzes nicht möglich. Die Kontrollberichte enthaltenen Lichtbilder, auf denen ggf. Personen, Personaldaten bzw. Bereiche der Betriebsstätte die nicht für die Allgemeinheit öffentlich sind. Sie erhalten daher die beantragten Informationen in Form einer Zusammenfassung der Kontrollberichte.

Datenschutz geht immer als Ausrede! :wink:

Bonushinweis des Beklagten im Bescheid:

Da Sie ein Begehren nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 7 und nicht nach Ziffer 1 VIG haben, hat eine Klage des o. g. Betriebes aufschiebende Wirkung (siehe Beschluss 6 B 380/ 19 des VG Stade vom 01.04.2019).

Dabei dachte ich, dass sich die Anfrage auf den gesamten § 2 Abs. 1 bezieht.

Was nun? Mit einer gefilterten Auskunft zufrieden geben? Widersprechen?

Ich habe mich für folgende Lösung entschieden: Anhand eines konkreten Beispiels habe ich dem Gericht meine diesbezügliche Befürchtung mitgeteilt. Zur Konkretisierung habe ich auf 4 Seiten eine in Niedersachsen behauptete und die tatsächliche VIG-Auskunftspflicht gegenübergestellt (aus Anfrage Kontrollbericht zu Fleischerei Detlef Fischer; siehe auch Notes From The Field: Landkreis Celle):

Als Ergebnis hat der Beklagte eine erneute rechtliche Prüfung durchgeführt die ergab, dass ich (mit Ausnahme geschwärzter personenbezogerner Daten) Kopien der Original-Berichte erhalten kann. Eine Entscheidung des Gerichtes hierzu war nicht erforderlich und wäre auch nicht vorhersehbar. Deshalb habe ich keine Forderung gestellt, sondern nur meine Befürchtung geäußert.

Auf den mir zwischenzeitlich bekannt gewordenen Fotos waren übrigens erwartungskonform keine Personen, Personendaten etc. zu sehen.

Beim Kostenfestsetzungsantrag – diesmal erst nach der Kostenentscheidung gestellt – musste ich die nächste Entscheidung treffen. In den Notes From The Field: Landkreis Peine habe ich beschrieben, dass das Verwaltungsgericht Braunschweig keine Druckkostenpauschale anerkannt hat. Die Frage war nun, ob ich von vorneherein auf eine Ansetzung verzichten sollte.

Ich habe mich zur Ansetzung entschieden, damit ich unabhängig vom zuständigen Verwaltungsgericht eine Standardvorlage nutzen kann.

Ergebnis: Diesmal wurde die Druckkostenpauschale vom Beklagten anerkannt und somit vom VG durchgewunken.

Interessant: Im Anschreiben zum Kostenfestsetzungsbeschluss wird darauf hingewiesen, dass gem. § 317 ZPO i. V. m. § 173 VwGO grundsätzlich beglaubigte Abschriften an die Stelle von Ausfertigungen treten und es bei einer Vollstreckung gegen die öffentliche Hand gemäß § 171 VwGO keiner Vollstreckungsklausel bedarf. Da mein bisheriger Text einwandfrei funktioniert, werde ich jedoch erstmal keine Änderung vormehmen.

Danke für eurer Interesse!

Weitere von mir dokumentierte Untätigkeitsklagen finden sich in den folgenden Beiträgen:

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Was setzt man denn so üblich als Druckkostenpauschale an? Und kann man auch Porto- oder Versandpauschalen ansetzen? Ich mache für die versandten Schreiben ja keine extra Buchhaltung.

Aus den Notes From The Field: Landkreis Osterholz:

Anwälte dürfen Porto- und Kopierpauschalen abrechnen, Privatpersonen müssen quasi jede Briefmarke einzeln auflisten – und die Kosten nachweisen.

Bei Kopien kommt es auf das Gericht an. Manche Gerichte verlangen auch Nachweise für die Kopiekosten (z. B. durch Rechnungen eines Copy-Shops), andere sind da liberaler und akzeptieren auch Pauschalen, wenn diese angemessen erscheinen (z. B. 10 Cent pro DIN A4-Seite schwarz-weiß). Einfach versuchen, die gleichen Kosten geltend zu machen, die auch Zeugen und Sachverständige berechnen können (50 Cent pro DIN A4-Seite für die ersten 50 Seiten, jede weitere Seite dann 15 Cent).

Wenn das durch das Gericht oder die Gegenseite beanstandet wird, einfach “Ich bin damit einverstanden, dass das Gericht die Kopiekosten im Ermessen des Gerichts kürzt.” an das Gericht schreiben.

Das ist übrigens einer der vielen Punkte, die in allgemein gehaltenen Anleitungen (beispielsweise bei FragDenStaat) offen bleiben. Deshalb meine Beiträge.

Ich führe eine einfache Tabelle, in der ich alle relevanten Informationen verfolge:

  • Aktenzeichen
  • Briefporto und Anzahl Druckseiten
  • gezahlte 483 € “Verfahrenspfand” (bei einigen Untätigkeitsklagen gab es keine Kostenrechnung, dann verzichte ich im Gegenzug auf die Erstattung von Porto- und Druckkosten)
  • Kostenfestsetzungsantrag gestellt?
  • erstattete Gerichtskosten (Gericht, Beklagte:r)

Ohne eine solche “Buchhaltung” wird es schnell unübersichtlich.

Der Landkreis Gifhorn zahlte trotz Kostenfestsetzungsbeschluss nicht. Das hat sich mir gegenüber noch keine Behörde geleistet.

Ob das eine bewusste Entscheidung, generelles Unvermögen oder schlicht Verwaltungschaos war, ist mir sowohl unbekannt als auch egal.

@BARCA zeigte mir verschiedene Optionen, die er auch genau in der Eskalationsreihenfolge anwenden würde:

  1. Mahnschreiben mit kurzer Zahlungsfrist… Wenn keine Zahlung dann:
  2. Pfändungsauftrag an den Gerichtsvollzieher zur Vor-Ort-Pfändung
  3. Antrag auf Pfändungs- und Überweisungsbeschluss für das Konto des Antragsgegners

Option 3 wird wohl nicht notwendig sein, selbst, wenn die Amtskasse die Mahnung verpennt und ignoriert, wird spätestens die zweite Option fruchten.

Natürlich fallen für das Mahnschreiben und erst Recht für die beiden weiteren Eskalationsstufen Kosten an, die der Antragsgegner zu zahlen hat.

Daraufhin versendete ich am 16.03.2023 ein Fax folgenden Inhalts und setzte mir einen Termin zur Nachverfolgung:

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich beziehe mich auf den Kostenfestsetzungsbeschluss des VG Braunschweig vom 02.02.2023 zum Aktenzeichen 7 A 195/22.

Wenn der dort aufgeführte Betrag in Höhe von 168,35 € nicht bis zum 31.03.2023 auf meinem Konto eingegangen ist, dann werde ich den Vorgang für eine Vor-Ort-Pfändung an einen Gerichtsvollzieher übergeben.

Der Betrag ging dann 3 Tage vor Ablauf der gesetzten Frist auf meinem Konto ein. Eigentlich bin ich deshalb etwas enttäuscht, denn ich hätte gerne einen Vor-Ort-Pfändungs-Erfahrungsbericht verfasst. :wink:

Künftig werde ich 14 Tage nach dem Kostenfestsetzungsbeschluss eine entsprechende Frist setzen.

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Das kann ich nachempfinden :joy:

Wenn Behörden die festgesetzten Kosten nicht zügig zahlen, denke ich einfach daran, dass sie besser verzinst werden als Tagesgeld und lehn mich entspannt zurück, bevor ich die Zahlung ein paar Wochen später anmahne :wink:

Wenn das mal so trivial wäre.

@BARCA hat mich im Zusammenhang mit der Zahlungsunwilligkeit der eher unterperformanten Gifhornerinnen bereits darauf hingewiesen. Offensichtlich muss die Verzinsung beantragt werden.

Bisher enthielt erst ein von mir beantragter Kostenfeststellungsbeschluss (siehe Notes From The Field: Stadt Neumünster) eine Verzinsung (ohne explizite Beantragung!). Bei allen anderen Kostenfeststellungsbeschlüssen des selben Gerichtes — sowie aller anderen Gerichte — war das nicht der Fall.

Deshalb ergänze ich meine Kostenfestsetzungsanträge künftig entsprechend:

Kostenfestsetzungsantrag (§164 VwGO)

Ich bitte um Ausstellung einer vollstreckbaren Ausfertigung mit Zustellungsklausel gegen den/die Beklagte(n) über die von ihm zu übernehmenden Kosten von BETRAG1¹ € zuzüglich BETRAG2 €, die sich wie folgt zusammensetzen:

AUFLISTUNGVONPORTOKOSTENUNDDRUCKPAUSCHALENFÜRBETRAG2

zuzüglich Verzinsung.

Zahlbar unter Angabe des Aktenzeichens auf mein Konto IBAN bei DERBANK.

¹ Bisher immer 161,00 €.