Betriebs- und Geschäftsgeheimnis bei Export von Dual-Use-Software

Hallo zusammen,

ich hab vor einiger Zeit einen Antrag beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle gestellt. Es geht um die Herausgabe von Dokumenten zum Export von verschlüsselter Kommunikationssoftware durch ein deutsches Unternehmen an das Militär von Myanmar (Myanmar military budget & procurement files show systemic corruption and implicate international businesses | Justice For Myanmar). Der Antrag wurde vor einigen Wochen abgelehnt, da es sich “bei den begehrten Informationen […] um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse eines Dritten [handele].”

Meine Frage ist jetzt: Lohnt es sich hier, Widerspruch einzulegen? Nach dem, was ich zu dem Thema finden konnte, ist der Begriff “Betriebs- und Geschäftsgeheimnis” ziemlich schwammig. Ich sehe sowieso nicht, wieso Akten zum Erlaubnis des Exports bei der Veröffentlichung die finanziellen Interessen eines Unternehmens schädigen würden - der Export von solcher Software nach Myanmar ist inzwischen sowieso verboten, es ist also nicht so, als ob ihnen da zukünftige Geschäftschancen verloren gehen würden.

Ich habe deshalb auch schon beim BfDI um Vermittlung gebeten, da kam aber noch nichts zurück. Die Frist für den Widerspruch läuft am 7.7.2021 aus. Den Aufwand wäre es mir auf jeden Fall wert. Was meint ihr? Danke schonmal fürs Lesen!

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Zunächst einmal hallo und willkommen im FragDenStaat/OKFN-Forum, @m.henning. :wave:

Da hast du ja nicht mehr viel Zeit, muss ich sagen…

Also zunächst einmal wäre es gut, wenn du deine Anfrage hier verlinken könntest. Es ist immer gut für eine Einschätzung des Falls den Originaltext der Behörde lesen zu können. (Nebeneffekt: evt. Interessierte könnten dem Fall dann auch auf FdS folgen.)
Es ist gut, dass du den Hintergrund der Anfrage beschrieben hast, aber die Anfrage selbst, wäre dann halt doch sehr praktisch.

Was genau hast du denn gefunden?
Also hier im Forum hatte ich mal so einen Fall und der Ablehnungsgrund ist wirklich nicht leicht. Also die Definition ist eigentlich nicht allzu schwammig und klar, aber um zu wissen wie sie auszulegen ist, musst du den Inhalt der Dokumente halt eigentlich schon gut kennen.

Orientiere dich gerne an dem Widerspruch von damals. Irgendwie musst du dich an der Definition der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nehmen und argumentieren, warum es eben keine solchen sind.

Ein paar Anregungen:

  • Ganz klar ist bspw.: Dokumente die von der Behörde (intern) erstellt werden und eben keine anderen Informationen eines Dritten mit einfließen lassen. (siehe auch verlinkten Thread)
  • Ganz klar ist auch: Nach § 6 S. 2 IFG muss ein Drittbeteiligungsverfahren gemäß § 8 IFG durchgeführt werden.
  • Und drittens: Die Behörde kann zumindest teilweise Auskunft geben, und Geschäftsgeheimnisse schwärzen.

Insbesondere, wenn du den letzten Punkt oben beachtest, kann ich mir – ohne den Fall jetzt genauer zu kennen als was du schreibst – vorstellen, dass bei vielen Dokumenten zumindest eine teilweise Auskunft möglich ist – womit dein Widerspruch zumindest teilweise positiv beschieden werden müsste.
Beachte aber in jedem Fall die Formkritieren für den Wiederspruch.
Falls du es so schnell nicht schaffst, habe ich auch schon einmal gesehen, dass du per Post formal und fristgemäß Widerspruch einlegst, und die Begründung nachreichst – wie rechtlich-konform das ist, kann ich allerdings nicht einschätzen.

Wenn du ein Widerspruchstemplate benötigst, findest du das bspw. hier.

Disclaimer: Wie immer stellt dies keine Rechtsberatung, sondern nur meine persönliche Ansicht/Idee/Vorgehensweise dar. IANAL.
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Hey, vielen Dank für die Antwort erstmal! Den Link zur Anfrage hab ich völlig vergessen, ist jetzt nachgetragen. Und danke für den alten Fall und das Widerspruchstemplate, das ist genau, was ich gesucht hab! Ich werd mich da direkt dransetzen und schauen, ob ich in der Zeit noch schnell einen Widerspruch zusammengebastelt bekomme.

Ein Drittbeteiligungsverfahren wurde übrigens schon durchgeführt und das Unternehmen hat wohl der Freigabe widersprochen. Das ist ja aber nur für die Informationen relevant, die auch tatsächlich ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis sind, oder? Ansonsten könnte ja gar nichts freigegeben werden, wenn Unternehmen irgendwie beteiligt waren und nein sagen.

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Ah danke, okay, da geht ja wirklich nicht mehr daraus hervor, außer, dass die Behörde (“leider” muss man ja fast schon sagen) korrekterweise ein Drittbeteiligungsverfahren durchgeführt hat.
Also habe/kann zum vorherigen Post dann erst mal nichts ergänzen. :slight_smile:

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Achso nur eine Ergänzung: FragDenStaat beschreibt den Ablehnungsgrund nach § 6 IFG hier auf dieser Seite unten auch noch einmal.

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Danke nochmal für die ganzen hilfreichen Informationen und Links. Ich hab jetzt mal einen Widerspruch vorformuliert und werde ihn in den nächsten Tagen per Post einschmeißen. Wenn noch jemand Feedback hat, gern her damit :slight_smile:

Maximilian Henning
STRASSE
STADT
MAILADRESSE
Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle
Frankfurter Str. 29 – 35
65760 Eschborn

Ihr Zeichen: Z13 IFso-107/2021
Mein Zeichen: #212312

Betreff: Antrag auf Zugang zu amtlichen Informationen nach § 1 Abs. 1 S. 1 IFG
Hier: Widerspruch gegen den Bescheid vom 07.06.2021

Sehr geehrte Damen und Herren, gegen Ihren Bescheid vom 07.06.2021 mit dem Aktenzeichen Z13 IFso-107/2021 lege ich hiermit Widerspruch ein.

Ich habe bei Ihrer Behörde per Mail am 10.02.2021 auf Grundlage des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (IFG), des Umweltinformationsgesetzes (UIG) sowie des Gesetzes zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucherinformationen (VIG) folgende Informationen beantragt:
„Alle eventuell vorhandenen Unterlagen, z.B. Gutachten, Stellungnahmen, Schriftwechsel, Berichte, Einschätzungen, Anmerkungen und Kommentare betreffend die Ausfuhr des von Fraunhofer SIT, CASED und Sirrix AG entwickelten Produkts BizzTrust nach Myanmar.“
Mit Ihrem Bescheid vom 07.06.2021 („Antrag auf Zugang zu amtlichen Informationen nach § 1 Abs. 1 S. 1 IFG, Ihr Antrag vom 10.02.2021“), lehnten Sie diesen Antrag ab. Zur Begründung erklärten Sie, ich hätte keinen Anspruch auf den geforderten Informationszugang. Bei den begehrten Informationen handele es sich um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse eines Dritten im Sinne des § 6 IFG. Die erforderliche Einwilligung zur Bekanntgabe dieser Informationen nach § 6 IFG sei nicht erteilt worden.
Laut Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) muss eine Information folgende Kriterien erfüllen, um als Geschäftsgeheimnis zu gelten:
• Sie muss weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und
• Sie muss Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist und
• Es muss ein berechtigtes Interesse an ihrer Geheimhaltung bestehen.
Bei den von mir angeforderten Unterlagen handelt es sich um Unterlagen, die die Ausübung von Kernaufgaben des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) betreffen. Auf der BAFA-Webseite stehen die Ausfuhr von Dual-Use-Gütern betreffende Formulare öffentlich zum Download verfügbar (vgl. BAFA - Infothek) Sie sind daher insgesamt den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt. Zudem ist mir nicht klar, wie die angeforderten Unterlagen insgesamt für das betroffene Unternehmen von wirtschaftlichem Wert sein sollen und ein berechtigtes Interesse an ihrer Geheimhaltung bestehen soll.
Einzelne der in den Unterlagen erhaltenen Informationen können wohl Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sein. Solche Informationen müssen aber im Sinne des § 7 Abs. 2 IFG nach dem durchgeführten Drittbeteiligungsverfahren aus den angefragten Unterlagen entfernt werden, um dem Antrag in dem Umfang stattzugeben, in dem der Informationszugang ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Informationen oder ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich ist. Dazu erkläre ich mich gerne zu einer Unkenntlichmachung der diesbezüglichen Informationen bereit.
In meinem ursprünglichen Antrag habe ich bei einer Ablehnung um die Mitteilung der unter meine Anfrage fallenden Dokumententitel und eine jeweilige Begründung gebeten. Falls selbst eine unkenntlich gemachte Version der angeforderten Unterlagen noch unter die Definition von Betriebs- und Geschäftsgeheimnis fällt, sollte eine Liste der unter meine Anfrage fallenden Dokumententitel mit Informationen wie z.B. Datum, Absender, Empfänger nicht darunterfallen.

Mit freundlichen Grüßen
UNTERSCHRIFT

Anfragenummer: 212312
Antwort an: MAILADRESSE
Laden Sie große Dateien zu dieser Anfrage hier hoch: LINK


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Hi @m.henning,
auch von mir willkommen im Forum. @rugk ist immer ganz schnell, da hast Du schon die Besten Antworten bekommen :-). Ich kann nur ein wenig ergänzen und verstärken.
Als stärkstes Argument sehe ich hier, wie auch rugk schon sagt, die Teilauskunft. Vor allem auch deswegen, weil ich mir nach dem Lesen des Schriftverkehrs nicht ganz sicher bin, was genau erfragt wird. Das liegt bei mir natürlich auch daran, dass ich überhaupt nicht weiß, wie so ein Ausfuhrerlaubnisverfahren abläuft. Also wenn Du Dich da auskennst mit den Begriffen, die die Behörde auch kennt, oder den Kategorien der Informationen, dann benutze die möglichst. Ansonsten kann man auch durchaus nachfragen, ob die Behörde eine Möglichkeit bietet aus verschiedenen Kategorien auswählen zu können.
Zum “Geheimnis” hast Du ja schon das GeschGehG. Das nehme ich auch immer. Hinzufügen ließe sich noch das Argument, dass ja eventuell auch bereits viele Informationen öffentlich sind (z.B. Verkaufsprospekte) und dass bei den anderen Unterlagen, selbst wenn es als “Geheimnis” deklariert wird zu hinterfrage ist, ob die Herausgabe überhaupt eine Schädigung der eigenen Marktposition nach sich ziehen würden.
Viel Erfolg weiterhin.
LG

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Sieht sehr gut aus :ok_hand:

Ich würde wegen der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse aber noch folgenden Textbaustein ergänzen:

Bitte erläutern Sie mir zunächst warum hier Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse betroffen sind. Ich verweise auf die Publikation der Wissenschaftlichen Dienste - Sachstand WD 3 - 3000 - 004/21, S.6: ,Die Behörde muss gegenüber dem Antragsteller substantiiert und plausibel darlegen, dass und warum die begehrten Informationen auf Grund eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses nicht zugänglich sind. (Schoch, in: derselbe, IFG, 2. Aufl. 2016, § 6 Rn. 109 unter Verweis auf VG Berlin, Urteil vom 11. November 2010, 2 K 35/10, juris Rn. 33.) Die Begründung muss es insbesondere ermöglichen, das Vorliegen von Ausschlussgründen anhand von Tatsachen überprüfen zu können.(VG Berlin, Urteil vom 11. November 2010, 2 K 35/10, juris Rn. 33.)’’

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Hey, danke für den Tipp! Das klingt sehr gut, ich hab den Brief aber leider gestern schon eingeschmissen, damit er sicher noch pünktlich ankommt. Wenn ich nochmal eine Gelegenheit bekomme, bau ich deinen Vorschlag noch ein :wink:

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Ok dann ist es hier zu spät :wink:

hier noch der Link für die zukünftigen IFG Anfragen:

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Hallo zusammen, kurzes Update zu dieser alten Anfrage: Das VG Frankfurt hat gestern in einem sehr ähnlichen Fall geurteilt, dass die Ausnahme der Geschäftsgeheimnisse bei Dual-Use-Produkten nicht angewendet wird (Pressemittelung des Gerichts). Da mein Antrag damals genau wegen Geschäftsgeheimnissen abgelehnt wurde, hab ich ihn jetzt nochmal gestellt. Danke nochmal für euer aller Hilfe damals, vielleicht haben wir beim zweiten Anlauf ja mehr Glück!

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