Bundespräsidialamt will Spende geheim halten

@john.doe:
Danke für deinen Hinweis zur Frist. Das werde ich einplanen :wink:

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Super danke schonmal für deine Arbeit :wink:

@john.doe
Ich habe nun die ersten Recherchen zu dem Fall gemacht - und dabei auch die vom Bescheid zitierten Passagen des Schoch-Kommentars, des Tätigkeitsberichts des BfDI etc. gelesen.

Vorab: Ich denke, mit Rechtsbehelfen gegen diese Entscheidung kann man durchaus Erfolg haben - wenn man so weit gehen möchte, denn ich weiß nicht, bei wem der Widerspruch auf dem Tisch landen würde. Im Zweifel müsste man eben bereit sein zu klagen.

Grund für meine Einschätzung, ist, dass ich deine Bedenken teile: Zwar verläuft die Frage der Anwendbarkeit des IFG tatsächlich entlang der Trennungslinie [Verwaltungsaufgaben // Verfassungsrechtliche Aufgaben], bei der Subsumtion unter letztere macht es sich der Bescheid aber recht leicht.

Im Einzelnen dürfte fehlerhaft dargestellt sein:

Verweis auf die Gesetzesbegründung / Delegierte Akte
Zunächst ist die Gesetzesbegründung im Allgemeinen nicht als einzige Autorität zur Ermittlung des Sinn und Zwecks anzusehen - das stellt auch Schoch klar (kannst Du unter § 1 IFG, Rn. 14 bei Schoch etwas zu lesen).
Zudem dürfte der im Bescheid zitierte Teil jedenfalls ab “insbesondere…” unrichtig sein - denn gerade das Delegieren von Aufgaben (“delegierten Akte”) an andere Behörden spricht eher dafür, dass es sich um eine Tätigkeit auf dem Gebiet der Verwaltung handelt. Schoch spricht an anderer Stelle auch davon, dass das Delegieren von Aufgaben ein sicherer Indikator dafür sei, dass es sich um eine Verwaltungsaufgabe handelt.
Im Grunde einfach zu verstehen: Denn die genuinen verfassungsrechtlichen Aufgaben würde der Präsident ja nicht einfach delegieren.
(Zwar ist insofern richtig, dass der BfDI in seinem Tätigkeitsbericht einen Fall gutgeheißen hat, in dem das Auswärtige Amt eine IFG-Anfrage unter Verweis darauf ablehnte, dass man diese speziellen Information nicht herausrücken könne, weil es sich um eine vom BPräs delegierte Aufgabe handele. Daraus kann man indes keinesfalls schließen, dass alle delegierten Aufgaben verfassungsrechtlicher Natur sind - im Gegenteil: Es dürfte sich um eine Ausnahme handeln. Als Beispiel für diese meine Lesart ein anderer delegierter Aufgabenbereich, der nach Schoch definitiv zu den Verwaltungsaufgaben gehört: das Gnadenrecht - war übrigens neu und überraschend für mich, man würde doch meinen, dass es sich bei Gnadenrecht um eine wichtige Aufgabe handelt, um eine, mit der man doch eher die Figur des BPräs selber assoziieren würde).

Aber kurzum: Nicht der Akt des Delegierens dürfte maßgebend sein, sondern - wie gesagt - die Unterscheidungslinie.

Unterscheidung verfassungsrechtliche Aufgaben / Verwaltungsaufgaben
Nach der Lektüre von Schoch, aber auch einem Blick in den Grundgesetz - Kommentar von Maunz-Dürig zu Art. 54 GG (Rn. 97 ff.), bezweifle ich, dass sich eine Spende an eine private Organisation unter die Repräsentations- und Integrationsaufgaben subsumieren lässt.

Dazu ist zunächst zu sagen, dass sich die vom IFG ausgenommenen Aufgabenbereiche des BPräs (übrigens auch des BPräsAmtes, denn dessen IFG-Pflichtigkeit ist streng akzessorisch zu der des BPräs) grob in zwei Kategorien unterscheiden lassen:

  1. (Besonders) wichtige Aufgaben: Darunter fallen nun wirklich verfassungsrechtlich hochrelevante Akte wie der Vorschlag zur Wahl des Bundeskanzlers, die vorzeitige Einberufung des BTages etc.

  2. spezifisch verfassungsrechtliche Funktionen: Repräsentation, Vertrauensbildung und Integration (siehe bei Schoch: Rn. 190) - diese sind auch im GG-Kommentar von Maunz/Dürig in den Rn. 97,98,99 genannt.
    Liest man sich die Kommenteriung dort durch, sieht man, dass eine Spende allenfalls unter die Funktion “Repräsentation” fallen könnte, nicht aber unter “Integration und Vertrauensbildung”.

Hier macht es sich die Behörde nun zu einfach, diese Spende einfach unter Verweis auf die tatsächlich (nur) beispielhaft aufgezählten “öff. Auftritte, Ansprachen, Staatsbesuche, Veranstaltungen” unter “Repräsentation und Integration” zu subsumieren:

“Bei der Spende des Bundespräsidenten an die Caritas Ukraine handelt es
sich um einen Akt des Bundespräsidenten, den dieser in Wahrnehmung seiner Repräsentations- und Integrationsfunktion wahrgenommen hat.”

Ich denke, gerade an dieser Stelle ist es ein Leichtes, zu argumentieren, dass eine Spende über eine reine “Repräsentation” (des deutschen Staates) weit hinausgeht. Zum Einen deshalb, weil die beispielhaft aufgezählten Repräsentationstätigkeiten keinen Anhalt bieten, eine Spende dort irgendwo unterzubringen. Zum Anderen - und das ist letztlich auch das, was Du im Eingangsbeitrag erwähnst und was Dich diese “Geheimniskrämerei” nicht hinnehmen lässt - werden hier Steuergelder verwendet. Das allein ist noch kein Argument - denn die anderen Repräsentationsaufgaben kosten den Steuerzahler auch Geld (Wie man bei deiner anderen Anfrage gesehen hat). Das Argument ist vielmehr: Eine Spende - noch dazu im Ausland - geht weit über normale Repräsentationsaufgaben hinaus; es wird ja gezielt etwas *durch öffentliches Geld *unterstützt - es finden nicht nur Bankette etc. statt.
Zu letztgenanntem Punkt lässt sich sicher noch besser argumentieren - auch mit dem Sinn und Zweck des IFG. Aber das überlasse ich erstmal Dir;)
(Gerne kann ich mir später, wenn Du einen Widerspruch einlegen willst und das möchtest, das Ganze vor dem Abschicken anschauen).

Kurzum: Ich denke, da lassen sich gewichtige Gründe dafür anführen, warum hier eine Offenlegungspflicht besteht. Ob das ein Gericht so sieht (mir scheint das Thema “Spende durch das Präsidialamt” transparenzrechtlich neu zu sein), kann ich nicht beurteilen, natürlich.

Taktik

Solltest Du einen Widerspruch einlegen wollen, würde ich damit Anfang, meiner Verwunderung darüber Ausdruck zu verleihen, dass eine Offenlegung der Kosten für ein Bankett (= genuin repräsentative , also spezifisch verfassungsrechtliche Tätigkeit) ohne Weiteres auf Antrag erfolgte, und nun, da der Bereich der reinen Repräsentation verlassen wurde, ein Geheimnis daraus gemacht wird.

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@alvaro.zoder Wow, vielen lieben Dank für diese sehr gründliche Recherche. Das klingt alles plausibel.

Auf eine Niederlage beim Widerspruch habe ich ehrlich gesagt wenig Lust (Widerspruch zurückgewiesen: 30 Euro in den Sand gesetzt + immer noch keine Information).

Habe zwischenzeitlich auch den BfDI eingeschaltet und warte mal seine Einschätzung ab.

Den Klageweg würde ich definitiv nicht gehen (zu hohes Kostenrisiko + Zeitaufwand).

LG

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Denk dran, dass du dir per Crowdfunding bei FragDenStaat evt. das Geld zurück holen kannst. Ich denke 30€ sind für so eine Anfrage, die ja doch von öffentlichen Interesse sein mag (das musst du im Crowdfunding-Formular kurz begründen) bestimmt schnell zusammen.
Und wenn @alvaro.zoder da ja offenbar Chancen sieht, kann man das ja durchaus mal probieren. (Lass die Behörde nur deinen letzten Satz nicht wissen. :wink:)

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@rugk das ist eine gute Idee mit dem Crowdfunding. Ich hoffe, dass die Informationen freigegeben werden, wenn der Wiederspruch gut begründet ist. Die Realität bei zahlreichen IFG Anfragen, die für die Behörden unangenehm sind, sieht allerdings so aus, dass man oft die Infos erst nach einem Gerichtsverfahren erhält…

Hallo @john.doe
solltest Du den Widerspruch schon verfasst haben oder noch einlegen wollen (morgen läuft ja die Frist ab), kannst Du ja gerne Bescheid geben. Gerne kann ich zu einem noch nicht abgeschickten Schreiben auch noch das Ein oder Andere sagen…
Ich erinnere mich, in einem anderen Thread den Link zu einem Widerspruch gesehen zu haben, der gewissermaßen von mehreren gemeinsam geschmiedet werden konnte, weil man eine bestimmte Software benutzte, die ein gemeinsames Bearbeiten zuließ. Diese Idee gefiel mir auf Anhieb. Ich finde, eine solche Kultur des gemeinsamen Feilens an einem konkreten Rechtsmittel / Dokument (Könnte ja auch etwa ein Schreiben an einen B/LfDI sein) könnte man in der Community noch weiter entwickeln.

Gruß,
Álvaro

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Ich find den von dir erwähnten Link jetzt auch nicht, aber ich vermute dass das eine Instanz der Software HedgeDoc (hieß früher HackMD/CodiMD) o.ä. war. Und ja, zusammen kollaborativ an einem Dokument zu arbeiten macht sehr viel Spaß und ist auch oft produktiv. Ich denke dass wir für dieses Forum / Frag Den Staat bestimmt die Instanz der OKFN nutzen können. Mit einem Klick auf “New Guest Note” gehts direkt los und alle Personen, die den Link kennen können sofort mitschreiben.

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Danke für den Link, @fnord. Ich werde mir diese App mal anschauen.
Ich meine aber - kann mich aber auch irren - dass jener Link, an den ich mich nicht genau erinnere, gleich zu einem spezifischen Dokument (einem Widerspruch) führte - und ich bin mir nicht sicher, dass es gerade diese Software war.
Vielleicht war es etwas von @rugk ?

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@alvaro.zoder @fnord ich wollte euch nur kurz informieren, dass ich keinen Widerspruch eingelegt habe, weil ich nach einer Nachricht des BfDI wenig Hoffnung auf Erfolg hatte (24962_2021SchreibenanPetent_geschwaerzt.pdf in Anfrage „Spende des BPrA an die Caritas Ukraine“).

Laut BfDI sind die anderen Antworten des BPrA ohne gesetzliche Grundlage erfolgt und die Anfragesteller hatten somit Glück, dennoch Informationen zu bekommen.

Die Tatsache, dass beim BPrA willkürlich über die Beantwortung von IFG Anfragen entschieden wird, ist sehr fragwürdig und wirft ein fast autokratisches Bild auf das Bundespräsidialamt. Angenehme Anfragen werden beantwortet und unangenehme werden unter Verweis auf die fehlende gesetzliche Grundlage abgewehrt.

Trotzdem danke für eure Mithilfe und Bleibt gesund.

Vielen Dank für dein Update!

Das Schreiben des BfDI klingt für mich nach einer einfachen Prüfung des Bescheids ohne inhaltlich etwas genauer drauf zu schauen. Wenn du noch ein bisschen Energie hast um an dem Fall weiterzumachen, könntest du auf die Prüfung des BfDI inhaltlich mit der Argumentation von @alvaro.zoder antworten. Vielleicht gucken die dann noch mal etwas genauer drauf und verstehen die Problematik hinter dem Fall.

Falls die Antwort des BfDI dann zu deinen Gunsten ausfällt kannst du den Antrag einfach erneut stellen, dann gibts hoffentlich die gleiche Antwort und dann kannst du Widerspruch einreichen.

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Gute Idee, @fnord! Die Frist ist ja im Grunde egal, wo man den Antrag nochmal neu stellen kann;)
Ich werde mir zu einem späteren Zeitpunkt auch mal die Argumentation des BfDI anschauen und mich dann nochmal melden.
In jedem Fall scheint mir, wie Du sagst, @fnord, eine Kontaktaufnahme mit dem BfDI hier im Hinblick auf zukünftige Anfragen an das Bundespräsidialamt mehr als sinnvoll.

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@alvaro.zoder @fnord an den Trick mit der neuen Anfrage habe ich garnicht gedacht, sehr clever :wink: In der Zwischenzeit setze ich mich an einen Widerspruch, für den Fall, dass die zweite Anfrage wieder abgelehnt wird, dann geht der direkt nach dem negativen Bescheid raus :sunglasses:

Wenn ich soweit mit dem Widerspruch bin, (für die 2. IFG Anfrage - Inhalt bleibt gleich) dann stelle ich auch die neue Anfrage.

bis dahin !

PS: vielleicht bringt es ja etwas, wenn mehrere von euch die gleiche Anfrage an das BPrA schicken ? - Stichwort Glyphosat Gutachten des BfR (da waren es zwar 40.000 gleiche Anfragen aber das Prinzip bleibt dasselbe - das BfR ist am Ende eingeknickt)

Kreative Idee, aber ich fürchte dieses Werkzeug hilft an dieser Stelle leider nicht. Bei den Massenanfragen an das BfR ging es darum, dass sich die Behörde gegen die Veröffentlichung der per IFG/UiG-Antrag herausgegebenen Dokumente gestellt hat. Aber der Antrag an sich war immer positiv zu Bescheiden, hier dreht es sich um einen negativen Bescheid.

Mit einer Massenanfrage würde die Behörde alle Anfragen mit der gleichen Begründung ablehnen, davon hätten wir nix, und die Behörde hat unnötig Arbeit.

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Ja stimmt, dann kämen nur Textblöcke als Antwort und die Behörde sähe sich in der Annahme bestätigt, IFG Anträge seien nur eine ,Belästigung’’ der Behörde - ungeachtet der Tatsache, dass Informationsfreiheitsgesetze das Vertrauen in staatliches Handeln enorm verbessern können - vorausgesetzt der Staat gibt gewisse Informationen auch problemlos heraus

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Ja doch das stimmr schon. Man kann das Dokument dann auch direkt verlinken, man muss es aber erstmal erstellen, das ist klar. :slightly_smiling_face:
HedgeDoc ist da doch super. Alternativ gäbe es auch https://pad.okfn.de/ (auch bei der OKFN verfügbar), was etwas einfacher gestaltet ist und nur Text erlaubt.

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@john.doe Ich habe mir den Text des BfDI durchgelesen - ging schneller als gedacht. Recht lapidar (quasi: “ist doch gut vom BPräsAmt begründet!”). Nun - ich denke, man könnte an den guten Willen des BfDI appellieren, da nochmal die Argumente zu überprüfen und die IFG-Immunität des BPräs(Amtes) grundsätzlich etwas in Frage zu stellen - indem man wie im Widerspruch argumentiert…

Und um die letzten Beiträge zusammenzuführen (danke, @rugk:slight_smile: ): an einem solchen Schriftsatz, der an dieser sakrosankten IFG-Ausnahme des BPräsAmt rüttelt, ließe sich über eines der Programme auch gemeinsam arbeiten…:wink: Solltest Du, @john.doe, dieser Idee grundsätzlich offen sein, könntest Du mir auch den Entwurf eines solchen Schreibens auch gern zuschicken, und dann würde ich den in eine der beiden Programme einspeisen - quasi als “Pionierarbeit” für mich, der ich mich mit diesen Software-Tools noch nicht auskenne…:wink:

@rugk - kleine Ergänzung: Nun bin ich zufällig auf das gestoßen, was ich zunächst dunkel in Erinnerung hatte: LaTeX-Briefvorlage für Widersprüche : Latex und GitHub - das waren die Begriffe gewesen.
Kurzum: Ich werde demnächst eine Software-Lerneinheit einplanen…:wink:

Ja, allerdings ist das nicht zum zusammen arbeiten gedacht – also wobei mit Overleaf kann man da schon zusammen arbeiten. :slightly_smiling_face:
Aber das macht auch gleich eine hübsche PDF daraus, ist aber halt etwas komplizierter, da man Quellcode bearbeiten muss.

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Ganz generell zum Bundespräsidenten bzw. Bundespräsidialamt: Ein Staatsbankett wird man wohl unzweifelhaft unter der erwähnten verfassungsrechtlichen Aufgabe “Repräsentation” einordnen können, dessen Vorbereitung könnte man vermuten, wird nicht der Bundespräsident selbst durchführen, sondern die Aufgabe delegieren. Könnte man sodann die Vorbereitung eines Staatsbankett nicht unter Verwaltungsaufgabe (und damit das Fallen unter die Zuständigkeit des IFG) einordnen? Oder hängt das ab, an wen die Aufgabe delegiert werden würde, z.B. das Bundespräsidialamt oder eben eine andere Behörde?

Wie ist darüber hinaus eine Gästeliste eines Staatsbanketts zu behandeln? Fällt diese automatisch unter die verfassungsrechtliche Aufgabe? Oder ließe sich argumentieren, dass die verfassungsrechtliche Aufgabe der “Repräsentation”, das Staatsbankett mit beispielsweise dem Staatsoberhaupt eines anderen Staats oder der Empfang dessen darstellt, nicht aber (unbedingt) auf die weiteren (geladenen) Gäste, insbesondere diese, die nicht zur Entourage des empfangenen Staatsgastes zählen, sondern diesen, die vergleichbar bei Auslandsreisen der Bundesregierung als Unternehmens-/Lobbyvertreter mit beispielsweise der Bundeskanzlerin oder des Außenministers reisen?

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