Jüngst stellte rugk seine Briefvorlage für Widersprüche vor:
Das stieß mich mit der Nase darauf, dass man Widersprüche stets schriftlich einreichen muss. Wir haben bei dem Thema dort schon was dazu diskutiert, aber ich mache lieber ein neues Thema dafür auf.
Also. Ich habe bisher Widersprüche nie schriftlich eingereicht, weil man in FragDenStaat auf eine Ablehnung ja bequem mit “Antworten” einen Widerspruch absenden kann. Häufig kommen die Ablehnungen auch informell daher und das Amt beschwert sich auch nicht über die E-Mail-Form beim Widerspruch.
In einem Falle habe ich nun gegen eine Ablehnung eines Widerspruchs geklagt. Das Amt hatte der ersten Ablehnung meines IFG-Antrags keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Daher war ich vor dem Schriftformerfordernis für einen Widerspruch nicht gewarnt. Die Pflicht zur Schriftform entfällt damit wohl nicht, wohl aber verlängert sich die Widerspruchsfrist von einem Monat auf ein Jahr.
Es kam der Vorschlag, den E-Mail-Widerspruch als vorläufigen Widerspruch zu deklarieren und nachträglich einen schriftlichen Widerspruch zu senden. Der schriftliche Widerspruch käme ja jetzt noch rechtzeitig, weil sich die Frist auf ein Jahr verlängert hat.
Es sieht zwar komisch aus, dass mein Widerspruch trotz falscher Form schon beschieden wurde und ich dagegen schon Klage eingereicht habe, aber gut, Form ist Form.
Also meine Idee war, dass ich meinen Widerspruch noch einmal als Brief aufsetze und so einleite:
Folgender Widerspruch ging ihnen am XYZ vorläufig per E-Mail zu. Widersprüche bedürfen nach §70 VwGO der Schriftform. Da ihrem Ablehnungsbescheid vom ABC keine Rechtsbehelfsbelehrung beilag, verlängert sich die Frist für einen Widerspruch auf ein Jahr. Damit ist mein schriftlicher Widerspruch fristgerecht gestellt.
Was meint ihr, kann das so klappen?
Was mir noch nicht klar ist: Wie wechsle ich korrekt von der FDS-Mail auf die Schriftform. Ich meine, woher weiß denn die Behörde, dass die eine Postadresse mit dieser anderen E-Mail-Adresse von FragDenStaat zusammengehört? Da könnte ja jeder kommen.
Interessanterweise hat mir die Behörde die Ablehnung meines Widerspruchs als Download von einem ihrer Server übermittelt. Gilt das schon als sichere elektronische Kommunikation nach Gesetzesvorschrift? Ich meine, der Download mag ja abgesichert und signiert sein, aber die E-Mail, die mir die Zugangsdaten übermittelte, war es nicht.
Hi @h.thielemann,
ich sehe das so, dass ich als Bürger diesen ganzen Rechtskram eigentlich nicht wissen kann.
Herrin des Verfahrens ist die Behörde, die muss mich belehren, daher ja auch die Rechtsbelehrungen und die verlängerten Fristen, wenn die es nicht macht. Ich glaube sogar gelesen zu haben, dass eine Pflicht besteht Dich darauf hinzuweisen, wenn Du die Form verletzt, sofern es ihr wichtig ist, dass diese eingehalten wird.
Wenn Sie den Kommunikationskanal mit Dir als Bürger so eröffnet, wie sie es tut, ich denke, dann darf sie das auch, sich dann aber nicht auf die Form berufen, wenn es vors Gericht geht.
Die Form ist ja auch nicht der Form wegen zu wahren, sondern hier, um sicherzustellen, dass Du wirklich selbst und in Person derjenige bist, der hier eine Erklärung abgibt. Ich vermute mal ein Gericht, wird Deiner Klageschrift folgen da einfach mal dann auch von ausgehen. Im Zweifelsfall wird es nochmal um die Klärung bitten. Eine Abweisung, wegen einer solchen Formverletzung von Dir als Bürger, auf die Du nicht hingewiesen worden bist, halte ich nicht für wahrscheinlich. Du kannst das Gericht übrigens auch fragen, wie es das sieht. Das sind ja letztlich auch nur Menschen.
Eine so richtig rechtlich fundierte Antwort habe ich leider nicht
LG
Schreib bspw. deine E-Mail mit in den Brief – die ist ja geheim. Oder im Normallfall (wenn der Bescheid der Behörde per Post zugeht), kennt diese ja auch die Absendeadresse, die auf dem Brief stehen muss.
Ansonsten aber klar, das kann man nicht wissen. Aber es wird ja wohl niemand für dich gegen die Behörde vorgehen, und wenn doch, sei doch froh – hast du Schreibarbeit.
Aber ehrlich, ich denke das ist kein relevantes Risiko.
Das stimmt soweit ich weiß.
Nun wusste ich in der Antwort da nicht, dass du tatsächlich geklagt hattest.
Zum weiteren Verfahren würde ich trotzdem sagen, es kann ja nie schaden, den Widerspruch nochmal als Brief zu senden – vlt. auch ohne die Erklärung.
Wenn das Gericht das Formerfordernis dann nicht anerkennen will, dann hilft das vlt.
Abgesehen davon musst du dir da nicht schon selbst einen Rechtsbeistand bei der Klage suchen, der dich dazu beraten kann? Oder kann man die erste Instanz da noch selbst machen?
Disclaimer: Wie immer stellt dies keine Rechtsberatung, sondern nur meine persönliche Ansicht/Idee/Vorgehensweise dar. IANAL.
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Ok, das Gericht und die Gegenseite haben sich mit Stellungnahmen gemeldet. Die Gegenseite möchte meine Klage für unzulässig erklären, weil ich nicht schriftlich widersprochen habe, obwohl sogar FragDenStaat.de auf die Schriftform hinweist. Der Richter betrachtet es dagegen als herrschende Auffassung in der Rechtsprechung, dass die Behörde die Verletzung der Schriftform dadurch heilen kann, dass sie auf den Widerspruch eingeht und die fehlende Schriftform nicht bemängelt. Das sei hier geschehen. Die Behörde könnte allerdings immer noch die fehlende Schriftform bemängeln. Und ich könnte immer noch den Widerspruch schriftlich einlegen, weil sich durch die fehlende Belehrung die Frist auf ein Jahr verlängert hat.
Jupp. Nur vor dem OVG/BVerwG brauchst du anwaltliche Vertretung.
@h.thielemann Was du machen könntest (und was mir als Nichtjuristen sinnvoll erscheint), ist dem Gericht anzubieten, dass du – da ja noch in der Rechtsbehelfsfrist – das Vorverfahren durchführst und in dieser Zeit die Klage ruhend gestellt/nicht betrieben werden soll. AFAIK ist bei Gerichtsverfahren die Rechts- und Sachlage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung wesentlich; dies sollte auch für die Zulässigkeit gelten [citation required]. Demnach würde es nur darauf ankommen, ob zu diesem Zeitpunkt ein Vorverfahren durchgeführt wurde.
Damit setzt du auch die Behörde in Zugzwang. Entweder nimmt sie das Angebot an, ein Vorverfahren wird durchgeführt und eine inhaltliche Entscheidung kann ergehen. Oder sie lässt sich auf das Verfahren trotz des Mangels ein und somit kann auch eine sachliche Entscheidung ergehen AFAIK.
Das würde ich relativ schnell machen, v.a. da das Gericht darauf ja explizit hingewiesen hat. Wenn du dann die Antwort bekommst, das sei nicht möglich, bleibt dir immer noch die kostensparsame Möglichkeit der Klagerücknahme (wobei du dann den Bescheid als bestandskräftig akzeptieren musst).
Hinweis: Ich bin nicht Jurist, sondern nur juristisch interessiert. Qualifizierte und rechtssichere Beratung erhältst du nur von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten.
Es scheint mir als würde das Gericht genauso handeln, wie ich es zuvor beschrieben habe: Im Zweifel für den rechtsunkundigen Bürger. Ich habe jetzt nicht verstanden, ob das von Gericht jetzt quasi schon als Ablehnung des gegnerischen Anrages zu werten ist. Dann wäre nämlich aus meiner Sichts nichts zu tun.
Ansonsten würde ich wie @luap42 “dumm” das Gericht fragen. Ein wenig erscheint es mir auch in Richtung Rechtsmissbrauch zu gehen, wenn wegen der fehlenden Rechtsbehelftsbelehrung, die Frist ja noch nicht abgelaufen ist, also der Widerspruch formal jederzeit nachgeholt werden kann, man aber darauf pocht und so ja nicht wirklich einen Vorteil davon hat. Besonders, wenn bereits der Widerspruchsbescheid kam.
Ich habe mir in meinem Verfahren auch so einiges anhören müssen, wo man erst mal in sich geht und überlegt. In meinem Fall war alles “großes Theater”. Auch das scheint mir vor Gericht dazu zu gehören. Ich empfehle eine sachliche Strategie, Logik und Vermeidung von (vermeintlich) einem bekannten Rechsbegriffe. Wenn man solche nämlich selbst verwendet, dann denkt das Gericht man weiß Bescheid und eigentlich ist es ja nicht so.
Viel Erfolg weiterhin.
LG