Veröffentlichungspflichten

Es trifft jetzt nicht exakt die Forumskategorie, ist aber meines Erachtens nahe dran - vielleicht weiß jemand Rat:

Wie geht man am Besten vor, wenn eine transparenzpflichtige Stelle ihren Veröffentlichungspflichten (ohne Antrag) nicht nachkommt?

Nach § 8 SächsTranspG gibt es diverse Informationen, die von den transparenzpflichtigen Stellen unaufgefordert zu veröffentlichen sind. Da in meinem Fall die transparenzpflichtige Stelle eine Studie nirgendwo ersichtlich veröffentlicht hat, habe ich schriftlich mit Verweis auf die Veröffentlichungspflicht darum gebeten, mir die Veröffentlichung aufzuzeigen.

Die transparenzpflichtige Stelle hat das jetzt als Antrag nach § 10ff. SächsTranspG bearbeitet und abgelehnt. Selbst wenn Gründe bestehen würden, einen Antrag nach § 10 SächsTranspG abzulehnen, würde das meines Erachtens nicht zwangsläufig bedeuten, dass auch keine Veröffentlichungspflicht nach § 8 SächsTranspG besteht. Zwar werden Informationen, die aufgrund eines Antrages herausgegeben werden mussten, nach § 8 Abs. 1 Nr. 18 SächsTranspG dann auch veröffentlichungspflichtig, so dass nicht jeder erneut einen Antrag stellen muss. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1-17 SächsTranspG gibt es aber noch etliche weitere Tatbestände, die auch eine Veröffentlichungspflicht auslösen. Allerdings gibt es, da die transparenzpflichtige Stelle ja von sich aus tätig werden müsste, für die Veröffentlichungspflicht kein Antragsverfahren. Es stellt sich daher die Frage, wie man gegen eine Missachtung der Veröffentlichungspflicht nach § 8 SächsTranspG vorgehen könnte.

Moin. Die Veröffentlichungspflicht würde ich hier erstmal hinten ran stellen, denn diese gilt erst mit Veröffentlichung des Transparenzportals (also ab 01.01.2026). Bis dahin müssen transparenzpflichtige Unterlagen (… und dazu zählen natürlich alle Unterlagen, die sowieso veröffentlicht werden müssten) auch.

Ansonsten bleibt dir da natürlich der Rechtsweg. Ohne die Anfrage zu kennen, kann man da hier eher weniger dazu sagen.

Habe dasselbe Problem in SH. Veröffentlichungspflichten gibt es dort nach IZG zuhauf, schert nur keine Behörde… Auch die IZG-Aufsichtsbehörde hält sich bisher nicht dran…

Habe ich wirklich ein Rechtschutzbedürfnis vor Gericht, wenn der Pflicht zur Veröffentlichung nicht nachgekommen wird?!

Nein. Da dein Auskunftsanspruch erfüllt wurde, und sich deine Rechtsstellung durch die Veröffentlichung nicht verbessern würde, ist dies ausnahmsweise zu verneinen. Ungeachtet dessen, kannst du dich bei der LDI beschweren, die die Nichtveröffentlichung ggf. beanstanden kann. Dabei entscheidet die LDI jedoch nach pflichtgemäßem Ermessen, einen Anspruch auf aktives Einschreiten hat man i. d. R. nicht.

Zudem unterliegen die Behörden zwar einer Veröffentlichungspflicht nach dem IZG-SH, die genaue Ausgestaltung der Abläufe und Vorgaben zur Erfüllung dieser Pflicht kann die Landesregierung jedoch durch gesonderte Rechtsverordnung regeln (§ 11 Abs. 5 IZG). Diese Verordnung wäre ggf. in eine Prüfung mit einzubeziehen.

Ein Rechtsschutzbedürfnis wäre jedoch für eine andere Person zu bejahen, wenn diese die gleichen Informationen zu einem späteren Zeitpunkt ebenfalls nach dem IZG anfragt und für die Bearbeitung Gebühren zahlen muss. Diese Gebühren wären vermeidbar gewesen, wenn die Behörde ihrer Veröffentlichungspflicht nachgekommen wäre, sodass der spätere Antragsteller dann die Gebührenbescheide anfechten kann.

Danke.

Fall 1) Meine Frage-Antwort wird nicht im Transparenz-Portal veröffentlicht. Ich habe wahrscheinlich kein Rechtschutzbedürfnis.
Fall 1.1) Jemand anders fragt dasselbe. Er hat ein Rechtschutzbedürfnis, weil es länger dauert als nötig, aber womöglich am Ende doch nur gegen die Kosten für die Antwort. Dafür müsste er aber von 1) wissen und das im Zweifelsfall beweisen können… Dann hätte er aber gar nicht erst fragen müssen…

Fall 2) Die Behörde trifft eigeninitiativ eine Veröffentlichungspflicht für gewisse Informationen. Ich will diese wissen. Nun dauert das länger als nötig. An welcher Stelle entsteht hier ein Rechtschutzbedürfnis? Ich kann Untätigkeitsklage erheben, wenn mir individuell nicht geantwortet wird, aber das ja auch, wenn es keine Veröffentlichungspflicht gäbe. Kosten kann man mir wohl keine Aufbürden? Weil man das ja sowieso hätte veröffentlichen müssen? Also komme ich womöglich um Kosten herum. Das ist alles?

Fast korrekt. Bis auf eine kleine Sache: Du hast definitiv kein Rechtsschutzbedürfnis. Denn du hättest keinen Vorteil durch die Veröffentlichung nachdem du die Information eh schon bekommen hast und bist durch die Nichtveröffentlichung nicht beschwert und nicht in deinen Rechten verletzt. Genau diese Rechtsverletzung deiner ganz persönlichen Rechte ist aber die einzige im Verwaltungsrecht begründende Bedingung für ein Rechtsschutzbedürfnis.

Du vermischst hier zwei voneinander unabhängige Sachverhalte:

A) Das Recht auf zügiges Verwaltungsverfahren. Lässt sich die Behörde zu lange Zeit, verletzt das den Antragsteller in seinen Rechten. Er hat ein Rechtsschutzbedüfnis hinsichtlich Untätigkeit der Behörde und Erlass des Verwaltungsakts (in dem Sinne, dass die Behörde überhaupt über seinen Antrag oder den Widerspruch entscheidet).

Möglicherweise hat er auch einen weitergehenden Rechtsanspruch darauf, dass die Behörde auch tatsächlich so entscheidet, wie beantragt. Hier muss das Gericht entscheiden, ob dieser Anspruch besteht, eine Verletzung des Klägers in seinen Rechten vorliegt und somit ein Rechtsschutzbedürfnis besteht.

B) Das Recht auf Freistellung von Kosten, falls die gleiche Information schon herausgegeben wurde.

Das ist korrekt. Aber das ist dann sein Rechtsschutzbedürfnis und nicht mehr deins. Du kannst vor Gericht nur deine eigenen Ansprüche feststellen lassen.

Du hast m.E. nur die Optionen, die dir das IZG gibt: Beschwerde bei der LDI, die dann weitergehende Rechte gegenüber der Behörde im öffentlichen Interesse wahrnehmen kann. Leider hat Schleswig-Holstein die LDI beim IZG mit relativ wenigen Befugnissen ausgestattet, nämlich der Beanstandung, nachdem auch Dienst- und Fachaufsicht der jeweiligen Behörde angehört wurden. Diese Rechte müsste die LDI natürlich auch ausüben, ob sie dies tut, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber wenn die LDI tatsächlich die Dienst- und die Fachaufsicht zur Stellungnahme auffordert, und androht, das die Behördenpraxis öffentlich zu beanstanden, wird die Behörde (hoffe ich) dann doch zu einer Veröffentlichung bewegen.

Das kommt darauf an, was du konkret von der Behörde verlangst und wie der Antrag formuliert ist. Nicht jede Anfrage an eine Behörde löst einen Verwaltungsakt aus. Ein Recht auf so genannte Bürgeranfragen eine Antwort zu bekommen, gibt es nicht. Dagegen hilft dann auch keine Untätigkeitsklage, die wäre von vornherein unzulässig. Und das IZG begründet auch keinen Anspruch darauf, von den Behörden Rechtsfragen oder andere Fragenkataloge beantwortet zu bekommen.

Anders sieht es aus, wenn du eine konkrete Verwaltungsleistung (z.B. Herausgabe eines Dokuments) beantragst. Die muss beschieden werden. Und dann hast du auch ein Recht auf Herausgabe, egal, ob es eine Pflicht zur Veröffentlichung gibt, oder nicht.

Und ich habe ja oben schon auf die Regelung in §11 Bezug genommen. Die zuständige oberste Landesbehörde ist berechtigt, die Ausgestaltung der Veröffentlichungspflicht durch gesonderte Rechtsverordnung zu regeln. Ein Leitfaden / Fahrplan für die Behörden quasi.

Man müsste also herausfinden, ob die Landesregierung von dieser Verordnungsermächtigung überhaupt Gebrauch gemacht hat, und wenn ja, was da drin steht. Ich denke, da wird sich näher damit befasst, wann eine Information überhaupt veröffentlichungswürdig ist, und wann wirklich nur hochspezielle Individualinteressen tangiert sind.

Ein späterer Antragsteller dürfte einen entsprechenden Kostenbescheid anfechten können, wenn er nachweisen kann, dass irgendwer diese Informationen schon mal aus den Schreibtischen einer Behörde befreit hat (kostenpflichtig oder nicht). Dieser Antragsteller kann sich dann darauf berufen, dass die erneuten Kosten unnötig und unberechtigt sind, weil die Behörde die Informationen nach dem früheren Antrag schon selbst hätte für andere Bürger veröffentlichen müssen.

Ein Beispiel: Ich habe bei einer Behörde die Herausgabe einer Verschlusssache beantragt. Nach langer argumentativer Arbeit hat die Behörde die Einstufung aufgehoben und ich musste für die Verwaltungskosten einen dreistelligen Betrag bezahlen.

Wenn jemand nach mir die selbe Verschlusssache anfragt, wäre es unzulässig, ihn noch mal für die Prüfung bezahlen zu lassen, denn die Verschlusssache wurde ja bereits eingehend geprüft, deklassifiziert und herausgegeben. Klar, der zweite müsste erst mal vom ersten wissen.

Aber das ist oft so. Viele Gerichte stellen ihre Entscheidungen ja auch nicht in die Rechtsprechungsdatenbank ein, sodass außer den Prozessparteien niemals jemand von einer eventuell begünstigenden Entscheidung erfährt. Auch dort hätten die Prozessparteien keinen Anspruch darauf, dass die Entscheidung in die Datenbank eingestellt wird.
Jedermann kann das bei Gericht anregen, aber einen einklagbaren Anspruch auf Einstellung in die Datenbank hat man nicht. Oft endet es dann so, dass die Entscheidung kostenpflichtig anonymisiert an den Antragsteller versendet wird.

@BARCA Vielen Dank für deine ausführlichen Ausführungen.

Wenn die beklagte Behörde in erster Instanz verliert
und dann Nichtzulassungsbeschwerde/Berufung einlegt
und ich mir als Privatperson, Kläger im ersten Rechtszug keinen Anwalt besorge,
sondern folglich vor dem OVG nichts sagen darf/kann,
kann ich dann allein aus diesem Grund vor dem OVG “verlieren”
oder kann ich tatsächlich auch ohne Anwalt
und damit ohne Antragstellung
die Berufung “gewinnen”?

Ich habe eine KI dazu befragt,
auch einen “Deep Search” gemacht,
da kam leider nichts Brauchbares zu dieser Frage heraus,
die angeführten Beispiel-Urteile gibt es zwar,
die haben aber leider mit meiner Fragestellung nichts zu tun.

Lösung:

  1. Versäumnisurteile sind im Bereich der VwGO
    wegen des dort herrschenden Untersuchungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 S. 1)
    ausgeschlossen (Eyermann/Kraft § 107 Rn. 16).
    (BeckOK VwGO/Schramm, 73. Ed. 1.1.2025, VwGO § 67 Rn. 51, beck-online)

  2. Stellungnahmen auf konkrete Anfragen des Gerichts
    im Rahmen der gerichtlichen Aufklärungspflicht iSv § 86 Abs. 1 S. 1 Hs. 2
    sind als Beweismittel beachtlich,
    auch wenn die Partei nicht vertreten ist.
    (BeckOK VwGO/Schramm, 73. Ed. 1.1.2025, VwGO § 67 Rn. 54, beck-online)

  3. BVerwG Beschl. v. 16.1.2019 – 4 BN 20.18
    Der Senat kann offen lassen, ob die Antragsgegnerin - wie von der Beschwerde behauptet - vor dem Oberverwaltungsgericht tatsächlich nicht ordnungsgemäß vertreten war. Denn einen Verfahrensfehler, auf dem die Entscheidung beruht, zeigt die Beschwerde mit ihrem Vortrag nicht auf. Soweit die Beschwerde bemängelt, dass der vom Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag, den Normenkontrollantrag abzulehnen, mangels Postulationsfähigkeit nicht wirksam gestellt worden sei und vom Oberverwaltungsgericht deshalb nicht hätte berücksichtigt werden dürfen, wäre dieser Fehler jedenfalls nicht kausal. Denn auch ohne einen entsprechenden Antrag der Antragsgegnerin wäre das Oberverwaltungsgericht befugt gewesen, den Normenkontrollantrag der Antragstellerin abzulehnen (vgl. z.B. Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 103 Rn. 13). Die Berücksichtigung des schriftsätzlichen und des Vortrags der in der mündlichen Verhandlung anwesenden Vertreter der Antragsgegnerin wäre schon nicht verfahrensfehlerhaft. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung, soweit sich die Beteiligten dazu äußern konnten. Zum Gesamtergebnis des Verfahrens gehören auch Tatsachenäußerungen von Prozessbeteiligten in der mündlichen Verhandlung. Der Vertretungszwang nach § 67 Abs. 4 VwGO steht dem nicht entgegen. Er bewirkt, dass ein nicht ordnungsgemäß vertretener Beteiligter mangels Postulationsfähigkeit keine wirksamen Prozesshandlungen vornehmen kann (vgl. z.B. Hoppe, in: Eyermann, a.a.O., § 67 Rn. 20), schließt aber nicht aus, dass Beteiligte zur Mitwirkung an der gerichtlichen Ermittlung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) herangezogen werden
    (BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2007 - 2 A 3.05 - Buchholz 235.1 § 52 BDG Nr. 4, siehe unten).
    Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. August 1983 - 9 C 1007.81 - (Buchholz 303 § 137 ZPO Nr. 1 = juris Rn. 4 a.E.) steht dem nicht entgegen. Er betrifft die Frage, ob einem Beteiligten aus Gründen des rechtlichen Gehörs auch ohne seinen Anwalt die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung ermöglicht werden muss. (Leitsatz: Das Recht einer Partei, sich im Anwaltsprozess in der mündlichen Verhandlung selbst zu äußern (§ 137 IV ZPO), setzt die Anwesenheit sowohl der Partei als auch des Prozeßbevollmächtigten voraus. // Dort hatte der Anwalt gesagt, er erscheint nicht; die Partei wollte aber teilnehmen und bat taggleich um Terminverlegung, die abgelehnt wurde.)
    (BVerwG Beschl. v. 16.1.2019 – 4 BN 20.18, BeckRS 2019, 1756 Rn. 21, 22, beck-online)

  4. OVG Bautzen Beschl. v. 1.10.2019 – 5 A 272/19
    Die Beschwerde rügt, das Oberverwaltungsgericht habe den Vortrag der Antragsgegnerin trotz fehlender Postulationsfähigkeit berücksichtigt. Die Antragsgegnerin sei anwaltlich nicht vertreten gewesen. Aus dem Sitzungsprotokoll gehe auch nicht hervor, dass eine der für die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung anwesenden Personen die Voraussetzungen gemäß § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO erfüllt hätten.
    Der Senat kann über den Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung in der Sache entscheiden, obwohl der Kläger nicht anwaltlich vertreten ist. Grundsätzlich besteht vor dem Oberverwaltungsgericht Vertretungszwang (§ 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO). Stellt jedoch - wie hier - der erstinstanzlich obsiegende Kläger als Gegner im Berufungszulassungsverfahren keinen Antrag, muss er sich nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. …
    Es besteht keine Veranlassung, einen Rechtsmittelgegner, der sich - wie der Kläger - passiv verhält, etwa weil er die Kosten für eine anwaltliche Vertretung nicht aufwenden will, dem Vertretungszwang zu unterwerfen
    (BayVGH, Urt. v. 7. Mai 2018 - 11 B 18.12 -, juris Rn. 16 f.; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl., § 67 Rn. 32, siehe unten).
    Denn das unzulässige oder unbegründete Rechtsmittel ist von Amts wegen abzulehnen
    (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. August 2008 - OVG 4 S 26.08 -, juris Rn. 3, siehe unten).
    (OVG Bautzen Beschl. v. 1.10.2019 – 5 A 272/19, BeckRS 2019, 42656 Rn. 2, beck-online)

  5. Bayerischer VGH, Endurteil vom 07.05.2018 - 11 B 18.12 VGH München - DAR 2018, 528 - openJur 2018, 9526
    Der Senat kann über die Berufung in der Sache entscheiden,
    obwohl der Kläger nicht anwaltlich vertreten ist.
    Grundsätzlich besteht vor dem Verwaltungsgerichtshof Vertretungszwang (§ 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO). Stellt jedoch – wie hier – der erstinstanzlich obsiegende Kläger als Gegner im Berufungsverfahren keinen Antrag, muss er sich nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Für § 67 Abs. 1 Satz 1 VwGO in der bis 30. Juni 2008 geltenden Fassung ergab sich dies durch die ausdrückliche Einschränkung, dass der Vertretungszwang für Beteiligte vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht nur gilt, “soweit sie einen Antrag stellen”. Ausgehend von ihrem Sinn und Zweck wurde die Bestimmung von der Rechtsprechung so verstanden, dass sie Rechtsmittelgegner vom Vertretungszwang ausnimmt, wenn und solange sie sich passiv verhalten und ihre prozessualen Gestaltungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten – abgesehen von der Mitwirkung an der gerichtlichen Sachverhaltsaufklärung – nicht wahrnehmen (BVerwG, U.v. 25.1.2007 – 2 A 3.05NVwZ 2007, 960 = juris Rn. 16; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 67 Rn. 7). Weder der Entstehungsgeschichte der Neufassung des § 67 VwGO durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2840) noch dem Sinn und Zweck der Vorschrift lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber daran etwas ändern wollte. Es besteht keine Veranlassung, den Rechtsmittelgegner, der sich – wie der Kläger – passiv verhält, etwa weil er mit einem Unterliegen rechnet und deshalb die Kosten für eine anwaltliche Vertretung nicht aufwenden will, dem Vertretungszwang zu unterwerfen (so auch Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 67 Rn. 32).

  6. OVG Berlin-Brandenburg - Beschluss vom 21.08.2008 - OVG 4 S 26.08, openJur 2012, 9137
    Die Beschwerde des Antragsgegners hat nicht schon deshalb Erfolg,
    weil der Antragsteller (und Beschwerdegegner) sich im Beschwerdeverfahren
    nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lässt.
    Zwar ist eine solche Vertretung durch § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO in der durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2840) geänderten,
    seit 1. Juli 2008 geltenden Fassung für jeden Beteiligten vorgeschrieben,
    während bisher eine Vertretung nur erforderlich war, “soweit der jeweilige Beteiligte einen Antrag stellte”.
    Die Neufassung des Gesetzes diente jedoch offenbar lediglich der redaktionellen Anpassung an andere Verfahrensordnungen,
    ohne dass damit eine Änderung des Prozessrechts in der Sache verbunden sein sollte (vgl. BR-Drucks. 623/06, S. 214 ff.).
    Stellt der Rechtsmittelgegner im Rechtsmittelverfahren - wie hier der Antragsteller -
    keinen Sachantrag,
    ist eine Vertretung durch Prozessbevollmächtigte (weiterhin) nicht erforderlich.
    Denn das unzulässige oder unbegründete Rechtsmittel ist von Amts wegen abzulehnen (vgl. Jörg Schmidt in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 67 Rn. 1 zur bisher geltenden Fassung des Gesetzes). Auch die fehlende Vertretung des keinen Sachantrag stellenden Beigeladenen ist (wie bisher) prozessual folgenlos.

  7. BVerwG, Urteil vom 25. 1. 2007 - 2 A 3.05 - Buchholz 235.1 § 52 BDG Nr. 4
    [21] 1. Eine anwaltliche Vertretung des Beklagten war nicht erforderlich.
    Der Vertretungszwang … gemäß § 67 … VwGO
    § 67 VwGO - [Postulationsfähigkeit; Bevollmächtigte und Beistände] - dejure.org
    soll sicherstellen, dass nur Streitstoff in das Verfahren eingeführt wird, der von einem Rechtsanwalt gesichtet und geprüft worden ist.
    Er besteht auch in erstinstanzlichen Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht
    (Urteil vom 11. November 1999 – BVerwG 2 A 8.98 – Buchholz 310 § 67 VwGO Nr. 96).
    [22] Aufgrund dieses Normzwecks des § 67 Abs. 1 Satz 1 VwGO erstreckt sich der Vertretungszwang auf den gesamten Sachvortrag eines Verfahrensbeteiligten.
    [23] Daraus folgt, dass die gesetzliche Einschränkung “soweit er einen Antrag stellt” Rechtsmittelgegner, Beigeladene und demnach auch Beklagte in erstinstanzlichen Verfahren nur dann vom Vertretungszwang ausnimmt, wenn und solange sie ihre prozessualen Gestaltungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten nicht wahrnehmen, d. h. sich passiv verhalten. Davon unberührt bleibt die Heranziehung zur Mitwirkung an der gerichtlichen Ermittlung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
    [24] Im vorliegenden Fall hat der Beklagte sich … weder schriftlich geäußert noch ist er zur mündlichen Verhandlung erschienen. Er ist bei der Ladung gemäß § 102 Abs. 2 VwGO darauf hingewiesen worden, dass bei seinem Ausbleiben ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
    BVerwG, Urteil vom 25. 1. 2007 – 2 A 3.05

Siehe hier: Beitragsservice (MDR/ARD) und Inkassobüro (Riverty): Widerpsruch wie begründen - #21 von BARCA

Ich hatte beide Tabs offen und meine Antwort wurde erst hier, statt dort gespeichert. :see_no_evil_monkey: