Wie ist denn hier der aktuelle Verfahrensstand?
Gute Frage! Am 20.3. findet die mündliche Verhandlung vor dem BVerwG statt: Verhandlungs- und Verkündungstermine | Bundesverwaltungsgericht*
Az. BVerwG 6 C 8.22
ich habe geschwind mal die Verfahrensdokumente beim BfDI angefragt:
(Die hatten sie freundlicherweise 2021 auch schon rausgegeben)
Dein Link ist irgendwie kaputt. Der sollte gehen, da gehts direkt zum Termin:
https://www.bverwg.de/suche?lim=10&start=1&db=t&q=BVerwG+6+C+8.22
Sind die Mitglieder des Forums berechtigt, als Zuschauer an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen? Haben sich hier bereits ein paar Menschen gefunden?
Prinzipiell sollte da jeder teilnehmen dürfen, die vorherige Anmeldung wird aber empfohlen.
Ich schaffs leider zeitlich nicht.
ich werde am Mittwoch da sein
Ich werde auch versuchen, an der mündlichen Verhandlung teilnehmen zu können. Allerdings könnte es aufgrund der großen Entfernung und der Möglichkeit von Streiks zu einigen Problemen kommen
Letztes Jahr bei der Verhandlung von Gaby Weber wegen Kanzlerakten war der Saal nicht mal halb voll. Der Saal ist riesig, die meisten Zuschauer schienen Jura-Studenten zu sein. Nehmt nicht zu viel Zeug mit, weil man das alles in Schließfächern verstauen muss.
Welcher Saal ist das denn? Der Große?
Der BfDI ist zwischenzeitlich der Ansicht, dass er über die Schriftsätze des BMI und des Gerichts keine Verfügungsgewalt hat. Dies ist merkwürdig und die Auslegung zeigt, dass Herr Kelber hier nicht der richtige Amtsinhaber ist im richtigen Amt. Mit Informationsfreiheit er wenig am Hut, wie sich auch bei der Frage des Jahresberichts zeigt. Dieser ist im DS-Bericht untergegangen und nur noch wenige Seiten stark.
Wäre cool wenn einer der Teilnehmer hier nachher mal berichten kann, wie es so läuft. Danke
Die Verhandlung ging nur 2 Stunden, ein Urteil gibt es heute Abend oder nächsten Mittwoch, das war noch nicht ganz klar… der Senat neigte aber eher dazu eine Adressanforderung grundsätzlich für rechtmäßig zu halten, auch direkt am Anfang ohne Anhaltspunkte für Missbrauch oder um direkt einen Bescheid schicken zu können. Also ziemlich genau was das BMI will
Ganz vielleicht legen sie es auch dem EuGH vor wegen der Frage ob § 3 BDSG als Rechtsgrundlage den Anforderungen von Art 5 e) DSGVO genügt (das schlug der BfDI vor), aber der Senat schien das nicht zu wollen
Danke für die - wenn auch ernüchternde - Erläuterung.
Hier etwas ausführlicher aus meinen Stichpunkten. Bitte korrigieren, wenn ich was in den falschen Hals bekommen haben sollte:
Die Verhandlung begann 10:00, aber nicht im großen Saal sondern in einem fast voll gefüllten kleinen Saal VI. Die Besonderheit an diesem Verfahren war, dass Gegenstand strenggenommen nicht das IFG war, sondern der Datenschutz aka BDSG und DSGVO.
Zuerst wollte der vorsitzende Richter auf die Zulässigkeit der Klage eingehen und auf das Kuriosum, dass hier der Bund gegen den Bund klagt (“In-Sich-Prozess”). Darin sah aber niemand ein ernstes Problem.
Zur Begründetheit wollte der Richter klären, wie weit der Bescheid des Bundesdatenschutzbeauftragten auszulegen sei, ob es nur um die Erhebung der Adressdaten oder auch die Speicherung und Verarbeitung gehe. Da waren sich aber alle einig, dass die Verwarnung vom BfDI notwendigerweise alles dreies umfasst. Am Rande war noch die Bemerkung, ob die Verwarnung nur für den einen Fall der Müllsäcke im BMI gelte oder generell.
Dann wollte der vorsitzende Richter allgemein mit den Streitparteien erörtern, ob §3 BDSG mit der DSGVO zu vereinbaren sei. Da flogen die Paragraphennummer aus dem BDSG und die Artikel- und Erwägungsgrundnummern der DSGVO durch die Gegend. Da ich die nicht im Kopf habe, konnte ich dieser Diskussion inhaltlich nicht folgen. Anwalt und Mitarbeiter des BfDI wollten auch immer auf den konkreten Fall eingehen, während der Richter lieber noch grundsätzliche Dinge ausdiskutieren wollte und den BfDI ausgebremst hat. (“Dramaturgie langsam aufbauen”)
Hernach wurde erörtert, was eigentlich der Zweck der Erhebung der Postadresse laut BMI sein soll. Soll es IFG allgemein sein oder Identitätsfeststellung oder Ernsthaftigkeitsprüfung oder die Möglichkeit der Zustellung eines Bescheides, insbesondere eines Kostenbescheides.
Der BfDI hat erwidert, dass man das so pauschal nicht sagen könne und es sich nach dem Stand das Anfrageverfahrens richte. Seine Verwarnung richtete sich nur gegen das pauschale Abfragen der Postadresse gleich zu Beginn und ohne erkennbare Notwendigkeit. Der BfDI sehe die Notwendigkeit einer Postadresse selbst im Falle eines Drittbeteiligungsverfahrens oder Gebührenerhebung oder widerspruchsfähigen Ablehnungsbescheid. Der BfDI sei ja auch selbst Empfänger von IFG-Anfragen. So sei er im Vorfeld zu seiner Verteidigungsstrategie für die heutige mündliche Verhandlung gefragt worden. Wenn es dem BMI um die Vermeidung von automatisierten Anfragen oder Wiederholungsanfragen ginge, dann würde eine noch umfassendere Datenverarbeitung benötigt, denn dann bräuchte jede Behörde eine Datenbank über Anfragesteller und Anfrage und Zeitpunkte und dann müsste man sich über eine angemessene Speicherfrist unterhalten.
Der Richter hat einige Stellen aus dem IFG zitiert, die die Erhebung einer Adresse erfordern würden und wollte damit wohl andeuten, dass die Behörde die Adresse dann auch pauschal erfragen dürfe. Und er fragte, ob nicht schon beim Wort “Jeder” in “jeder darf eine Anfrage stellen” eine Art Identitätsprüfung impliziert sei.
BfDI-Anwalt Härting entgegnete, dass auch bei Angabe einer Postadresse in der Regel keine Identitätsprüfung stattfinde. Da bräuchte es schon eher die Übermittlung einer Ausweiskopie. Den Einwand, dass die Postadresse kein so großartiges Geheimnis sei, konterte Härting damit, dass im Volkszählungsurteil vor 40 Jahren festgestellt wurde, dass es keine unbedeutenden personenbezogenen Daten gibt und dass die Beteiligten im Gerichtssaal sicher auch nicht jedem ihre Privatadresse verraten und man eben gute Gründe hätte, bestimmten Behörden seine Postadresse nicht anzuvertrauen.
So wurde die Frage in den Raum gestellt, ob nicht im IFG geregelt werden müsse, welche Daten die angefragte Behörde wann vom Anfragesteller verlangen darf, oder im Verwaltungsverfahrensgesetz.
Der vorsitzende Richter kritisierte zuletzt am BfDI-Verwarnungsbescheid die fehlende Ermessensausübung. Der BfDI-Mitarbeiter meinte, dass es kein Ermessen geben konnte, weil der Fall schon abgeschlossen war, die Postadresse war bereits übermittelt und verarbeitet, und dass der Fall eher geringfügig war. Deswegen käme nur eine Verwarnung in Betracht.
Der Richter hat angekündigt, dass es 14:00 noch eine Verhandlung wegen Polizeieinsatz bei einer Versammlung gäbe und dass es der Senat wahrscheinlich nicht schafft, bis zum Abend ein Urteil zu verkünden. Wenn er sich bis 20:00 nicht gemeldet hätte, wäre der Verkündungstermin in einer Woche, am Mittwoch 27.3.
Man kann aus dieser Ankündigung schließen, dass die Richter ihre gegebenfalls schon gefasste Meinung noch einmal überdenken wollen. Letztlich hat der Richter in der Verhandlung keine klare Position bezogen, wie der Senat momentan über den Fall denkt, aber bei der Aufzählung der Stellen im IFG, die schon die Angabe einer Postadresse erfordern, war durchaus herauszuhören, dass der Senat mit der routinemäßigen Abfrage von Postadressen kein grundsätzliches Problem hat.
Was in der Verhandlung völlig unter den Tisch gefallen ist, ist die Frage nach der ominösen “privaten E-Mail-Adresse”. Einige Behörden meinen, so auch das BMI, dass die FragDenStaat-E-Mail-Adresse keine persönliche E-Mail-Adresse sei, können aber auch nicht definieren, was eine “persönliche E-Mail-Adresse” ausmacht und wie sie sich von der FragDenStaat-Adresse unterscheide. Ich bin gespannt, ob das Gericht dazu etwas im Beschluss schreiben wird.
Falls das BVerwG die Postadressengeschichte durchwinkt, stelle ich mich darauf ein, dass alle Behörden auf diesen Zug aufspringen werden. So ein bisschen Knüppel zwischen die Beine der Anfragesteller werden sich viele Behörden nicht entgehen lassen. Was machen wir dann? Nehmen wir Postfächer? Oder spezielle Postadressen mit angeschlossenem Scan-Service? Bisher, und so auch im vorliegenden Falle, folgt auf die Angabe einer Postadresse durch den Anfragesteller fast immer auch die Antwort per Post. Und wir Anfragesteller dürfen die dann wieder einscannen und auf FragDenStaat hochladen.
Der Mitarbeiter des BfDI hat diese Anfrage auch gegenüber dem Gericht erwähnt. Da mussten die Richter etwas schmunzeln. Es sollte als Beispiel dafür dienen, dass der BfDI selbst auch IFG-Anfragen beantworten muss und daher weiß, wann man eine Postadresse benötigt und wann nicht.
https://www.bverwg.de/de/pm/2024/10
PM ist da, verloren. liest sich auch insgesamt sehr schlecht, es ist ein bisschen unklar wie das mit § 1 Abs. 2 IFG ein einklang zu bringen sein soll
Schade. Besonders krass finde ich die letzten beiden Sätze der PM:
Das BMI durfte sich ermessensfehlerfrei für die Schriftform und die Bekanntgabe per Post entscheiden, obwohl der Antragsteller einen elektronischen Zugang gemäß § 3a Abs. 1 VwVfG eröffnet hatte. Bislang muss es ein Antragsteller in der Regel hinnehmen, dass die Behörde trotz eines eröffneten elektronischen Zugangs mit ihm auf dem Postweg kommuniziert.
Da wird es wohl im Rahmen von zukünftigen IFG-Anträgen schlecht aussehen bei - halbwegs - anonymen Anträgen.
Danke für den Hinweis, das ging ja dann doch schnell. Möglicherweise lässt sich das Thema nicht auf der juristischen Ebene voranbringen, sondern eher so: Ich habe mir angewöhnt, bei adresssammelnden Behörden eine Datenschutzerklärung anzufordern, in der ausgeführt ist, wozu die Adresse benötigt wird und wo die Adresse verarbeitet und wie lange gespeichert wird. In diesen Fällen reagieren die Behörden entweder gar nicht und bekommen von mir eine Datenschutzbeschwerde oder sie verweisen auf eine allgemeine Datenschutzerklärung, die irgendwo auf der Webseite der Behörde herumschwirrt. Diese Erklärungen erklären aber gerade nicht, was mit meinen Daten im konkreten Falle der IFG-Anfrage passiert. Sie sind überhaupt so allgemein gehalten, dass sie nur eine schlechte Kopie der Datenschutzgesetzgebung sind. Ich will aber nicht wissen, ob meine Daten theoretisch außer Landes gebracht werden könnten, sondern konkret wo meine Daten verarbeitet werden und was der genaue Zweck ist, der auch nicht nachträglich erweitert werden darf. Aus dieser Datenschutzerklärung würde sich ja ergeben, ob die Behörde meine Identität prüfen möchte, oder Mehrfachanfragen aussortieren oder was auch immer.
Nach Ablauf der Speicherfrist in der Datenschutzerklärung sollte man auch nachfragen, welche Daten die Behörde noch über einen gespeichert hat und falls die Adresse weiterhin gespeichert ist, Datenschutzbeschwerde erheben und Löschung verlangen. Und einen Monat nach verlangter Löschung noch einmal nachfragen, welche Daten immer noch gespeichert sind und ggf. wieder Datenschutzbeschwerde erheben.
Ich glaube nämlich, die Behörden haben nicht auf dem Schirm, wie schwierig datenschutzkonforme Verarbeitung wirklich ist und dass sie eigentlich selbst Datenminimierung wollen, weil sie für die Vertraulichkeit aller gespeicherten Daten verantwortlich sind.
Beim IFG Bund steht: “§1 (2) Die Behörde kann Auskunft erteilen, Akteneinsicht gewähren oder Informationen in sonstiger Weise zur Verfügung stellen. Begehrt der Antragsteller eine bestimmte Art des Informationszugangs, so darf dieser nur aus wichtigem Grund auf andere Art gewährt werden. Als wichtiger Grund gilt insbesondere ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand.”
Wie vereint denn das BVerwG die Auskunft auf Papier entgegen dem Wunsch des Antragstellers mit dieser Regelung? Kann der Datenschutzbeauftragte hier Gehörsrüge einlegen? Denn dieser Punkt wurde in der mündlichen Verhandlung nach meiner Erinnerung nicht erörtert.