Thüringen: Nachweis Öffentliches Interesse an interner Kommunikation

Ok, mal wieder die Thüringer Ärztekammer. Ich hatte denen vor zwei Jahren eine IFG-Anfrage zur Herausgabe von Fortbildungsvorträgen gestellt, die abgelehnt wurde, was in erster Instanz vom Verwaltungsgericht Weimar bestätigt wurde. Ich wollte nun die interne Kommunikation ansehen, die die Kammer damals intern zur Bearbeitung meines Antrages geführt hat. Mein Verdacht ist, dass es dem Vortragenden egal ist, ob seine Vorträge öffentlich werden oder nicht, und dass es viel mehr die Kammer war, die die Vorträge geheim halten will und daher dem Vortragenden eine Ablehnung der Einwilligung zur Veröffentlichung vorgegeben hat.
Ich habe also die Anfrage nach der internen Kommunikation gestellt:

Nach knapp zwei Wochen hat sich die Kammer eine Fristverlängerung von zwei Monaten ausbedungen, weil man ja soviel Leute rückfragen und am Ende noch schwärzen müsste. Nun nach drei Monaten und zwei Tagen, wo die Untätigkeitsklage möglich wäre, meldet sich die Kammer wieder. Nach meinem Eindruck hat sie bisher überhaupt nichts unternommen und jetzt erst mit der rechtlichen Prüfung begonnen. Sie sagt nun, dass nach Thüringer Transparenzgesetz bei Drittbeteiligungsverfahren der Antragsteller ein öffentliches Interesse darlegen müsse. Die Dritten sind hier das Gesundheitsamt Erfurt und ihr Amtsarzt. Sind das überhaupt Dritte nach dem Transparenzgesetz? Man kann die Definition in §3(1)5 ThürTG so lesen. Aber das würde heißen, dass man immer ein öffentliches Interesse darlegen muss, sobald ein weiteres Amt involviert ist. Kann das so gemeint sein?
Falls ihr es auch so seht, dass ich ein öffentliches Interesse darlegen muss, wie würde ich das öffentliche Interesse am besten begründen? Eigentlich habe ich vor allem ein rechtliches Interesse, denn wir haben für die Klage auf Herausgabe der Vorträge einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Ich benutze den IFG-Antrag eigentlich als Ersatz für einen Beweisantrag. Mit Kenntnis der internen Kommunikation könnte ich möglicherweise besser bei der Berufung argumentieren.

Finde die Argumentation der Behörde relativ schlüssig.

Das Gesundheitsamt / der Amtsarzt sind für die Landesärztekammer kein eigener Mitarbeiter / keine eigene Abteilung, daher sind es Dritte.

“Öffentliches Interesse” sehe ich hier ehrlicherweise überhaupt nicht, immerhin geht es ja nur um Deine Anfrage.

Ok, bleibt noch meine Frage: Kann es der Gesetzgeber wirklich so gemeint haben, dass sobald eine weitere Behörde im Spiel ist, man öffentliches Interesse nachweisen muss?
Diese Situation ist ja nur deswegen entstanden, weil das Gesundheitsamt sich für unzuständig erklärt hat. Das war so: Ich habe das Gesundheitsamt nach den Vorträgen gefragt. Die haben gesagt: Ham wa nich, gehnse zur Ärztekammer, da wurden die Vorträge gehalten und hinterlegt. Also bin ich zur Ärztekammer und die haben wiederum gesagt: Ham wa, aber gehört uns gar nich, sondern dem Gesundheitsamt oder eigentlich dessen Amtsarzt. Und dann hat die Ärztekammer den Amtsarzt um Erlaubnis zur Veröffentlichung gefragt und der hat gesagt: Njet!

Hm, ich könnte ein öffentliches Interesse damit begründen, dass sich bei der ursprünglichen Anfrage der Thüringische Vertreter des öffentlichen Interesses eingeschaltet hat. :slight_smile:

Als Notbehelf könnte ich meine Anfrage auf die kammerinternen E-Mails beschränken. Da greift ja wohl kein Drittbeteiligungsverfahren.

Es bleibt aber unlogisch. Ich könnte ja meine Anfrage zur Kommunikation auch an das Gesundheitsamt stellen und das wäre auch auskunftspflichtig. Aber wenn ich nach der Kommunikation zwischen zwei auskunftspflichtigen Stellen frage, dann muss ich auf einmal öffentliches Interesse nachweisen. Das ergibt doch vorne und hinten keinen Sinn. Wenn wenigstens Gesundheitsamt und Ärztekammer beides Vertreter des Landes Thüringen wären, das würde die Sache auch wieder vereinfachen.

Habe jetzt mal bei “Brink, Polenz, Blatt: IFG” hineingeschaut. Dort steht zum §8 IFG Bund: “Soweit Belange einer öffentlichen Stelle betroffen sind, soll §8 IFG keine Anwendung finden (Rossi IFG §8 Rn. 2).” Da haben wir es doch.

Also das Gesundheitsamt kann mit “Daten Dritter” nicht gemeint sein. Wenn man also alles personenbezogene zum Arzt schwärzen würde (Achtung: Das kann auch deutlich mehr als nur der Name sein), dann greift das auch nicht mehr. Sobald aber von der Person selbst oder über diese Person geschrieben wird, dann kann der Paragraph schon greifen. So verstehe ich die Aussagen der Kammer - Sollte mit “Dritten” das Amt und damit jede Kommunikation zwischen Kammer und Gesundheitsamt gemeint sein, ist das ausgegorener Schwachsinn und m.E. nicht vom Gesetz gedeckt.

Quelle: § 3 Transparenzgesetz

ist Dritter: jede natürliche oder juristische Person, über die Informationen, insbesondere
personenbezogene Daten, vorliegen,

Das Gesundheitsamt ist keine juristische Person.

Daher würde ich vorschlagen, dass du dich Einverstanden erklärst mit entsprechenden Schwärzungen. Hast du mal ans Gesundheitsamt eine Anfrage gestellt?

Ich hatte die Idee schon, auch dem Gesundheitsamt eine Anfrage zu stellen. Habe ich aber noch nicht gemacht. Ich nehme an, dass die bei der Ärztekammer anrufen werden und mir dann die gleiche Antwort schicken werden. Versuchen kann ich es dennoch.

Der Arzt war damals Amtsarzt und damit in irgendeiner Weise Mitarbeiter vom Gesundheitsamt. Also eigentlich so richtig Dritter war der doch auch nicht.

So, Antrag an das Gesundheitsamt ist gestellt: Kommunikation zu meinem Informationszugangsantrag FragDenStaat-193655 - FragDenStaat

Da es um meine Anfrage geht, schlägt ein Kommentator unter meiner Anfrage vor, dass ich gleich eine DSGVO-Anfrage stelle.

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Das ist gar nicht mal so dumm. Einen Versuch ist es wert. Klagebereit bist du ja, denn darauf könnte es - mal wieder hinauslaufen.

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Nach früherer Rechtslage wäre das zutreffend, aber inzwischen betrachten die Gerichte das differenzierter.

Wenn Übersichten, Tabellen, Präsentationen etc., die ich in meiner Arbeitszeit erstellt habe, früher automatisch meinem Arbeitgeber “gehörten” bzw. diesem zur Nutzung oder Verfügung freistanden, so erwirbt mein Arbeitgeber heute -wenn überhaupt- nur ein sehr eingeschränktes Nutzungs- oder Verwertungsrecht. Ich vermute, genau das wird der Dreh- und Angelpunkt in der Argumentationskette des Gesundheitsamtes sein.

Danke für deinen Einwurf. Er passt wohl eher in diese Diskussionen:

Hier geht es gerade darum, ob ich ein Recht habe, die Kommunikation zu sehen, die der Amtsarzt mit den anderen Stellen über meinen IFG-Antrag geführt hat. Ich habe der Kammer jetzt geschrieben, dass ich meinen Antrag auch auf die DSGVO stützen möchte.

Die drei Monate Untätigkeit seit Start der IFG-Anfrage sind ja herum. Jedoch habe ich die Erweiterung auf die DSGVO erst nach Ablauf der drei Monate ergänzt. Das könnte man so werten, als hätte ich einen neuen Antrag, dieses Mal einen DSGVO-Antrag, gestellt, für den die Drei-Monatsfrist wieder von vorne beginnt. Ist das so oder kann das noch als der gleiche Antrag gelten?
Gibt es eigentlich Sanktionmöglichkeiten bei Verletzung der Beratungs- und Unterstützungspflicht nach Thüringer Transparenzgesetz und Verwaltungsverfahrensgesetz oder ist diese Pflicht ein zahnloser Tiger? Ich meine, den Hinweis mit der DSGVO hätte die Kammer nämlich auch selbst geben können und nicht erst nach drei Monaten. Naja, wahrscheinlich kann ich eine Dienstaufsichtsbeschwerde einreichen und das war’s dann. Ich könnte aber auch die Kammer fragen, welchen Auftrag die Kammer ihrem Anwalt erteilt hat - Abwimmelmöglichkeiten zu prüfen oder auch Möglichkeiten der einfachen Herausgabe.

Die Kammer, wahrscheinlich vielmehr ihr Anwalt, hat umfangreich geantwortet, aber kommt nur zum Ergebnis einer Ablehnung. Überhaupt sind ist die Kammer der Meinung, dass schon die Vielzahl meiner Anfragen auf Rechtsmissbrauch hindeute. Hm. Wenn sie mal irgendeine eine Frage beantworten würden, würde ich auch mal weiterkommen.
Parallel habe ich den Datenschutzbeauftragten von Thüringen um Vermittlung gebeten. Der schließt sich aber erfahrungsgemäß stets der Meinung der Kammer an. Als nächstes könnte ich noch eine Datenschutzbeschwerde beim LfDI einreichen.
Es ist doch eigentlich nicht so ungewöhnlich, interne Behördenkommunikation abzufragen. Dabei sind auch schon interessante Dinge herausgekommen. Wieso funktioniert das in anderen Fällen? Wahrscheinlich nur mit Klagen.