Maximal zumutbare Distanzen für eine persönliche Einsichtnahme vor Ort in Kontrollberichte der letzten Betriebsprüfungen?

Das ist doch schon mal gut! :smiley:

Meine ausführlichen aber laienhaften Gedanken dazu:

  • Die Gerichtskosten werden dich auf keinen Fall unmittelbar treffen, weil ein eventueller Prozess zwischen dem LRA Reutlingen/Land Baden-Württemberg und dem Lebensmittelunternehmen stattfindet. Die unterliegende Partei muss die Gerichtskosten tragen, also entweder die Behörde oder das Lebensmittelunternehmen. Auch wenn du beigeladen wirst, wirst du zwar Prozessbeteiligter, musst aber grundsätzlich keine Gerichtskosten befürchten:

§ 154 Abs. 3 VwGO: Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

  • Ich kenne mich im Gebührenrecht überhaupt nicht aus und weiß daher nicht, ob Kosten, die der Behörde durch ein Gerichtsverfahren entstehen, irgendwie auf den Antragsteller abgewälzt werden können. Nach meiner Recherche bestimmen sich für Bundesbehörden (also nicht in diesem Fall) die Gebühren nach dem mit der Informationsgewährung verbundenen Personal- und Sachaufwand, § 2 S. 1 VIGGebV. Dann wäre nur die zusätzliche Arbeitszeit, nicht aber Gerichtskosten auf den Antragsteller umlegbar (Außer Gerichtskosten sind Sachaufwand?).
    Jedenfalls unnötige Kosten trägt die Behörde:

Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache durch die Behörde nicht entstanden wären, dürfen nicht erhoben werden.
(BeckOK InfoMedienR/Rossi, 26. Ed. 1.5.2019, VIG § 7 Rn. 5)

Die Gebühren sind auch unter Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes so zu bemessen, dass der Informationsanspruch wirksam in Anspruch genommen werden kann.

  • Das LRA Reutlingen hat dich jetzt vorab darauf hingewiesen, dass es eventuell kostendeckende Gebühren und Auslagen erheben möchte. § 7 Abs. 1 S. 3 VIG verlangt jedoch weitergehend, dass der Antragsteller über die voraussichtliche Höhe der Gebühren und Auslagen vorab informiert wird. Zur voraussichtlichen Höhe hat das LRA nichts geschrieben, weshalb ich aus dem Bauch heraus denke, dass eine Abwälzung der Gerichtskosten auf dich schon allein deshalb nicht möglich ist. Folgende Literaturmeinung könnte das ebenso sehen, sagt es aber nicht eindeutig:

Dieser Gebühren-Kostenvoranschlag berechtigt den Antragsteller zur kostenfreien Rücknahme oder Einschränkung seines Antrags. Diese Regelung ist überaus sachgerecht, da es dem Verbraucher nicht zugemutet werden kann, den Verwaltungsaufwand einer Anfrage nach dem VIG zu schätzen.
(Zipfel/Rathke LebensmittelR/Heinicke, 174. EL Juli 2019, VIG § 7 Rn. 6)

Eine Randnummer später heißt es dann aber, die vollständig unterlassene Kostenprognose wäre nicht sanktioniert, aber rechtswidrig und würde daher Amtshaftungsansprüche nach sich ziehen:

Das Instrument der Kostenprognose darf von Seiten der Behörde nicht dazu genutzt werden, unrealistisch hohe und möglicherweise abschreckend gemeinte Kosten in Aussicht zu stellen. Ein solches Vorgehen, wenngleich eben so wenig sanktioniert wie die vollständig unterlassene Kostenprognose, wäre rechtswidrig und könnte Amtshaftungsansprüche nach sich ziehen.
(Zipfel/Rathke LebensmittelR/Heinicke, 174. EL Juli 2019, VIG § 7 Rn. 7)

Ich schätze daher, dass eine Inrechnungstellung trotz unterlassenem Kostenvoranschlag erstmal wirksam wäre; du aber im Gegenzug einen Amtshaftungsanspruch gegen die Behörde erlangen würdest.

Schließlich bestimmt § 3 VIGGebV, dass Gebühren nach § 7 Abs. 1 aus Gründen der Billigkeit und des öffentlichen Interesses ermäßigt oder erlassen werden können. Ein Anwendungsfall der Ermäßigung oder des Erlasses von Gebühren soll bspw. vorliegen, wenn der Antragsteller die abgefragte Informationen nicht nur zu seinem Vorteil verwendet, sondern sie der Öffentlichkeit zeitnah und in verständlicher Form zur Verfügung stellt (GIW Rn. 11 unter Verweis auf S. 8 des Referentenentwurfes zum VIG).
(BeckOK InfoMedienR/Rossi, 26. Ed. 1.5.2019, VIG § 7 Rn. 9)

  • Mir wurde bislang noch nie eine Kostennote geschickt, obwohl schon mehrere meiner Anfragen vor Gericht gelandet sind, weil die Lebensmittelunternehmen gegen die Herausgabe geklagt haben. Allerdings sind die umfangreicheren Gerichtsverfahren auch noch nicht abgeschlossen; es ist also denkbar, dass mir danach doch noch eine Rechnung geschickt wird.

Es wäre schön, wenn sich zu dieser Frage auch jemand mit Sachkenntnis äußern könnte, möglicherweise @stefan ? :wink:

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