Gebührenbescheid nach 3 Jahren vom BVL

Hallo,

ich habe nach mehr als drei Jahren und fünf Monaten einen Gebührenbescheid zu einer Anfrage erhalten.

Gibt es eine Verjährungsfrist für die Erhebung von Gebühren?

Es gibt eine ähnliche Frage im Forum, aber das wird dann nur hin- und hergeschrieben zu der Frage, ob man die Höhe der Gebühr im Forum benennen soll, ob ein Widerspruch per Mail möglich ist usw., die eigentliche Frage wird aber nur gestreift. Deshalb der neue Thread.

Meine Anfrage, auf die sich der Gebührenbescheid bezieht findet sich hier. Ich habe heute auch den Gebührenbescheid dort hochgeladen.

Es wurden 60 € angekündigt und jetzt auch berechnet. Der Aufwand bestand in der Schwärzung der Personendaten in einer zweiseitigen Email, also ein Aufwand von etwa drei Minuten. Zum Haare raufen, aber egal, ich hatte ja zugestimmt.

Die Antwort der Behörde erfolgte am 22. Juli 2021. Am selben Tag habe ich dem damaligen Mitarbeiter wie erbeten meine private Mailadresse mitgeteilt. Er hatte Angst, daß auf fragdenstaat alles automatisch und ungeschwärzt veröffentlicht wird. Weder in meiner Papierpost noch in meinen Mails ist seither eine Reaktion erfolgt. Ich habe dazu auch nachgefragt und erhielt die Antwort, ich erhielte Nachricht “zu gegebener Zeit”. Heute traf der Bescheid mit Datum von heute, 14. Februar 2025 per Email ein.

Ich frage mich, was hätten die gemacht, wenn ich inzwischen verstorben wäre oder verzogen oder meine Mailadresse gewechselt hätte? Ich war zwischenzeitlich sogar länger weg und bin wieder an der alten Adresse zurück. Hätten die wohlmöglich die neue Adresse ermittelt? Ist das jetzt Aufräumen vor der Wahl? Als ich die Anfrage gestellt habe war Julia Klöckner noch Ministerin. Jetzt geht Cem Özdemir bald schon. Ich fasse es nicht, aber egal. Dieser Absatz ist rein rhetorisch, bitte garnicht verunsichern lassen.

Tatsächlich ist meine Frage einfach nur, gibt es eine Verjährungsfrist für die Erhebung von Gebühren?

Danke und Gruß, Christian

So, ich antworte mir mal selber. Ich bin jetzt hier fündig geworden:

Bundesgebührengesetz - BGebG
https://www.gesetze-im-internet.de/bgebg/BJNR315410013.html

§ 13 Gebührenfestsetzung
(…)
(3) Die Festsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung ist nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre. Sie beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Gebührenanspruch entstanden ist. (…)

Die Festsetzungsfrist beginnt in meinem Fall also mit Ablauf des Jahres 2021, was wohl soviel bedeutet sie beginnt am 1. Januar 2022. Sie endet folglich am 31. Dezember 2025.

Puh, da hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit aber noch mal Glück gehabt.

Wenn ich denen jetzt in Rechnung stellen würde, wieviel Zeit mich die Einarbeitung in die olle Kamelle heute gekostet hat… aber da mangelt es eben an der Berechtigung meinerseits, Kosten in Rechnung zu stellen. Die Welt ist ungerecht. Ich glaube, ich werde mir mit etwas Häme Genugtuung verschaffen.

Moin Christian,

ich halte die Gebührenfestsetzung für rechtswidrig:

  1. Formell:
    Das BVL stellt auf das IFG ab, das findet aber keine Anwendung, weil es sich bei den von dir angefragten Unterlagen (offensichtlich!) um Umweltinformationen handelt. Grundlage für die Gebührenerhebung kann damit nur § 12 UIG i.V.m. UIGGebV sein. Der Gebührenbescheid dürfte damit schon formell rechtswidrig sein.

  2. Materiell:

a) Das BVL hat nur personenbezogene Daten von behördlichen Mitarbeitenden geschwärzt, die sind aber gem. § 5 Abs. 3 und 4 IFG gar nicht schützenswert und müssen bzw. dürfen deswegen nicht geschwärzt werden, und wenn du dich aus Kulanz doch damit einverstanden erklärt hast, dann sollte dir das wenigstens nicht in Rechnung gestellt werden. Dass die Maßstäbe des § 5 Abs. 3 und 4 IFG auch auf das UIG anwendbar sind, hat das BVerwG entschieden:

BVerwG, Urteil vom 1. September 2022 – 10 C 5/21 –, BVerwGE 176, 232-247, juris, Rn. 28

„Die Erheblichkeitsschwelle des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG findet in entsprechender Anwendung von § 5 Abs. 3 und 4 IFG eine normative Konkretisierung dahin, dass durch eine Offenbarung der in diesen Bestimmungen genannten Arten personenbezogener Daten regelmäßig nicht im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt werden.“

Auch deswegen ist die Schwärzung rechtswidrig.

b) Die personenbezogenen Daten waren außerdem nicht schutzwürdig, weil es sich bei den von dir angefragten Daten um solche über Emissionen handelt, und dann sind gem. § 9 Abs. 1 S. 2 UIG personenbezogene Daten nicht schutzwürdig. Der Begriff der Daten “über Emissionen” wird vom EuGH recht weit ausgelegt - passenderweise hat der EuGH auch hier zu Daten über das Zulassungsverfahren von Pestiziden entschieden, dass es sich dabei um Daten über Emissionen handelt, also quasi das gleiche wie bei dir:

EuGH, Urteil vom 23.11.2016, C-442/14, Rn. 91

“Entgegen dem Vorbringen der Kommission fallen unter den Begriff „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ dagegen Studien, mit denen die Toxizität, die Auswirkungen und andere Gesichtspunkte eines Produkts oder Stoffes unter den ungünstigsten realistischen Bedingungen, die vernünftigerweise erwartet werden können, ermittelt werden sollen, und Studien, die unter Bedingungen durchgeführt werden, die der normalen landwirtschaftlichen Praxis so nahe wie möglich kommen und in dem Gebiet vorherrschen, in dem dieses Produkt oder dieser Stoff angewandt wird.”

Auch deshalb hätten also die personenbezogenen Daten nicht geschwärzt werden müssen.

  1. Ergebnis
    Die Daten waren aus mehreren Gründen nicht zu schwärzen, also dürfen dafür auch keine Gebühren erhoben werden.
    Du kannst ja mal Widerspruch dagegen erheben (Form: Post oder Fax beachten!), dem rechne ich ganz gute Chancen aus, und/oder parallel die BfDI um Vermittlung bitten.

Die Gebühren musst du jetzt trotzdem erstmal bezahlen, so wie es auch in dem Gebührenbescheid unten steht.

Da du dich außerdem dafür zu interessieren scheinst, wie die Behörden über deine Anfrage denken, könntest du auch noch gem. § 29 VwVfG Akteneinsicht beantragen… :wink:

LG
Jannis

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Danke. Das sind sehr gute Hinweise. Es zeigt sich mal wieder, was eine gute Community wert ist.

Ich habe allerdings heute einfach gezahlt und werde mit der Sache keine weitere Zeit mehr verbringen, obwohl ich wohl gute Aussichten hätte, mich dagegen zu wenden. Es ist einfach zu lange her. Ich bin inzwischen an anderen Themen dran.

Es hat sich damals gezeigt, daß die deutschen Behörden im Prinzip von einer europäischen Arbeitsgruppe abschreiben, die von der schwedischen Forstindustrie dominiert ist. Das einstmals freundliche Schweden? Ja, die bei denen IKEA, der Staat und die Forstwirtschaft in einem großen Knäuel die europäische Holzwirtschaft im Griff haben. Außerdem ist unendlich mühsam, die Zahlen zu recherchieren und wenn nicht mal eine Steigerung um eine Größenordnung ausreicht, damit die Erheblichkeitsschwelle erreicht ist, was will man dann noch machen?

Damals hat Susanne Götze einen sehr guten und umfassenden Artikel im Spiegel gebracht. Letztes Jahr hat das Umweltinstitut in München die Sache noch mal aufgegriffen. Einige Waldschützer wie RobinWood sind auch im Bilde. Aber in Zeiten, in denen die Lösung für jedes Problem im Zweifel darin besteht, mehr Ausländer abzuschieben hat man einfach keine Chance, mit so einem Thema durchzudringen.

Wenn Du einen Schrank aus schöner deutscher Buche kaufst, dann stehen die Chancen inzwischen gut, daß der Baum zwar tatsächlich in Deutschland geschlagen wurde, dann aber zum Sägen nach China geschickt wurde und dabei sowohl auf dem Hin- als auch auf dem Rückweg begast wurde und unterm Strich einen so großen Klimarucksack mit sich trägt, daß Schränke aus Zement oder Vollplastik wahrscheinlich die besseren Kandidaten für den blauen Engel sind.

Nenn mich desillusioniert, aber derzeit treibt mich mehr um, daß in unserer Region immer noch neue Erdgasleitungen errichtet werden. Aktuell läuft das Genehmigungsverfahren für ein Rohr mit 140 cm Durchmesser auf einer Strecke von 86 km. Und keinen Menschen interessierts. Bei jeder Stromleitung ist ein riesiges Trara, aber wenn unsere Böden für solche Megabaustellen umgegraben werden herrscht Stille. Ich mache an der Stelle mal Schluss. Heute war wieder Klimastreik. Das war schön, aber wir sind sowas von lost. Und eine völlig verpennte Verwaltung ist da wahrscheinlich nicht mal das größte Problem.