Einzelrichter ja oder nein

Bei Verwaltungsgerichtsverfahren wird man ja immer gefragt, ob man mit einem Einzelrichter einverstanden ist. Ich kenne es aus Zivilrechtsverfahren, dass man auch (zwei) Schöffen verlangen darf. Sollte man das bei IFG-Klagen tun? Erhöht das die Chancen auf ein informationsfreiheitsfreundliches Urteil oder verschlechtert es eher? Kosten Schöffen extra oder dauert das Verfahren einfach nur länger? Welche Erfahrungen habt ihr da gemacht?

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Ich kenne es aus Zivilrechtsverfahren, dass man auch (zwei) Schöffen verlangen darf. Sollte man das bei IFG-Klagen tun?

Das stimmt so nicht fürs Zivilrecht, und auch nicht für das Verwaltungsrecht.

Nach §5 Absatz 3 VerwGO besteht der Spruchkörper (Kammer) aus 3 Berufsrichtern und 2 ehrenamtlichen Richtern, und zwar immer dann, wenn das Verfahren nicht vor dem Einzelrichter geführt wird.

Außerdem kommen ehrenamtliche Richter nicht zum Einsatz, wenn das Verfahren rein schriftlich, also ohne mündliche Verhandlung durchgeführt und durch Beschluss beendet wird.

Erhöht das die Chancen auf ein informationsfreiheitsfreundliches Urteil oder verschlechtert es eher?

Das kommt sicher auf den Einzelfall an. Bei bedeutsamen Verfahren mit Richtungswirkung macht es sicher eher Sinn, die Sache vor der Kammer verhandeln zu lassen.

Kosten Schöffen extra oder dauert das Verfahren einfach nur länger?

Die Gerichtskosten sind identisch.

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Wenn dir die Sache wichtig ist, kann ich dir nur davon abraten, deine Zustimmung zur Übertragung auf einen Einzelrichter d/w/m zu geben. Die Übertragung ist zwar nicht zwingend von deiner Zustimmung abhängig, aber § 6 VwGO hebt hervor:
(1) 1Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

  1. die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist
    und (!)
  2. die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.

Wenn ich klage, weisen die Sachen aber fast immer besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art auf, und nicht selten spielt Rechtsmissbrauch eine wesentliche Rolle, was wohl immer von grundsätzlicher Bedeutung ist.
Wenn du der Übertragung auf einen Einzelrichter zustimmst, signalisierst du damit eine einfache und unbedeutsame Sache. Dein Rechtsverständnis und -empfinden mögen dir vlt. sagen, dass die Sache doch wohl tatsächlich einfach ist - im positiven Sinne von einfach - gem. Gesetz und Rechtsprechung und vernünftigen Maßstäben und so, aber genau das wird Betroffenen dann zur Last gelegt, also die Bedeutung der Sache abgespriochen, wenn sie einer Übertragung auf einen Einzelrichter zustimmen.

Die Übertragung auf einen Einzelrichter kann zwar auch wieder rückgängig gemacht werden, siehe Abs. 3, ist aber in der Realität unüblich leider, obwohl nach Abs. 3 sogar nur eine Bedingung erfüllt sein muss.

Andersherum: Ich hatte schon Beschlüsse von drei Richtern, die ihre abschließende Sachentscheidung/den rechtswirksamen Beschluss gegen mich und/oder die versuchte und unzulässige Abwehr von Rechtsmitteln gegen den Beschluss damit begründet haben, dass die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hätte. Wenn ich dann dagegen Beschwerde oder Berufung einlege, kann ich sagen, dass die Richter aber grade wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Sache seinerzeit nicht auf einen Einzelrichter übertragen haben!

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Hallo @h.thielemann
ich habe in meinem einzigen bisher erledigten Verfahren auf den Einzelrichter übertragen und war damit zufrieden, weil gewonnen.
In allen meinen Fällen geht es jedoch bisher ausschließlich um formale Dinge, wie Verfahrensverschleppung oder die Ablehnung der Behörde überhaupt ein Verfahren zu eröffnen. Bei solchen Dingen vermute ich, dass es recht einfach ist zu entscheiden, ob ich im Recht bin oder die Behörde.
LG

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In meinem Falle bringt die Behörde ganz viele Ausflüchte vor - Urheberrecht, Verfügungsbefugnis, Geschäftsgeheimnis, Wettbewerbsverzerrung - das spräche wohl gegen einen einfachen Fall.

In dem Fall würde ich auch auf die Kammer statt den Einzelrichter setzen.

Ich kann aus Erfahrung auch DRINGEND davon abraten sich auf einen Einzelrichter ein zu lassen. Die bisherige Erfahrung beweist zumindest bei mir, dass das Verwaltungsgericht mit ein Einzelrichter schnellstmöglich die Verfahren abarbeitet und dies bedeutet, dass die in der Regel die Formulierungen nahezu 1:1 von der Behörde textmäßig übernehmen. Ihr könnt euch bei einer Akteneinsicht vor Ort im Gericht ansehen, dass das so durchgeführt wird. Die Richter kennen schon die Formulierungen von den Behörden, da die Behörden immer den gleichen Textbaustein schicken. Den übernehmen die Richter und verwenden damit auch immer wieder die gleiche Entscheidung.
Auf eure Argumentationen wird nicht geachtet. Dies stellt zwar ein Verstoß gegen Art. 103 GG dar, aber versucht das mal nach zu weisen.

Es gibt ein paar Fallstricke für die Gerichte was die Übertragung auf Einzelrichter angeht. Beispielsweise müsst ihr eine angemessene Zeit zur Stellungnahme haben. Wenn diese angemessene Zeit unterschritten wurde oder die Gerichtsentscheidung fällt vor Ablauf der Frist zur Stellungnahme, habt ihr super gute Chancen das Verfahren vernünftig bei der Berufung am OVG zu gewinnen. Denn das ist der perfekte Beweis dafür, dass das erste Verfahren bereits schon willkürlich ergangen ist, wenn ein Richter z.B. sich nicht mal an die eigens gesetzte Fristen zur Stellungnahmen hält.

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Ein Anspruch auf die Verhandlung vor der Kammer besteht grds. nicht, aber die meisten Verwaltungsgerichte fragen vorher nach, ob mit der Übertragung des Falls auf den Berichterstatter als Einzelrichter d’accord gegangen wird (lustig eigentlich, denn wem will der Berichterstatter dann berichten? :sweat_smile: ).

Wenn dem widersprochen wird, wird sich das VG in der Regel auch daran halten, denn sonst kann ab dem Moment bereits ein Revisionsgrund vorliegen, da das Gericht den Sachverhalt falsch gewürdigt hat (z.B. irrtümlich einen einfach gelagerten Fall angenommen hat).

Dem würde ich so nicht zustimmen, die Verwaltungsgerichte sind überladen, solche Vorschläge dienen in der Regel einfach der Verfahrensbeschleunigung.

Bei Untätigkeitsklagen (da ist der Sachverhalt ja klar, entweder durfte ich mit einer Bescheidung vor Klageerhebung rechnen, dann habe ich automatisch gewonnen - oder eben nicht) reicht ein Einzelrichter allemal.

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