Bundespresseamt verlangt Gebühren ohne Vorabinformation

Hallo zusammen,

ich habe vom Bundespresseamt Informationen zu einer Veröffentlichung der Bundesregierung angefragt. Der Bescheid wurde auch positiv beschieden und die angeforderten Daten bereitgestellt. In dem Bescheid fordert das BPA nun aber eine Gebühr von 90€ für die Erstellung.
Ich hatte aber den Standardtext von fragdenstaat genutzt, wo ja bei Gebührenerhebung eine vorherige Information gefordert wird.

Hier findet ihr die Anfrage mit Korrespondenz:

Ich habe dazu auf die Schnelle nichts gefunden, weiß jemand wie man damit am besten umgeht? Widerspruch mit Verweis auf die Ursprungsmail?

Viele Grüße
Noah

Vorab:

Widerspruch und Klage wären hier sicher interessant und zumindest letztere würde vllt. auch von FragDenStaat unterstützt werden. Soweit ich weiß, gibt es hierzu noch keine Rechtsprechung, nur irgendein/e LfDI hat in einem Jahresbericht mal über so einen Fall geschrieben.

Wichtiger Hinweis: ein Widerspruch (nur) gegen die Kosten würde in diesem Fall zwischen 30 € und 90 € kosten, wenn er abgelehnt wird.

Inhaltlich: Das IFG spricht von “individuell zurechenbaren öffentlichen Leistungen” (§ 10 (1) IFG). Der Begriff ist in § 3 (1) des Bundesgebührengesetzes (BGebG) weit legal definiert als, u.a. “sonstige Handlungen, die im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Verwaltungstätigkeit erbracht werden” (da es als Auffangregelung anwendbar ist, ist es egal. Individuell zurechenbar ist nach dem Gesetz (ebenfalls Legaldefinition):

  1. die beantragt oder sonst willentlich in Anspruch genommen wird,
  2. die zugunsten des von der Leistung Betroffenen erbracht wird,
  3. die durch den von der Leistung Betroffenen veranlasst wurde oder
  4. bei der ein Anknüpfungspunkt im Pflichtenkreis des von der Leistung Betroffenen rechtlich begründet ist; für Stichprobenkontrollen gilt dies nur, soweit diese nach anderen Gesetzen des Bundes oder Rechtsakten der Europäischen Union besonders angeordnet sind und von dem Gegenstand der Kontrolle eine erhebliche Gefahr ausgeht.

Ich würde sagen, dass 1. hier nicht anwendbar sein könnte, da du ja die Leistung ausdrücklich nur unter dem Vorbehalt einer vorherigen Warnung im Falle der Gebührenerhebung beantragt hast. Damit widersprucht die Erhebung von Gebühren ohne vorherige Warnung auch deinem ausdrücklich geäußerten Willen, kann also nicht willentlich sein.

Die Nr. 3 und 4 sind glaube ich eher für Kontrollen u.ä. anwendbar.

Aber Nr. 2 könnte hier ein Problem werden, denn die Informationsherausgabe ist zugunsten von dir erfolgt. Hierbei stellt sich natürlich die Frage, ob jetzt eine Behörde einfach zugunsten von einer Person eine Leistung erbringen und dieser damit Kosten auferlegen kann. Das erscheint mir in vielerlei Hinsicht nicht sinnvoll. Eine von mir – als Nichtjurist (!) – für sinnvoller erachtete Erklärung wäre, dass dies nur Leistungen betrifft, die von Amts wegen erbracht werden. Das würde m.E. auch systematisch passen: 1. sind Leistungen, die du beantragst; 2. sind Leistungen, die ohne Antrag erbracht werden.

Demnach könntest du Erfolg haben, da es ja eben nicht so ist, dass Informationen von Amts wegen an Leute zugeschickt werden. Aber das ist natürlich ein sehr wackeliges Fundament. Du kannst natürlich auch auf Kulanz hoffen und um Zurücknahme des Gebührenbescheids bitten. Alternativ würde es sicher nicht schaden, den BfDI anzufragen (hindert aber keine Fristen!)

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Vielen Dank für die ausführliche Antwort!

Ich bin Student mit Minijob und habe die Anfrage nur aus Interesse gestellt, nicht davon ausgehend plötzlich in der Kostenfalle zu landen :upside_down_face:. Danke für den Hinweis, dass bei einem abgelehnten Widerspruch auch Kosten entstehen. Dadurch fällt das für mich erstmal raus, noch mehr bezahlen wäre ja noch blöder. Gleiches folgend dann mit einer Klage. Beziehungsweise weißt du, wie man herausfindet, ob FragDenStaat da unterstützen würde?

Da werde ich wohl als Bittsteller um Kulanz bitten müssen, auch wenn ich mir da in der Bürokratie eher Sorgen mache.

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Kenne die Besorgnis, bin selber Student, aber bislang zum Glück noch nicht von derart Situationen betroffen gewesen.

Re Klagehilfe: Da musst du dich an das FragDenStaat-Team wenden. Nutze dafür am Besten die E-Mail-Adresse (info@fragdenstaat.de). Die können, wenn sie eine Klage für aussichtslos halten, dir auch helfen, ein Crowdfunding über FdS zu organisieren.

Wichtig für die Klagemöglichkeit ist: Du musst rechtzeitig Widerspruch erheben. Dies muss binnen eines Monats nach Zustellung des Bescheids (der genaue Zeitpunkt steht auf dem gelben Brief, den du bekommen wirst; vermutlich so 15. April oder so) tun, ansonsten wird der Widerspruch allein aus dem Grund verworfen und du kannst auch nicht mehr klagen (bzw. die Klage wird ebenfalls als unzulässig abgewiesen).

Daher solltest du dich relativ schnell an FdS wenden; normalerweise wollen sie zwar eine vorherige Durchführung des Vorverfahrens, aber wenn du ihnen schilderst, wieso du das dich nicht unbedingt traust (im schlimmsten Fall: Verdoppelung der Gebühren), werden sie sicher trotzdem helfen – das FdS-Team ist ja sehr nett und hilf auch in der Regel sehr schnell!

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Beides kannst du inzwischen einfach über das Webinterface von FragDenStaat machen, Crowdfunding aktivieren, kannst du erst, wenn du einen Gebührenbescheid hast und Klagen erst, wenn ein Widerspruch von dir abgelehnt wurde.
Nur für eine Vorabinfo, die ja hier gewollt ist, kann per Mail anschreiben vlt. helfen, ja.

Aber ansonsten jep, zu den Fristen und der Berechnung für den Widerspruch siehe auch: Berechnung/Interpretation der Monatsfrist für einen Widerspruch

(Und ich denke 30€ für einen abgelehnten Widerspruch bekommt man relativ gut durch ein Crowdfunding wieder hinein, wenn das Thema eine gewisse öffentliche Relevanz hat/„interessant” ist.)

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Wobei halt zu beachten ist, dass die Widerspruchsgebühr nicht (fest) 30 €, sondern 30 € bis 90 € betragen kann, § 1 (Anlage) Nr. 5 IFGGebV! Weiß aber nicht, was da die Gebührenpraxis des BPA ist.

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Beziehungsweise weißt du, wie man herausfindet, ob FragDenStaat da unterstützen würde?

Wie andere schon geschrieben haben, ist eine E-Mail mit allen Details deines Falls an info@fragdenstaat.de, dort wird dir bestimmt weiter geholfen.

Frag Den Staat hat wahrscheinlich ein großes Interesser, dir zu helfen, damit du eben nicht völlig schutzlos durch eine einfache Anfrage in eine behördliche Kostenfalle getappt bist. Wenn Behörden damit durchkämen würden sich viele Menschen nicht mehr trauen Anfragen zu stellen. Ich kann mir vorstellen dass durch die Formulierung im Standardtext nach vorraussichtlichen Kosten § 25 VwVfG greift, durch welches dich die Behörde bei deinem Antrag aktiv unterstützen und beraten muss.

Den Widerspruch müsste dann auch gegen den Kostenbescheid, der getrennt vom IFG-Bescheid sein müsste, gerichtet werden.

Auch wenn @arne.semsrott das bestimmt schon gelesen hat, pinge ich ihn mal dass er Ausschau nach deiner E-Mail hält.

Edit:
Für die juristisch Interessierten unter uns zitier ich gerne kurz aus Schoch, IFG, § 10, Rn. 45:

Der Antragssteller kann sich vorab an die informationspflichtige Stelle wenden und um Mitteilung zu den erwartenden Kosten bitten; die Behörde hat die erbetene Auskunft zu erteilen.

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Für die Klage ist hier auch wichtig - es geht nicht um den Streitwert von “5000 €” wie bei IFG Klagen üblich, sondern die Klage wird den Streitwert “90 €” haben. Gerichtsgebühr: 63,70 € - Kostenrisiko im worst case 500 €, was für IFG-Klagen günstig ist.

Du hast das Geld nicht - aber was ich sagen will ist, dass die Kosten für FragDenStaat hier doch relativ gering sind, falls man hier Erfolgschancen sieht.

Ich will auch persönlich anmerken, dass man die Behörde hier auf gar keinen Fall damit durchkommen lassen darf. Wenn das Schule macht, dann wäre das ein sehr großes Problem für das IFG. Falls wir dazu ein Urteil erhalten sollten - umso besser. @arne.semsrott

Ich würde auch unbedingt BfDI Beteiligung empfehlen! Und zwar sofort um Vermittlung bitten.

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Bitte bedenken: Wenn man klagt und verliert, wird es noch eher Schule machen als wenn man es auf Einzelfallbasis anders löst. Deswegen bin ich gerade noch zurückhaltend. Wenn @n.freising uns das schon per Mail geschickt hat, prüfen wir das.

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E-Mail an FragDenStaat habe ich auf jeden Fall mal geschickt und den BfDI jetzt auch um Vermittlung gebeten. Mal schauen, was da bei rumkommt. Danke auf jeden Fall nochmal für die ganzen sehr informativen Antworten!

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Hallo @n.freising,

was die Pflicht zur vorherigen Information im Hinblick auf anfallende Gebühren angeht, hier die dazu passenden Stellen aus dem Thread über Gebühren Gebühren - Rechtliches und "Taktisches" :

…nach dem allgemein für Verwaltungsverfahren aller Art geltenden § 25 VwVfG: Danach (wohl insbesondere § 25 I 2) ist die Behörde im Rahmen - d.h. auch und für die Zwecke dieser [IFG-Gebühren - Fragen] insbesondere im Vorfeld eines Verwaltungsverfahrens - gehalten, dem Antragssteller beratend zur Seite zu stehen. Vor dem Hintergrund des Zwecks von Informationsfreiheitsanfragen und den gebührenrechtlichen Modifikationen allgemeiner verwaltungsverfahrenskostenrechtlicher Grundsätze im IFG-Gebührenrecht soll bzw. muss diese Beratung eine ausgewogene Entscheidung des Antragsstellers darüber ermöglichen, ob er das Kostenrisiko eingehen will.

und:

Empfehlung des Beauftragten für Informationsfreiheit

“Es ist empfehlenswert, vorab um die Mitteilung der voraussichtlichen Kosten zu bitten. Die Verwaltungsbehörde muss die Antragstellenden bezüglich der eventuell entstehenden Kosten beraten. So kann es beispielsweise günstiger sein, Akteneinsicht zu nehmen, als eine schriftliche Auskunftserteilung zu beantragen.” (eigene Hervorhebung)

Richtig ist, die Vermittlung durch den BfDI abzuwarten - von ihm kommt schließlich auch die rechtliche Einschätzung, dass die Behörde der Bitte des Antragsstellers um eine Vorabinformation bezüglich Kosten nachkommen muss.

Sollte diese nicht rechtzeitig erfolgen (innerhalb der Widerspruchsfrist), würde ich zu einem Widerspruch raten - meiner Einschätzung nach dürfte der in jedem Fall erfolgreich sein. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, sollte die Klage in jedem Fall Erfolg haben - denn im Anfragetext hast Du ausdrücklich darauf hingewiesen, vorher über die Kosten informiert werden zu wollen - und damit zum Ausdruck gebracht, dass Du erst danach dein “grünes Licht” geben wolltest.
(Die Widerspruchsgebühr dürfte bei 30 Euro liegen, trotz Nr. 5 der Anlage, bisher habe ich bei Bundesbehörden (und im Allgemeinen) nahezu ausnahmslos 30 Euro als Regelsatz gesehen).

Angesichts der Tatsache, dass trotz der Bitte um Vorabinformation die Behörde dieser nicht nachgekommen ist, würde ich eine Erweiterung des Standard - Anfragetextes vorschlagen. Dort sollte meines Erachtens nach § 25 VwVfG sowie die Ansicht des BfDI Erwähnung finden, damit es in Zukunft nicht zu solch unnötigen Gebührenforderungen kommt.

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+1 für Verweis auf § 25 VwVfG sowie Entsprechungen in anderen Bundesländern je nachdem welches IFG/UIG man anwendet. (In der Regel derselbe Paragraph im Landesrecht).

Wenn es hier ein Crowdfunding gibt, wie @fnord vorgeschlagen hat, gibts was von mir dafür.
Ich kann gut verstehen, wenn man nicht klagen möchte. Es hat auch bei mir eine Weile gedauert, bis ich mich da ran getraut habe.
LG

Gute Nachricht: Widersprüche gegen Gebührenbescheide (und nur dagegen, nicht gleichzeitig gegen andere Teile des Bescheids) sind auf Bundesebene kostenlos. Wir melden uns per Mail nochmal zu Einzelheiten - der Verweis auf § 25 VwVfG ist aber auf jeden Fall super, dazu könnte man dann noch über persönliche Umstände im Widerspruch hinweisen. Und in jedem Fall bekommen wir eine Finanzierung hin.

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