Vom angefragten Betrieb eingeladen

Hallo zusammen,

im Rahmen der Drittbeteiligung wurde meine Anfrage/Adresse nach den Hygieneberichten bei einer Gastrokette an deren Rechtsabteilung weitergeleitet. Man lädt mich nun in die Zentrale ein, um mir die Informationen dort in einem Gespräch zu erläutern.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass das keine Taktik ist um dann dem Amt sagen zu können, mein Antrag sei wegen Erledigung abzulehnen.

Ist jemandem sowas mal passiert? Das Schreiben ist freundlich und frei von Drohungen. Nur die Frist ist etwas kurz.

Liebe Grüße

Ich habe auch schon ein Schreiben und eine Einladung von einem angefragten Betrieb erhalten, allerdings ohne eine Frist (Kontrollbericht zu RheinKult, Köln - FragDenStaat). Finde ich auch eher Merkwürdig, auch wenn ich mir kaum vorstellen kann, dass man auf diesem Wege die Auskunft erfolgreich abwürgen kann. Aber mir fällt auch kein wirklich sinnvoller Grund für eine solche Fristsetzung ein.

Ich würde einfach abwarten und mir dann in Ruhe den Bericht anschauen. Danach könntest du dem Betrieb ja immer noch antworten und schauen ob die Einladung auch noch nach der Frist aufrecht erhalten wird.

Das wäre die bessere Vorgehensweise gewesen. Ich hab mich aus Neugier auf ein Online-Meeting eingelassen.

Wie erwartet hatte die Sachbearbeiterin beim Amt bereits 24h später die Zeit gefunden, das Statusupdate seitens des Betriebs zu bearbeiten und mir daher eine Nachricht zu senden, in dem sie mich um Bestätigung des Meetings bat, um dann nach § 4 Abs. 4 S. 2 VIG ablehnen zu können, da ich die Infos ja bereits hätte.

  • Ich habe die Infos nicht, da mir der Bildschirminhalt der Mitarbeitenden des Betriebs nicht angezeigt wurde. Aber selbst wenn:
  • Ich habe die topf-secret Standardklauseln verwendet und daher elektronische Übermittlung beantragt. Davon ist nach § 6 Abs. 1 S. 2 VIG nur aus wichtigem Grund abzuweichen. Wenn das wie hier geplant durchgeht, dann hat der Dritte in der Hand, wie Antragstellenden die Informationen zur Verfügung gestellt werden. Nach einem wichtigen Grund mutet das für mich nicht an. Außerdem:
  • § 4 Abs. 4 VIG lautet „ (4) Ein missbräuchlich gestellter Antrag ist abzulehnen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Antragsteller über die begehrten Informationen bereits verfügt.“ Dem Wortlaut nach entnehme ich, dass sich das auf den Moment der Antragstellung bezieht: „missbräuchlich gestellt“, nicht „missbräuchlich aufrechterhalten“ o.ä. Es kann doch nicht sein, dass es am Verhalten des Betriebs liegt, ob ich rückwirkend missbräuchlich handele oder nicht. Wenn das so klappt, könnte der Betrieb ja, auf die Information des Amtes zur Dritt-Anhörung hin, einfach vorsorglich ohne Abstimmung irgendwelche Dokumente an Antragstellende senden und dann behaupten, der Antrag sei abzulehnen.

Scheinbar behauptet der Betrieb, von technischen Problemen und der sich daraus ergebenden nicht-Bereitstellung der Infos an mich nichts zu wissen. Das ist entweder böse Absicht, oder ein Kommunikationsproblem zwischen Qualitätsmanagement/Regionalleitung (anwesend) und Rechtsabteilung (nicht anwesend).

Ich bin gespannt, wie es weiter geht.

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interessante Taktik… aber ja, ich würde auch weiter argumentieren, dass dir die Informationen (1) nicht vollumfänglich vorliegen und (2) nicht elektronisch

Wenn du magst, kannst du aber auch mal den Betrieb verlinken, und dann frag ich den einfach nochmal an, weil mir liegen die Informationen nämlich noch nicht vor :wink:

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Es geht weiter.

Ohne weiteres Zutun meinerseits und ohne, dass sich nochmal jemand vom Amt auf meine Nachricht hin gemeldet hätte, hat der Betrieb mir Unterlagen geschickt, die wie eigene Zusammenfassungen von Kontrollberichten aussehen, die lt. Überschrift extra für (meinen?) VIG-Antrag zusammengestellt wurden. Sie sind durch den Betrieb kommentiert mit den weiteren Verläufen der jeweiligen Beanstandungen, bspw. inwiefern die Ursachen beseitigt wurden. Es handelt sich also um ein vom Betrieb selbst erstelltes (!) Dokument, das mit den Original-Kontrollberichten nicht mehr viel zu tun hat.

Danach hat sich das Amt wieder gemeldet: Ein anderer Sachbearbeiter ist nun der Auffassung, mein Antrag habe sich aufgrund der Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Betriebs nach § 4 Abs. 5 S. 3 VIG erledigt, da ich die Informationen von diesem erhalten hätte. (Immerhin: Von einer Ablehnung aufgrund Missbrauchs des Auskunftsrecht ist, anders als bei seiner Kollegin zuvor, nun nicht mehr die Rede!)

Ich halte das noch immer nicht für die dem Gesetzeszweck entsprechende Situation. Es soll Transparenz geschaffen werden. Hier wird Misstrauen gesät und Vertrauen verspielt:

  • Es gibt zwar ein Selbsteintrittsrecht nach § 4 Abs. 5 Satz 3 VIG, wie der Sachbearbeiter behauptet. Das gilt aber nach dessen Wortlaut nur in den Fällen des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 6 VIG. In den Kontrollberichten werden aber von den nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Stellen festgestellte nicht zulässige Abweichungen von Anforderungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und des Produktsicherheitsgesetzes festgehalten - das sind Informationen nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 VIG. 1 ist nicht 2 bis 6.

  • Selbst wenn es hier ein Selbsteintrittsrecht gäbe, dann bestünde doch spätestens nach dem veranstalteten Hickhack des Betriebs die Besorgnis, dass der Betrieb die begehrten Informationen nicht vollständig erteilt. Das schließt ein Selbsteintrittsrecht ebenfalls aus (§ 4 Abs. 5 Satz 3 VIG letzte Alternative). Das sollte doch zumindest mal geprüft werden, denke ich, wenn man schon irrigerweise mit einem solchen Recht argumentiert.

  • Zum Selbsteintrittsrecht nach VIG ist wenig abgeurteilt worden, aber immerhin gibt’s eine Einlassung aus Bayern, VG Augsburg, Urteil v. 19.11.2019 – Au 1 K 19.1255. Da heißt es zu dieser Art der Kommentierung der Kontrollberichte, die der Betrieb vorgenommen hat in Rz 36:

“h) Letztlich erweist sich der Bescheid auch deshalb nicht als rechtswidrig, weil der Kläger auf ein Kommentierungsrecht nicht hingewiesen worden sei, da ein solches Kommentierungsrecht aus § 4 Abs. 5Satz 3 VIG dem Kläger nicht zusteht. Dieses Selbsteintrittsrecht ermöglicht es dem Kläger nämlich nicht, zu übermittelnde Informationen zu kommentieren, sondern diese alternativ selbst herauszugeben. Lediglich der Übermittelnde der Informationen kann sich bei Selbstverpflichtung des Lebensmittelunternehmers ändern, nicht jedoch der Inhalt der Auskunft.”

Entweder liege ich schwer daneben, oder ich bin zurecht vom Amt schwer enttäuscht.

Übersehe ich etwas?

also ich finde deine Argumentation sehr überzeugend und das Verhalten der Behörde umso weniger. Ich würde noch ergänzen, dass du gem. § 4 Abs. 5 S. 3 VIG (“es sei denn, der Antragsteller hat nach § 6 Absatz 1 Satz 2 ausdrücklich um eine behördliche Auskunftserteilung gebeten”) auch der Behörde gegenüber darauf bestehen kannst, dass sie dir antworten sollen :slight_smile:

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Danke, das hab ich gemacht um das Trauerspiel zu beenden. Ich verlink das am Ende auch gern hier, möchte aber zunächst vermeiden dass jemand zusätzlich anfragt. Das würde der Betrieb ja sicher sofort dem Amt stecken und da dann wieder irgendein fadenscheiniges Auskunftshindernis draus konstruieren.

So, die Sache ist durch: Es gibt kein Selbsteintrittsrecht, das hat der Sachbearbeiter dann auch telefonisch in einem sehr freundlichen Dialog eingeräumt.
Es gebe aber ein Kommentierungsrecht aus Art. 8 Abs. 5 Buchst. b) der Kontrollverordnung (Verordnung (EU) Nr. 2017/625). Das macht natürlich nur dann Sinn, wenn es etwas zu kommentieren gibt, also wenn man zunächst fälschlicherweise von einem Selbsteintrittsrecht ausgeht. Seis drum, mir gehts ja nicht um den Einzelfall sondern darum, was zu lernen. Und das sieht so aus:

  • Ich wusste überhaupt nicht, dass es ein Selbsteintrittsrecht geben kann.
  • Ich wusste auch nicht, dass in den Fällen, in denen der Betrieb eines hat, ich darauf bestehen kann, dass das Amt dem Betrieb das Recht nicht einräumt (§ 4 Abs. 5 Satz 3 2. Halbsatz 1. Alternative VIG: " es sei denn, der Antragsteller hat nach § 6 Absatz 1 Satz 2 ausdrücklich um eine behördliche Auskunftserteilung gebeten"). Ich kann also auf die Auskunft durch die Behörde bestehen. Meiner Meinung nach sollte die Anfrage-Vorlage darauf eingehen, aus reiner Vorsicht/hilfsweise. Ich sehe keine Vorteile darin, das nicht zu tun. Wie man an meinem Fall sieht, wird man ausschließlich übers Ohr gehauen.
  • Nicht neu, aber immer wieder wichtig sich zu vergegenwärtigen: Im Amt arbeiten Menschen. Menschen machen Fehler. Das VIG ist ein kleines Randgesetz, kaum jemand wird da wirkliche Fachkenntnis haben. Mit ein wenig Recherche ist man schon schlauer als der 0815-Sachbearbeitende.
  • Im Recht des VIG tut sich was. Die Verordnung kannte ich nicht, bin mir nichtmal sicher, dass sie so einfach Anwendung findet wie behauptet. Mir fehlt aber gerade die Zeit, mich damit auseinanderzusetzen.

Hier ist der Link zum Vorgang: Kontrollbericht zu Backwerk, Essen - FragDenStaat Ich könnte mir vorstellen, dass bei anderen Filialen in anderen Zuständigkeitsgebieten als dem des Amtes Essen (wo die Abteilung ja nun vor den Praktiken des Betriebs/der Konzernmutter gewarnt ist,) versucht würde, wieder eine Selbstauskunft anzuleiern und Anfragende damit vom Kurs abzubringen.

Auf meinen initialen Post ist also zu antworten: Der Betrieb versucht, ein Selbsteintrittsrecht/Selbstauskunftsrecht zu erzwingen, das er nicht hat.

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