Rechtsmedizinisches Gutachten -- IFG NRW anwendbar?

Hallo zusammen,

in Bonn wurde vor dem LG Bonn ein abgetrennter Kopf und einen Kilometer entfernt ein dazugehöriger Torso aufgefunden – insgesamt ein sehr makaberer Fall…

Meine Frage, es gibt ein Gutachten der Rechtsmedizin (Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Bonn) zum abgetrennten Kopf, das in lokal- und überregionalen Zeitungen zitiert wird. Kann ich das Gutachten (mit Schwärzung personenbezogener Daten, § 10 Abs. 1 S. 1 IFG NRW) anfragen ?

Der Ablehnungsgrund nach § 6 a) IFG NRW – Beeinträchtigung der polizeilichen Tätigkeit - lässt sich meines Erachtens in diesem Fall ganz leicht entkräften, da bereits alle relevanten Infos des Gutachtens durch diverse Zeitungsartikel einer breiten Öffentlichkeit zugänglich sind. Eine Beeinträchtigung der Polizeiarbeit ist bislang ausgeblieben.

Gruß

Ich denke, dass §6a IFG NRW durchaus zum Tragen kommen könnte, denn

da bereits alle relevanten Infos des Gutachtens durch diverse Zeitungsartikel einer breiten Öffentlichkeit zugänglich sind

ist nur eine Mutmaßung von dir selbst. In der Regel selektieren die Ermittlungsbehörden sehr genau, und manche Informationen werden auch ganz bewusst zurückgehalten, um Täter und Trittbrettfahrer auseinanderhalten zu können.

Davon abgesehen haben die Zeitungen einen presserechtlichen Auskunftsanspruch, der sich unmittelbar aus dem Grundgesetz ableitet, Medien berufen sich i.d.R. nicht auf das IFG. Aber auch den Medien werden nicht alle Informationen zugänglich gemacht - zumindest, solange die Ermittlungen nicht abgeschlossen wurden.

Im Übrigen ist die Polizei nicht verfügungsberechtigt, da die Staatsanwaltschaft Herrin des Verfahrens ist, und auch deren Tätigkeit unterliegt §6a IFG NRW.

Ein Informationszugang nach dem IFG kann daher IMHO -wenn überhaupt- frühestens nach Abschluss des Verfahrens erfolgen.

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Das ist in NRW gänzlich irrelevant. Hat ein Polizist das Gutachten in der Hand, dann ist er informationspflichtig. Unbenommen aber natürlich die Ausnahmetatbestände.

Das sieht im Bund leider (!) anders aus…

Das stimmt, zumindest wenn der Beamte das Gutachten auf dienstlichem Wege erhalten hat (§3). Dann greift in der Regel aber der Ausschlussgrund des §6a, wenigstens so lange, wie das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist. Da die Polizei die Akte nach Abschluss der Ermittlung an die Staatsanwaltschaft zurückgibt, dürften nach Abschluss des Verfahrens bei der Polizei keine anfragbaren Informationen mehr vorliegen.

Und auch bei der Staatsanwaltschaft wird man in die Röhre schauen, denn auch auf diese könnte man §6a anwenden. In der Praxis wird das aber wohl eher selten der Fall sein, um sich mühselige Argumentationen zu ersparen, denn eine Ablehnung nach §6a setzt voraus, dass die Behörde darlegt, inwiefern die Arbeit / Funktionsfähigkeit durch die Kenntnis der Informationen gestört werden würde.
Vielmehr wird sich die Staatsanwaltschaft regelmäßig auf §2 Absatz 2 IFG NRW berufen, wonach Ermittlungsakten (zumindest in OWi- und Strafsachen) grundsätzlich nicht dem IFG unterliegen.

Der spätere Angeklagte darf in seine Akte, die das Gutachten enthalten wird, erst schauen, wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind. Wenn man den Fall wie john.doe auslegt, würde das IFG hier den potentiellen Angeklagten eine Abkürzung bieten. Daher denke ich auch, dass eine IFG-Anfrage frühestens mit Anklageerhebung, eher aber erst nach Abschluss des Gerichtsverfahrens Erfolg haben kann.