PwC-Gutachten zur Maut-Enschädigung

Hey,
ich hab heute Post vom BMVI bekommen. Meine Mitbewohner meinen ja ich korrespondiere mit den falschen Leuten :stuck_out_tongue_winking_eye:

Ich verstehe nicht so ganz warum das Gutachten vollständig nicht zugänglich sein soll. Könnt ihr Nachvollziehen, dass das Geheimhaltungsinteresse höher wiegen soll als das öffentliche Interesse:

Dies wäre für die Interessen des Bundes schädlich, weil hierdurch dem Bund die Vorbereitung von Angriffs- und Verteidigungsmitteln im anhängigen Schiedsgerichtsverfahren über den Betreibervertrag bzw. im bevorstehenden Schiedsgerichtsverfahren über den Vertrag Automatische Kontrolle besonders erschwert und damit die jeweiligen Erfolgsaussichten des Bundes stark beeinträchtigt würden.

Dabei ist auch mit Blick auf den Versagungsgrund nach $ 3 Nummer 4 Variante 2 IFG unerheblich, dass Einzelheiten aus dieser Information bereits in der Presse veröffentlicht worden sind. Zum einen ist die Presseberichterstattung über Einschätzungen des Bundes lediglich eine Wiedergabe Dritter und hat als solche in einem (Schieds)Gerichtsverfahren einen geringeren Beweiswert als die Information selbst. Zum anderen gibt die betreffende Berichterstattung nur einen Teil der Information wieder. Weitere wesentliche Erwägungen des Bundes, die in der angefragten Information enthalten sind, werden nicht veröffentlicht und sind den Betreiberparteien daher weiterhin nicht zugänglich.

Vor diesem Hintergrund stünde eine uneingeschränkte öffentliche Einsichtnahme in die angefragte Information nach wie vor ersichtlich einem fairen Schiedsgerichtsverfahren entgegen, weshalb das Vertraulichkeitsinteresse des Bundes das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegt.

Darüber hinaus finde is es auch extrem komisch, dass ein Informationszugang erst bestehen soll wenn “Sicherheit darüber besteht, dass kein solches Schiedsgerichtsverfahren durchgeführt wird”.

Fällt jemandem sonst gerade noch etwas auf?

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Moin,

das sagen meine Eltern auch regelmäßig zu mir.^^ Nun aber zum Thema.

Ich finde hier die Abwägung schwierig und die Argumentation im großen und ganzen nicht abwegig.
Das BMVI hat zwei Ablehnungsgründe formuliert:
Zum ersten, der Ablehnung wegen der Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens:

Ich finde es nicht abwegig, dass das Gutachten das Verfahren bzw. dessen Ausgang beeinflusst. In einem solchen Gutachten werden typischerweise alle nicht komplett unsinnigen Punkte zusammengetragen, erläutert und bewertet, zumeist für beide Seiten. Wenn das Gutachten für das Verfahren erstellt wurde, ist davon noch eher auszugehen, als sonst schon, dass es auch mögliche Argumentationen der Gegenseite enthält.
Und wenn das Gutachten dann auch noch von einer höheren Schadensersatzsumme ausgeht, als bisher (in der Öffentlichkeit, vlt auch im dortigen Hause) bekannt, dann wäre das ein möglicher weiterer Grund.
Auch, dass über das Gutachten berichtet wurde, hat relativ wenig Folgen, meine ich. Es bringt mir schließlich nichts zu wissen, dass ich einen Anspruch habe, ohne diesen begründen zu können.

Zur zweiten Argumentation, der Ausschluss, weil das Gutachten als VS - Vertraulich eingestuft wurde.
Grundsätzlich sollen als VS - Vertraulich nur Informationen eingestuft werden, “wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder schädlich sein kann” (§2 Abs. 2 Var. 3 VSA). Da könnte etwas dran sein.
Der Bund hat schließlich das Interesse daran, keinen Schadensersatz im hohen dreistelligen Millionenbereich leisten zu müssen (was bei einem Etat von ca. 37 MRD schon über 1,5 % dessen beträgt). Dieses Interesse kann er (wenn er denn dazu verpflichtet ist) nur dadurch umsetzen, dass er davon abhält, Informationen, die dieses Interesse begründen könnten, herauszugeben.

Ein öffentliches interesse sehe ich allerdings als durchaus gegeben an. Das Problem ist nur: Unterlagen, die als Vertraulich klassifiziert wurden, sind vor dem öffentlichen Interesse “imun”, um es mal etwas flapsig auszudrücken. Um dann daran zu kommen, müsste man nachweisen, dass die Einstufung fehlerhaft ist. Vor Gericht gibt es dafür die sog. In-Camera Verfahren, bei denen sich ein Senat des zuständigen OLGs bzw. des BVerwGs die Akten anschaut und entscheiden muss, ob der Geheimhaltungsgrad zurecht gesetzt wurde. Ob der BfDI sich solche Akten ansehen darf, kann ich nicht beantworten.

Aber falls es so kommt ist immernoch das Problem mit dem Gerichtsverfahren.
Der § 3 IFG kennt - anders als der § 5 IFG - keine Interessensabwägung, weshalb man die Gründe aus § 3 als absolute Gründe anerkennen muss. Das heißt: Liegt ein Grund nach § 3 IFG vor, so ist ein begründetes Interesse irrelevant. Man geht davon aus, dass, wenn der Gesetzgeber da ein Abwägung gewollt hätte, er diese im Gesetzestext aufgenommen hätte, weil er es in § 5 gemacht hat.
(auch wenn ich etwas verwirrt bin, weil ich meine, dass es dazu mal eine Entscheidung gab, die etwas anderes sagt, jedoch habe ich die in einer guten halben Stunde nicht gefunden)

Ich finde das überhaupt nicht komisch. Wenn der Bund mit Sicherheit weiß, dass kein Verfahren mehr durchgeführt werden wird, dann hat er kein begründetes Interesse mehr, an der Geheimhaltung des Gutachtens, weil es weder den Interesse zuwieder läuft, noch ein Gerichtsverfahren beeinträchtigt.

Das sind die Punkte, die ich gesehen habe, auch wenn es wohl gerade nicht die sind, die du dir erhofft hast.
Aber es kann natürlich gut sein, dass ich etwas übersehen habe, schließlich bin ich noch lange kein Jurist.^^

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Meinst du vielleicht BVerwG 7 C 21.08, was sagt, dass die Gerichte zu prüfen haben, ob ein formal als Verschlusssache eingestuftes Dokument auch tatsächlich “verschlossen bleiben soll”?

Dort steht im Leitsatz:

  1. Der Anspruch auf Zugang zu einer Information ist nicht allein deshalb nach § 3 Nr. 4 IFG ausgeschlossen, weil die Information formal als Verschlusssache eingestuft ist. Vielmehr kommt es darauf an, ob die materiellen Gründe für eine solche Einstufung vorliegen.

Aber auch das spricht hier, wie du ja dargelegt hast, nicht für eine Herausgabe.

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