Möglichkeiten eines differenzierten Widerspruchs, wenn mehrere Ablehnungsgründe genannt werden

Hallo zusammen,

ich habe hier einen Bescheid für die Ablehnung meines Antrages bekommen: Telematikinfrastruktur 2.0 - FragDenStaat

Gerne würde ich Widerspruch gegen das Argument “besonders schützenswerte
öffentliche Belange nach § 3 IFG” einlegen, (für eine Begründung müsste ich etwas ausholen entlang “security through obscurity is deprecated and against zero trust”).

Allerdings wurde auch noch “§ 4 IFG Schutz des behördlichen Entscheidungspro-
zesses” in den Raum geworfen, wogegen ich schwerer argumentieren kann;

Frage: Wie gehe ich hier vor? Bzw. Kann ich nur Widerspruch gegen einen einzelnen Ablehnungsgrund einreichen? Ist dies zielführend?

Bitte beachten mir geht es aktuell nur noch um den 30-seitigen Stufenplan zur Einführung der TI 2.0. Die Diskussion um die PoC-Software wäre auch spannend, aber meines Erachtens ist die Information zum Stufenplan relevanter und die Gematik an Open Source nicht wirklich interessiert…

Moin,

die gematik muss natürlich konkret sagen, welcher Ausschlussgrund hier gegeben sein soll (und kann nicht einfach abstrakt auf § 3 IFG verweisen). Du könntest also Widerspruch erheben und darum bitten, dass sie mal konkreter begründen sollen welcher Ausschlussgrund vorliegt.

Aber das löst das Problem von § 4 Abs. 1 IFG nicht, weil es reicht ja, wenn ein Ausschlussgrund gegeben ist, damit sie deine Anfrage ablehnen können. Dazu kannst du aber auf unten stehende Rechtsprechung hinweisen.

Und ohne viel von der Thematik zu verstehen kann ich mir schon vorstellen, dass es Gründe geben kann, den Stufenplan nicht rauszugeben (innere oder öffentliche Sicherheit?)… aber einen Widerspruch kannst du natürlich trotzdem probieren! Oder z.B. die Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit um Vermittlung bitten :slight_smile:

LG

Das Schutzgut der behördlichen Beratungen bzw. des behördlichen Entscheidungsprozesses greift nur, wenn tatsächlich eine Entscheidung angestrebt wird (BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2019 – 7 C 34/17 –, juris Rn. 13; BeckOK IFG § 3 Rn. 126).
Ebenso VG Düsseldorf, Urteil vom 16. Januar 2023 – 29 K 4407/20 –, juris, Rn. 77; so auch EuGH, Urteil vom 23.11.2023, C-84/22, Rn. 51. Außerdem dort, dass nur die „Endphase“ der Beratungen geschützt ist.

Da dieser Ausschlussgrund den Zweck verfolgt, die nach außen vertretene Entscheidung einer Behörde nicht dadurch angreifbar zu machen, dass interne Meinungsverschiedenheiten oder unterschiedliche Auffassungen zwischen mehreren beteiligten Stellen veröffentlicht werden, ist jedenfalls für solche Unterlagen ein Zugangsanspruch in der Regel nicht ausgeschlossen, die weder interne Meinungsverschiedenheiten noch unterschiedliche Auffassungen innerhalb einer Behörde oder zwischen verschiedenen Behörden erkennen lassen.“

(Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26. November 2013 – 8 A 809/12 –, juris, Rn. 64)

sowie

Zweck der Bestimmung ist es, die nach außen vertretene Entscheidung einer Behörde nicht dadurch angreifbar zu machen, dass interne Meinungsverschiedenheiten oder unterschiedliche Auffassungen zwischen mehreren beteiligten Stellen veröffentlicht werden. Das Prinzip der Einheit der Verwaltung soll dazu führen, dass staatliche Maßnahmen nicht als Entscheidung einer bestimmten Person oder einer Organisationseinheit, sondern als solche des Verwaltungsträgers wahrgenommen werden. Aufgrund dessen ist zwischen den Grundlagen und Ergebnissen der Willensbildung auf der einen Seite und dem eigentlichen Prozess der Willensbildung zu unterscheiden. Der Ausschlussgrund greift deshalb nur für Anordnungen, Äußerungen und Hinweise ein, die die Willensbildung steuern sollen. Soweit hingegen der Inhalt der Entscheidung betroffen ist, wie etwa bei der Mitteilung von Tatsachen oder Hinweisen auf die Rechtslage, ist dies nicht als ein Teil des Willensbildungsprozesses anzusehen mit der Folge, dass die Voraussetzungen des Ausschlussgrundes nicht vorliegen.“

(Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. November 2006 – 8 A 1679/04 –, juris, Rn. 106)

In der Sache ebenso BVerwG, Urteil vom 30. März 2017 – 7 C 19/15 –, juris Rn. 20; BVerwG, Urteil vom 2. August 2012 – 7 C 7/12 –