HmbTG: Behörde will keinen Kostenvoranschlag mehr erstellen

Moin,

bei der Durchsicht einiger Anfragen fiel mir auf, dass die (grün-geführte) Behörde für Verkehr und Mobilitätswende in Hamburg bei HmbTG-Anfragen keine Kostenprognose mehr abgibt. Entweder, man gibt Anschrift und Zusage einer pauschalen Kostenübernahme bei eventuell anfallenden Gebühren ohne Kostendeckel, in Hamburg also bis zu 600 Euro - oder die Anfrage wird gar nicht mehr bearbeitet.

Das scheint selbst bei Anfragen zu laufen, die sich auf Unterlagen beziehen, die regelmäßig aktualisiert werden und bei denen ältere Versionen bereits als “einfache Anfrage” kostenfrei herausgegeben wurden.

Gibt es solche Entwicklungen auch anderswo?

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Moin,

da hast du leider Recht. Der Text hat sich von

“Möglicherweise entstehen erneut für die Bearbeitung dieser Anfrage Gebühren nach der Gebührenordnung für Amtshandlungen nach dem HmbTG. In diesem Fall werden wir Ihnen hierüber vor Beantwortung einen Hinweis geben, nach Möglichkeit auch über deren Höhe. Sollten Sie anschließend den Antrag aufrechterhalten, benötigen wir für die spätere Zustellung des Gebührenbescheids auf dem Postweg Ihren vollständigen Namen und Ihre aktuelle Meldeanschrift. Diese haben Sie uns freundlicherweise bereits im Antrag mitgeteilt.” [bis Anfang des Jahres]

in folgende Fassung geändert:

“Gebührenhinweis:
Sollten die gewünschten Unterlagen/ Informationen hier vorhanden sein, werden für die Bearbeitung Ihrer Anfrage, je nach Bearbeitungsaufwand, voraussichtlich Gebühren nach der Anlage der Gebührenordnung für Amtshandlungen nach dem HmbTG (HmbTGGebO) anfallen. Hiermit erklären Sie sich durch Ihre Antragstellung einverstanden.
Sollten Sie mit einer möglichen Gebührenerhebung nicht einverstanden sein, haben Sie die Möglichkeit, Ihren HmbTG- Antrag vor der Bearbeitung noch zurück zu ziehen. Bitte informieren Sie uns in diesem Falle bis zum xx.xx.xxxx über Ihre Antragsrücknahme. Ansonsten gehen wir mit Ihrem Antrag auch von Ihrem Einverständnis hinsichtlich einer möglichen Gebührenerhebung aus.
Bitte nennen Sie uns hierfür ebenfalls bis xx.xx.xxxx unbedingt noch Ihre aktuelle Meldeadresse, da ein Bescheid auf dem Postweg zugestellt wird. Vielen Dank.” [Neuerdings]

Nach § 11 Absatz 2 Satz 2 HmbTG muss die auskunftspflichtige Stelle die Antragsteller:innen beraten. Zu dieser Beratung gehört meines Erachtens auch die voraussichtliche Gebührenhöhe, z.B. als Spannbreite 200-300€ oder 250€ als “Endpreis”, wobei es immer geringfügige Abweichungen nach oben bzw. unten möglich ist.

Nach dem neusten Urteil aus Münster dürfte die Formulierung teilweise rechtswidrig sein, weil die (Melde)Adresse erhoben und verarbeitet wird, obwohl noch unklar ist, ob Gebühren tatsächlich anfallen.

Ich habe mal eine HmbTG-Anfrage gestellt, wo ich die Kommunikation und Unterlagen zur Änderung des Gebührenhinweises bekomme. Gleichzeitig habe ich auch eine Beschwerde formuliert, welche natürlich nicht von der HmbTG-Anfrage umfasst ist.

Liebe Grüße
Kris

Eine stillschweigende Einwilligung in irgendwas gibt es juristisch nicht, auch wenn Leute immer wieder versuchen, einem irgendwas unterzuschieben. Also wenn man einen IFG-Antrag stellt, ohne eine Kostenübernahme zu erklären, dann kann einem das Amt keine solche Erklärung andichten. Wenn es die Anfrage ohne Kostenübernahmeerklärung beantwortet, würde ich die Zahlung der Gebühr verweigern.

Die Idee einfach nicht zu zahlen halte ich doch für relativ gefährlich.
Es ist eben mittlerweile bei Behörden unüblich, vorher um Einwilligung zu bitten (ich wäre mir auch nicht bewusst, auf welcher Grundlage ein Kostenvoranschlag erstellt werden müsse). Auf Bundesebene ist der obige Fall auch relativ beliebt. Bspw. das Bundeskanzleramt und das Auswärtige Amt bitten auch nicht um Einwilligung.

Welche Gefahr siehst du?

Die Behörde wird weitere Schritte einleiten das du am Ende zahlst.
Ich sehe keinen Grundsatz für ein Recht auf einen Kostenvoranschlag. Mir wäre auch kein Widerspruch bewusst, in welchem der Antragsteller am Ende in einem solchen Fall siegte.

Natürlich habe ich kein Recht auf einen Kostenvoranschlag, ich habe aber auch keine Pflicht, auf E-Mails von der Behörde zu reagieren. Wenn ich kein Einverständnis für die Kostenübernahme gebe und die Behörde trotzdem Informationen herausgibt, ist das nicht meine Schuld. Der Anfragetext von FDS ist eigentlich recht klar dahingehend formuliert, dass der Anfragesteller kein implizites Einverständnis zur Übernahme von Gebühren gibt.

Die Sache ist die, dass solche Fragestellungen von Gerichten immer “aus der Sicht des verständigen Bürgers” ausgelegt werden.

Und da im Gesetz unmissverständlich steht, dass für dem Bürger zuzurechnende Verwaltungsleistungen Gebühren zu zahlen sind, dürfte selbst für den unverständigsten Bürger klar sein, dass ein Antrag auf Verwaltungshandeln u.U. Gebühren auslöst, sobald er diesen einreicht.

Ich sehe hier für den Bürger schlechte Karten, wenn er sich hier tot stellt, zumal die meisten Körperschaften direkt vollstreckbare Leistungsbescheide erstellen dürfen.

Da die Gebühren nicht abschreckend und hinderlich für den Bürger sein dürfen, ist das Interesse des Bürgers auch vom Gesetzgeber zumindest grob gewahrt bzw. muss dann im Einzelfall einer gerichtlichen Prüfung unterzogen werden.

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Ich lese gerade im Jahresbericht 2021 des Berliner Beauftragten für Informationsfreiheit:

Alle Anträge enthielten die ausdrückliche Bitte des Antragstellers an die BVG, dass
sie ihn vorab über den voraussichtlichen Verwaltungsaufwand sowie die voraussicht-
lichen Kosten für die Akteneinsicht oder Aktenauskunft informiert. Dieser Bitte wurde
nicht entsprochen: Die BVG erteilte die gewünschten Auskünfte und setzte hierfür
zugleich jeweils eine Gebühr in Höhe von 10,00 Euro fest. Die Bitte um Kostenvor-
abinformation hatte sie als unzulässige Bedingung eingestuft; denn aufschiebend
bedingte Anträge seien nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
(BVerwG) unzulässig.
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Der Petent wandte sich deshalb hilfesuchend an uns.
Zwar sieht das IFG keine Pflicht vor, eine antragstellende Person über die voraussicht-
lichen Kosten zu informieren. Dennoch ist ein Übergehen dieser ausdrücklichen Bitte
einer antragstellenden Person als rechtswidriges Verhalten einzustufen. Denn damit
hat die BVG gegen § 242 BGB (Leistung nach Treu und Glauben) verstoßen, der im öf-
fentlichen Recht entsprechend gilt. Danach ist der Schuldner verpflichtet, die Leistung
so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Die Festsetzung auch einer nur geringen Gebühr von jeweils 10,00 Euro änderte daran
nichts.

Jahresbericht 2021

Interessanter Ansatz des Berliner Beauftragten für Informationsfreiheit. Aber auch dieser sagt:

Da die BVG an ihrer Auffassung festhielt, mussten wir dem Petenten mitteilen, dass er
die strittige Frage nur noch gerichtlich klären lassen kann.

Mir wäre kein solches Urteil bewusst. Und bis dies gerichtlich geklärt wurde, gilt weiterhin der Grundsatz das eine Antragstellung unter Bedingungen nicht möglich ist im IFG.