Grundbuchkopien bei Behörde - Grundbuchordnung als besondere Rechtsvorschrift?

tl;dr: Sperrt § 12 der Grundbuchordnung auch den Informationszugang zu jeglichen Kopien von Grundbuchauszügen, die einer Behörde für ihre eigenen Grundstücke und Verwaltungstätigkeiten bereits vorliegen?

Das spannende am IFG ist, dass auch von Seiten der Behörden immer wieder interessante Rechtstheorien aufgeworfen werden.

Dem geübten Antragsteller ist sicherlich bekannt, dass es viele Gesetze gibt, die einen IFG-Zugang sperren können. Das liegt daran, dass viele Länder-IFGs und das Bundes-IFG eine Klausel haben, die besagt, dass “besondere Rechtsvorschriften” (§ 4 IFG NRW) oder “andere Rechtsvorschriften” (§ 1 IFG) Vorrang haben.

Eine dieser Vorschriften ist - ohne jeden Zweifel - die Grundbuchordnung (GBO). Diese regelt im § 12 GBO die Einsichtnahme beim Grundbuchamt (quasi immer das Amtsgericht). Diese ist nur mit “berechtigtem Interesse” gestattet und daher ist ein IFG-Antrag beim Grundbuchamt für eine allgemeine Einsichtnahme in das Grundbuch nicht möglich.

Jetzt hat der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB NRW) meinen Antrag auf Zusendung der aktuellsten beim Amt vorhandenen Kopie für ein Grundstück abgelehnt, das vorher in ihrem Besitz war. Begründung:

Soweit besondere Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen, die Auskunftserteilung oder die Gewährung von Akteneinsicht bestehen, gehen sie den Vorschriften des Informationsfreiheitsgesetzes NRW (IFG NRW) vor.
Die besonderen Rechtsvorschriften bestehen hier in den §§ 12 und 131 der Grundbuchordnung (GBO). Insoweit besteht meine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit fort, sodass ich Ihnen die gewünschten Informationen nicht erteilen darf.

Vermutlich gemeint dürfte § 132 GBO sein:

Die Einsicht in das maschinell geführte Grundbuch kann auch bei einem anderen als dem Grundbuchamt gewährt werden, das dieses Grundbuch führt. Über die Gestattung der Einsicht entscheidet das Grundbuchamt, bei dem die Einsicht begehrt wird.

Kann das sein? Sperrt § 12 der Grundbuchordnung auch die Einsichtnahme jeglicher Kopien von Grundbuchauszügen, die einer Behörde für ihre eigenen Grundstücke vorliegen?


Meine Argumentation hier ist, dass eine Zusendung von vorhandenen (evtl. veralteten) Kopien nach dem IFG NRW überhaupt keine Einsichtnahme in das Grundbuch nach § 12 GBO darstellt.

Zunächst einmal gilt die GBO für die Grundbuchämter und stellt z.B. keine Vertraulichkeitsvorschrift für andere Behörden über ihre eigenen, vorhanden Kopien dar.

Der angefragten Behörde liegt auch gar nicht das Grundbuch selbst vor, in das sie Einsicht gestatten könnte. Es handelt sich m.E. lediglich um eine Kopie/Abschrift aus dem Grundbuch.

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hey,

spannende fragestellung;
zunächst einmal, ick verstehe den §131 gbo so, dass du auch in einem amtsgericht in flensburg in das elektronische grundbuch einsicht nehmen darfst, wenn es dir das amtsgericht bad driburg gestattet…

ick denke ma, dass du mit dem ifg nicht die spezialvorschrift gbo umgehen kannst - insbesondere im hinblick auf deine wortwahl “vollständige Grundbuchauszüge” - auch wenn du ‘nur’ (veraltete) kopien haben willst; in dem zusammenhang würd’ ich auch den erwähnten §131(, abs. 2) gbo lesen: die blb nrw ist dazu nicht berechtigt und/oder du müsstest auch ein berechtigtes interesse nachweisen, ansonsten würde ja das gbo ausgehebelt (nachweis berechtigtes interesse); siehe dazu auch hier, aus dem bericht des berliner beauftragten für datenschutz und informationsfreiheit, jahresbericht 2013, s. 192/193:

https://www.datenschutz-berlin.de/infothek-und-service/veroeffentlichungen/jahresberichte/

welche informationen willst du denn den grundbuchauszügen entnehmen? wenn du die gewünschten informationen benennen kannst, ist es evtl. möglich die informationen gezielt (auch bei anderen ämtern/verwaltungsstellen) abzufragen/einzufordern, ohne offizielle kopien aus dem grundbuch zu verlangen. siehe dazu auch hier die infos zum aufbau des grundbuchblatts (grundbuchauszug):

https://cloud.gemeinwohl.berlin/s/NxXsZTp3ZQRtFxL

steffi spitze

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Danke für deine Antwort.

Ich habe zwischenzeitlich noch zum § 132 GBO recherchiert und es scheint dabei tatsächlich um z.B. andere Amtsgerichte oder explizite andere Behörden zu gehen, die in das Grundbuch (und das heißt das gesamte Grundbuch - also alle Grundstücke des Grundbuchbezirks) sehen können.

So § 79 Abs. 3 Grundbuchverfügung (GBV):

Die Einsicht nach Absatz 1 oder 2 kann auch durch ein anderes als das Grundbuchamt bewilligt und gewährt werden, das das Grundbuchblatt führt. Die für diese Aufgabe zuständigen Bediensteten sind besonders zu bestimmen.

Sie dürfen Zugang zu den maschinell geführten Grundbuchblättern des anderen Grundbuchamts nur haben, wenn sie eine Kennung verwenden, die ihnen von der Leitung des Amtsgerichts zugeteilt wird. Diese Form der Einsichtnahme ist auch über die Grenzen des betreffenden Landes hinweg zulässig, wenn die Landesjustizverwaltungen dies vereinbaren.

Der Berliner BfDI sagt ja (und das ist nichts neues): “Die Akteneinsicht in das Grundbuch richtet sich allein nach der Grundbuchordnung, die dem IFG als bundesrechtliche Spezialvorschrift vorgeht.”

Jedoch ist der Knackpunkt, ob eine Akteneinsicht in eine Abschrift eines Grundbuchblatts eben auch durch die GBO kontrolliert bzw. gesperrt wird. Dazu sagt diese aber nichts. Der § 132 GBO scheint ja (so ließt es sich jetzt nach Sichtung der GBV umso mehr) nur die Einsichtnahme in das Grundbuch (bei anderen, ganz bestimmten Ämtern z.B. per Fernzugriff) und nicht in Abschriften in anderen Ämtern zu regeln. Das sind dann wohl in aller Regel einfach andere Grundbuchämter - wie du es ganz schön illustriert hast.

Dafür spricht auch BT-Dr. 12/5553, S.185 (Registerverfahrenbeschleunigungsgesetz — RegVBG)

image

Im gewissen Sinne wäre dann ja tatsächlich das Grundbuchamt über diese juristische Abkürzung ausgehebelt, wenn das IFG greifen würde. Aber auch nicht so wirklich.

Vielleicht ganz kurz, wieso:

  1. Nur Behörden unter dem jeweiligen Landes/Bundes-IFG wären betroffen, nicht alle Abschriften von Grundbuchblättern, die irgendwo existieren.
  2. Nur Abschriften wären betroffen - die können z.B. beliebig veraltet sein und müssen explizit auf Anfrage vom Grundbuchamt für den Eigentümer/Rechteinhaber erstellt werden
  3. Personenbezogene Daten von Dritten (Vorbesitzer/Nachbesitzer Privatpersonen) etc. sind i.d.R. in allen IFGs geschützt und müssten geschwärzt werden.
  4. Grundbuchämter bzw. die Einsichtnahme in das Grundbuch selbst ist nicht betroffen, weil die GBO vorrangig ist und diese abschließende bundesgesetzliche Regelung auf Einsichtnahme wohl immer vorrangig sein wird.

Aber ganz einfach ist die Frage natürlich jetzt nicht - sonst würde ich sie auch nicht hier teilen. Ich will nur darauf hinweisen, dass es auch weitere Registerauszüge gibt, die bei Bestand der Rechtstheorie des BLB NRW dann vollständig gesperrt wären.

Das wären Baulastenverzeichnisauszüge, die das Amt erhält. Oder Wasserbücherauszüge. Straßenverzeichnisauszüge. Auszüge der Denkmalliste.

Ich bin gespannt, was der Rest der Forums-Expertise noch zur Sache meint. Das Thema der “besonderen Rechtsvorschrift” wurde auch bereits durch @alvaro.zoder hier durchleuchtet:

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Nachtrag, die 2.:

Es findet sich mit dem Stasi-Unterlagen-Gesetz (StUG) ein Beispiel, dass zeigt, wie eine Vorrangregelung auch bei Kopien ausgeprägt sein kann.

Hintergrund ist natürlich, dass Stasi-Unterlagen extrem sensible Überwachungsdaten enthalten können. Das Gesetz regelt daher explizit die Verwendung von “Stasi-Unterlagen” und definiert dabei Unterlagen auch als deren Kopien.

Die Sperrwirkung wird dann durch § 4 Abs. 1 StUG entfaltet:

Öffentliche und nichtöffentliche Stellen haben nur Zugang zu den Unterlagen und dürfen sie nur verwenden, soweit dieses Gesetz es erlaubt oder anordnet.

Dies steht hier m.E. dann im Gegensatz zu Gesetzen, die die Einsichtnahme in Register (Grundbuch etc.) regeln. Diese Gesetze schränken soweit mir bekannt ist in keinem Fall die Nutzung von Kopien ein bzw. beziehen sich überhaupt auf sämtliche “öffentliche Stellen” wie es das StUG tut.

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Hi,
da ist spannend, was die Landesbeauftragte sagen wird. Ich vermute mal, die wird erstmal der allgemeineren Regelung zustimmen. Auch wenn nicht direkt, dann ist die Einsicht zumindest indirekt anzunehmen. Sie wird argumentieren, das es so wohl auch durch den Gesetzesgeber intendiert war. Da wird man wohl um einen Prüfung durch ein Gericht nicht herum kommen.
Eventuell ist da erfolgspversprechender, sofern es nicht um den Grundsatz geht, einfach ein Interesse darzulegen. Ich halte eine private wissenschaftliche Forschung, die jeder anderen wissenschaftlichen Forschung gleichgestellt ist, durchaus für berechtigt.
LG

Ein wenig kenne ich mich mit dem Grundbuchrecht aus. Eine Einsicht beim Amtsgericht ist aus den von dir genannten Gründen m.E. nicht möglich. Theoretisch geht es noch als Presse mit nachzuweisendem Interesse an einer spezifischen Berichterstattung.

Vorrangig kannte ich bisher nur im Kontext, dass aufgrund anderer Einsichtsrechte, die häufig begrenzter sind, bei der Behörde selbst die Informationen einzusehen sind oder eben nicht. Zum Beispiel bei Geheimhaltungsvorschriften, die abschließend sind. Das Beste Beispiel tatsächlich das StUG, wo Kopien explizit geheim zu halten sind.

Mich würde das (nach der ganzen Recherche) wundern, wenn die LDI da der Behörde zustimmt. Aber ich lag mit solchen Einschätzungen vor allem beim BfDI in letzter Zeit öfter falsch.

Ich bin da sehr gespannt.

Vielleicht noch am Rande: Falls die GBO auch für Kopien bei Behörden eine vorrangige Vorschrift wäre. Mehr noch: Eine Geheimhaltungsvorschrift wäre. Dann dürften Behörden niemandem - nicht einmal Kaufinteressenten von Grundstücken der Stadt o.ä. - die Kopien zeigen. Es müsste alles - jede Einsicht in Grundbuchauszüge - immer über das Grundbuchamt laufen.

hallo leute,

so grundsätzlich kann ick apoly nur zustimmen, es ist sehr schwierig, grundbuchauskunft oder -einsicht zu bekommen, es braucht zwingend ein berechtigtes interesse. grundsätzlich ist es aber der presse erlaubt, ins grundbuch zu kieken (hab’ ick selba schon diverse male jemacht) - geregelt ist das in den jeweiligen landespressegesetzen (meist § 3 oder 4 “informationsrechte der presse”).

allerdings gibts es wohl auch wissenschaftliche gründe für anträge auf einsicht ins grundbuch:

Ein berechtigtes Interesse „kann rechtlicher, wirtschaftlicher, tatsächlicher, öffentlicher oder wissenschaftlicher Natur sein“ (BeckOK, GBO, § 12, Rdn.3)

https://blog.wawzyniak.de/die-sache-mit-der-grundbucheinsicht/

in dem artikel hier, letzter absatz, steht, dass eine brandenburger behörde zu studienzwecken eigentümerdaten zur verfügung gestellt hat:

https://www.nd-aktuell.de/artikel/1152793.mietwahnsinn-milliardenwerte-in-der-anonymitaet.html

aber abgesehen davon, dass die daten nicht (direkt) vom amtsgericht kamen, kann ick mir auch nicht vorstellen, dass eine private wissenschaftliche forschung als legitimes berechtigtes interesse gewertet und einsicht gestattet würde;

wie auch immer, is viel spekulation hier jetze dabei, ick find’s spitze, dass die anfrage von @Apoly läuft…

übrigens, falls wer von euch regelmässig im internet journalistische arbeiten verfasst /bloggt, kann auch probieren, anträge auf auskunft und/oder einsicht ins grundbuch zu stellen, ein presseausweis ist nicht immer notwendig (siehe absatz: "grundsätzlich haben auch freie journalisten einen auskunftsanspruch):

blöd ist natürlich, dass es nicht über’s ifg läuft, also nur ein bestimmter personenkreis diese auskunftsrechte nutzen kann (was allerdings im hinblick auf datenschutz/informationelle selbstbestimmung - einsehbare informationen in den grundbuchakten auch nachvollziehbar ist); es bräuchte eher ein öffentliches grundstücksregister oda so, in dem die eigentümer verzeichnet sind.

als letztet, ick bin ja neu hier, für euch zur info, womit ick mich so beschäftige, meine letzte (und 2. ifg-anfrage)

ick bräuchte für diese anfrage eigentlich auch noch support, schaffe dit jetze aba inna woche nich, ne finanzierung für ne klage vor dem verwaltungsgericht zu stemmen…

dennoch, falls sich hier leute mit “betriebs- und geschäftsgeheimnissen” in bezug auf grundstücksdaten von immobilienfirmen beschäftigen, würd’ ick mich über ne kontaktaufnahme freuen…

ick breite zudem gerade ne weitere anfrage vor, die darauf abzielt, alle grundstücke, die sich im besitz von berliner landeseigenen firmen/fonds befinden, zu veröffentlichen…

sorry für das abschweifen,
habts schön,
steffi.

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Dieser Thread ist sehr spannend. @Apoly , deine Ausführungen zu GBO und 1 III IFG haben in mir das Interesse geweckt, mich nochmal mit dem Thema auseinanderzusetzen. Ich werde die Tage ein paar Recherchen machen und mich melden.

@steffi_spitze Auch dein Fall (und dein Rechercheinteresse) finde ich sehr spannend.
Ich bin Teil des ehrenamtlichen Teams bei FDS und unterstütze als Jurist bei solchen Fragen.
Wenn für Dich überhaupt noch in Betracht käme, zu klagen: wann wurde der vom 17.6. datierende Widerspruchsbescheid dir zugestellt (es müsste auf einem gelben Briefumschlag stehen)?

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hey alvaro,

24.06.21 war das zustelldatum; ick war im urlaub und dit wird jetze nen bissel enge, zumal ick och noch keine gegenargumentation geschrieben habe… ich hab’ leider auch keine ahnung von den voraussichtlich enstehenden kosten. kann ick denn auch ne klage einreichen und ne argumentation später liefern?

ansonsten isses aba auch nich so schlimm, wenn’s jetze nich mehr klappt… zwar gehts mir schon ums grundsätzliche, also die herausgabe von adressen privater immobilienfirmen/-fonds, ick kann aba auch nochmal eine neue anfrage stellen und dann den klageweg bestreiten…

grüße,
steffi

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Um meine Einschätzung vorwegzunehmen: Ich denke, dass von der Sperrwirkung auf jeden Fall auch Kopien erfasst sind. Andernfalls würden ja gerade Sinn und Zweck der Regelungssystematik § 1 III / GBO unterlaufen - es geht ja darum, sensible u. a. personenbezogene Daten (v. a. aus den Abteilungen 2 und 3 des Grundbuchblatts) zu schützen. Dabei ist es aufgrund der Natur von Informationen und in digitalen Zeiten unerheblich, ob es sich um eine Kopie handelt.

In diesem Zusammenhang würde ich gleich § 7 I 1 IFG mit ins Spiel bringen - und die dort erwähnte “Verfügungsberechtigung”. Vor dem Hintergrund der grundsätzlichen (und für das gesamte Registerrecht, soweit dort für ein Auskunft ein “berechtigtes Interesse” gefordert wird, geltenden) Sperrwirkung der GBO dürfte grundsätzlich - aufgrund der funktionell-organisatorischen Zuweisung der Entscheidungskompetenz für Entscheidungen nach § 12 GBO an die Grundbuchämter - einer anderen Behörde die Verfügungsberechtigung über Informationen fehlen, über deren Zugang nach der Systematik § 1 III / § 12 GBO gerade das Grundbuchamt entscheiden soll. Insofern wird dem Grundbuchamt alleine die Kompetenz (und das “Knowhow”) zugesprochen, zu befinden, ob ein “berechtigtes Interesse” vorliegt.
(Nur zur Wiederholung und Klarstellung mit Blick auf das im Thread zu § 1 III Gesagte: Selbst wenn es § 1 III in der Form nicht gäbe, bestünde weiterhin nach dem lex specialis - Grundsatz eine Sperrwirkung überall dort, wo - dann allerdings durch Gerichte - die Entscheidung getroffen würde, dass ein Spezialgesetz vorliegt - dies wäre bei der GBO wegen dem in § 12 GBO geforderten Interesse definitiv der Fall).

In der Kommentierung bei Schoch habe ich - jetzt wieder auf § 1 III bezogen - gelesen, dass es für die Frage der Sperrwirkung nicht darauf ankommt, inwiefern bei Drittbetroffenheit des Auskunftsanspruchs deren Interessen durch Schwärzungen etc. Rechnung getragen werden könnte.
Selbst wenn also die Voreintragungen in einem Grundbuchblatt (zB ehemalige Eigentümer etc.) geschwärzt werden könnten, würde das nichts an der Sperrwirkung ändern.

Ich denke, diese Argumentationslinie ist zu formalistisch bzw. wortlautorientiert. Richtiggehende Kopien von Registerauszügen sind mE in jedem Fall erfasst. Auch die Tatsache übrigens, dass in anderen Gesetzen (später erwähnst Du das StUG) Kopien ausdrücklich erwähnt sind, kann nicht im Umkehrschluss bei Gesetzen, in denen das nicht der Fall ist, dafür angeführt werden, dass Kopien nicht erfasst sein sollen von einer - grundsätzlich anerkannten - Sperrwirkung durch das Fachrecht. Gerade im Registerrecht kommt die Besonderheit hinzu, dass es eine lange Historie hat - gerade bei älteren Gesetzen lassen sich nicht so ohne Weiteres aus dem Fehlen bestimmter Begriffe/Formulierungen, wie sie in heutigen Gesetzen (und nach dem Zustandekommen des IFG sich ggf. dazu ins verhältnis setzenden Gesetzen) normiert sind, bestimmte Schlussfolgerungen treffen.

Ich stimme mit Steffi überein. die §§ 126 ff. dienen im Grunde nur – wie ich aus dem Online-Kommentar der GBO herausgelesen habe – der Modernisierung der Grundbuchsdatenverwaltung, eben auch bezogen auf die Modalitäten der Auskunft. § 131 I dürfte tatsächlich den Fall betreffen, dass man bei einem anderen Registergericht den Antrag stellt als demjenigen, das darüber verfügt. Ob das auch länderübergreifend gilt, hängt sicherlich von Vereinbarungen zwischen den Ländern ab, da das Grundbuchsregisterrecht Ländersache ist.

An dieser Stelle will ich, da es sich wegen § 131 II anbietet, kurz vorgreifen, was die Anfrage von Steffi angeht – was im Grunde aber sämtliche Informationsbegehren betrifft, die darauf abzielen, aggregierte / zusammengestellte Informationen zu Eigentumsverhältnissen in Erfahrung zu bringen (nicht zuletzt im Zuge der Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ sehr interessant, aber das lässt sich sicher in einem anderen Kontext später noch aufgreifen):

Der 2013 eingeführte § 131 II gibt mit dem Begriff „grundbuchblattübergreifende Auswertungen“ einen Hinweis darauf, dass das Grundstücksregisterrecht noch sehr archaisch zu funktionieren scheint – und die Ermächtigung an die Landesregierungen lässt auch die rechtspolitische Bestrebung erkennen, das Grundstücksregisterrecht zu verbessern, denn: Ein Grundbuchblatt, so verstehe ich es nach einer allerdings erstmaligen Orientierung in dieser Rechtsmaterie, bezieht sich zunächst nur auf ein Grundstück und enthält Informationen zu den dinglichen Rechten an ebenjenem Grundstück. Wenn nun „grundbuchblattübergreifende Auswertungen“ – programmatisch – in Aussicht gestellt werden, dann liegt erstmal nahe, dass solche grundstücksübergreifenden Auskünfte gegenwärtig noch gar nicht möglich sind, wahrscheinlich auch informationstechnisch nicht möglich sind.

Wenn man sich nämlich die Gesetzesbegründung zum 2013 neu eingeführten § 131 II durchliest, erfährt man, dass der Gesetzgeber spezielle Antragsteller im Blick hatte, denen er eine erleichterte Auskunft ermöglichen wollte (BT- Drs. 17/12635, S. 22): Energieversorgungsunternehmen, die in Erfahrung bringen wollen, an welchen Grundstücken sie Leitungsrechte haben.

An dieser Stelle auch ein Hinweis, was die Darlegung des „berechtigten Interesses“ angeht: Letzteres wird nämlich, wie ich gelesen habe, bei bestimmten Berufsgruppen/Akteuren vermutet, zB Notaren, Kreditinstituten, Energieversorgungsunternehmen…

Kurzum: Die Möglichkeit der „blattübergreifenden Information“ = grundstücksübergreifenden Information scheint also – noch – programmatischen Charakter zu haben.

Um den Bezug zu Deiner Anfrage herzustellen, Steffi: Im Grunde geht es Dir ja um solche aggregierten Informationen, wenn Deine Anfrage darauf gerichtet ist, die Immobilienbestände von X im Stadtgebiet Berlin bei den Bauämtern/Bezirksverwaltungen zu erfragen, auch wenn Du dabei an §§ 24 BauGB anknüpfst. Ich habe Dein Informationsziel auf das Grundstücksregisterrecht übertragen und mich gefragt, inwiefern eine solche Auskunft einem Registergericht (ist ja immer das Amtsgericht) – rein technisch gesehen – bezogen auf den eigenen Amtsgerichtsbezirk Stand heute möglich wäre…

Vielleicht kannst Du, Apoly, der Du dich etwas mit dem Grundbuchrecht auskennst, dazu etwas sagen, also deine Einschätzung zu der informationstechnischen Möglichkeit einer strukturellen Erfassung von Grundstücks-/Eigentümerdaten? Ich weiß, dass es wiederum Bestrebungen gibt, ein bundeseinheitliches „Datenbank-Grundbuch“ zu schaffen, bei dessen Verwirklichung solche Informationszusammenstellungen sicherlich leicht möglich wären.

Aber nun zurück zum Gegenstand deiner Anfrage und deinen Fragen, die sich ja nur auf ein Grundstück beziehen…

welche informationen willst du denn den grundbuchauszügen entnehmen? wenn du die gewünschten informationen benennen kannst, ist es evtl. möglich die informationen gezielt (auch bei anderen ämtern/verwaltungsstellen) abzufragen/einzufordern, ohne offizielle kopien aus dem grundbuch zu verlangen. siehe dazu auch hier die infos zum aufbau des grundbuchblatts (grundbuchauszug):
[/quote]

Ich denke auch, dass hier eine Konkretisierung der begehrten Informationen hilfreich sein könnte – denn auch ich frage mich, wo es sich ja um die Übertragung von Eigentum vom Land NRW an eine Gemeinde geht, welche Informationen Du gerne einsehen willst…
Aber vielleicht geht es Dir hier auch mehr ums Grundsätzliche, daher weiter im Text…

  1. Im Grunde wären das sämtliche Behörden, weil es fast überall mittlerweile ein IFG gibt.
  2. Derjenige, dem Einsicht gewährt wird nach § 12 GBO, kann nicht - auch nicht, wenn er eine Behörde ist - einfach pauschal die Verfügungsbefugnis über den gesamten Auszug bekommen, denn es können Daten über Dritte enthalten sein, die dem Einsichtsberechtigen, aber nicht einer unbegrenzten Zahl an Menschen zugänglich gemacht werden dürfen.
  3. knüpft an zwei an: Die Schwärzung soll ja gerade in funktional-organisatorischer Hinsicht alleine dem Grundbuchamt obliegen.

Tut mir leid, wenn ich in dieser Sache etwas pessimistisch bin, aber ich fürchte, dass das nicht funktionieren wird mit der Einsicht in eine Kopie des betreffenden Grundbuchblatts. Jedenfalls bezogen auf diesen Fall - nicht ausgeschlossen scheint mir, dass eine Behörde, soweit es um Grundstücke im Eigentum der öffentlichen Hand geht, in einem anderen Fall (dann wohl aber aus mangelnder Kenntnis) einen teilweisen Einblick gewähren würde…

Aber es bleibt trotzdem interessant zu erfahren, was der LfDI dazu sagt.

Ich würde grundsätzlich empfehlen, konkreter nach den Informationen zu fragen, die du selbst durch Einsicht in das Grundbuch in Erfahrung bringen wolltest.
Meine Einschätzung ist auch nicht absolut, was den Inhalt der von Dir im Wege der Einsicht begehrten Informationen angeht - oder mit anderen Worten: Die Sperrwirkung der GBO geht zunächst dahin, dass die Einsicht in das Grundbuch sich nach der GBO richten soll. Das heißt aber nicht unbedingt, dass nun auch eine Sperrwirkung auch im Hinblick auf sämtliche im Grundbuch enthaltenen Informationen eintreten kann. Das lässt allein schon die Natur von Informationen und deren teilweise Verwendung in unterschiedlichen Kontexten nicht zu.
Ein Beispiel dafür ist ja das Informationsbegehren von @steffi_spitze : im Grunde geht es ihr ja um die Informationen, wie sie aus Abteilung 1 eines jeden Grundbuchblattes hervorgehen. Nur wählt sie klugerweise den Weg über §§ 24 BauGB und das Negativzeugnis. Das ist zwar ein Verwaltungsverfahren, was im Vorfeld einer Auflassung beim Grundbuchamt durchgeführt wird. Aber es ist eben ein eigenes Verwaltungsverfahren. Ohne dass es einer Einsicht in das Grundbuch bedarf, erfährt also die Behörde von einem beabsichtigten notariell zu beurkundenen Kaufvertrag über ein Grundstück - und damit auch, wer der neue Eigentümer ist.
Insofern kann man festhalten, dass es eine Teilschnittmenge an Informationen betreffend die Eigentümerstellung an Grundstück X gibt, ein Ausschnitt aus den Informationen des Grundbuchs also, die bei einer Behörde vorhanden ist, ohne dass diese vorher selbst mit dem Grundbuchamt in Verbindung getreten ist.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Behörde sich bezüglich dieser Schnittmenge auf den Standpunkt setzen könnte bzw. würde, dass hier auch eine Sperrwirkung der GBO greife - und sich auch nicht darauf berufen könnte, sie sei nicht verfügungsberechtigt im Sinne des § 7 I 1 IFG.
Dafür spricht auch die negative Antwort der Behörde in @steffi_spitzes Anfrage: Dort wird ja auf § 6 IFG verwiesen.

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Hi @steffi , sorry, dass ich erst jetzt antworte. Ich hatte das schon gelesen, war aber auch zu dem Schluss gekommen, dass das jetzt zu knapp wird. Auch wenn mir der Widerspruchsbescheid schlecht geschrieben zu sein scheint und die Begründung/der Verweis auf § 6 sehr dünn ist.

Der andere Thread, den du jetzt eröffnet hast (IFG-Anfrage: Immobilienbestände Albert und Victoria Immo in Berlin - #3 von steffi_spitze), der ja den gleichen Antrag an ein anderes Bezirksamt enthält, wirft eine Frage auf, die ich mir gleich gestellt habe, als ich von deiner im Grunde klugen Idee der §§ 24 BauGB gelesen habe und die anknüpft an das, was ich weiter oben im Zusammenhang mit der Möglichkeit von “grundbuchsblattübergreifenden Auswertungen” schreibe. Denn im Wesentlichen wird auch im Kontext der Bezirksverwaltungen ein entscheidender Punkt der sein, inwieweit - insofern verfahrensübergreifend** - eine Informationsauswertung /-sammlung stattfindet / stattfinden kann. Ich kenne mich mit den §§ 24 ff. BauGB und den Verfahren sowie den damit korrelierenden Datenbeständen bei den Bezirksämtern nicht aus (und werde mir erstmal Euren Gedankenaustausch in jenem anderen Thread anschauen müssen), aber mir scheint, dass hier der Verwaltungsaufwand eine, wenn nicht die entscheidende, Rolle zu spielen scheint, ungeachtet der Verweise anderer Bezirksverwaltungen auf § 6 IFG etc.
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es in der (nicht auf Vordermann gebrachten) digitalen Infrastruktur einiger Bezirksämter vielleicht doch nicht ganz so leicht sein könnte, diese Informationen zusammenzutragen. Was nicht heißt, dass das nicht geschehen sollte (denn deine Anfrage ist sehr gut, die Idee und die Motivation dahinter finde ich super) - zumal der Mitarbeiter (der selbst wahrscheinlich in IFG-Sachen keine Ahnung hatte - einfach in seine Nachricht den O-Ton des Rechtsamts reinkopiert hat.
Aber mehr dazu dann zu einem anderen Zeitpunkt in dem anderen Thread…

nur vielleicht eine Frage - aus Neugier, vielleicht weißt Du das, wo Du doch diese interessanten Artikel verlinkt hast: Weißt Du, wie die Initiative “Deutsche Wohnen & Co. Enteignen” an die Informationen darüber gekommen sind, wie viele Konzerne von einer Vergesellschaftung betroffen wären - wo doch die Informationen über Eigentumsverhältnisse so schwer zu bekommen sind? Haben die auf ähnliche oder sogar dieselbe Studie zugegriffen, wie Du sie in deiner Anfrage erwähnst (Wem gehört die Stadt? - Rosa-Luxemburg-Stiftung - sieht interessant aus)?

Álvaro

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Ich danke dir für die ausführliche Antwort - ich arbeite die mal langsam durch und antworte später ausführlich.

Eine Sache aber vorweg, die mir aufgefallen war, weil doch sehr viel darauf beruht in der Argumentation: Eine Verfügungsberechtigung kennen viele Landes-IFGs nicht. Weder IFG NRW noch IFG (Berlin). Hat eine Behörde eine Information, muss diese auch originär entscheiden und ist zur Herausgabe berechtigt. IFG (BW), SIFG und IFG (Bund) kennen eine Verfügungsberechtigung.

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Sinn und Zweck der GBO ist zunächst einmal, die Steuerung wie die Grundbücher zu verwalten sind. Regelungsgegenstand der GBO sind daher auch die Amtsgerichte und das “Grundbuch” ist definiert als

Die Grundbücher, die auch als Loseblattgrundbuch geführt werden können, werden von den Amtsgerichten geführt (Grundbuchämter).

Die Einschränkung auf “berechtige Interessen” für die Einsicht in eben dieses Grundbuch begründet sich aber natürlich (auch) in der Schutzwürdigkeit einiger Angaben.

Da muss ich widersprechen. In der GBO ist in fast jedem Paragraphen die Rede von “das Grundbuch”, “anderen Grundbüchern”, “Abschriften aus dem Grundbuch”.

Dass eine Abschrift eines Grundbuch von denselben Regelungen wie das eigentliche Grundbuch umfasst ist, ergibt sich in keiner Weise aus den Regelungen der GBO. So wird in § 12 ausdrücklich die “Erteilung von Abschriften aus Grundbüchern” geregelt. Wie daraus folgen sollte, dass ein Grundbuchamt auch über die Einsichtnahme bei anderen Stellen in bereits erteilte Abschriften aus Grundbüchern entscheidet ist nicht schlüssig.

Geheimsache Grundbuch?

Du sagst es zwar nie explizit, aber im Grunde geht es in deiner Argumentation doch um eine Art Vertraulichkeitsvorschrift bzw. Geheimhaltungsvorschrift. Du ziehst das IFG (Bund) heran und nutzt den Umweg über die Verfügungsbefugnis nach § 7 IFG, um das dann aber folgende Paradoxon zu umgehen.

Das Paradoxon für mich ist, dass einerseits § 12 GBO eine vorrangige (IFG NRW: “besondere, soweit”) Vorschrift sein soll, die aber - ohne dies zu benennen - für sämtliche Behörden (Bund, Land, Kommune) gelten soll. Jedoch gilt § 12 GBO gleichzeitig auch wiederum nur für die Amtsgerichte, denn nur diese können Einsicht gewähren und die Behörde darf dann einfach nicht antworten und muss an das Amtsgericht verweisen.

Das Problem umgehst du, indem die Verfügungsbefugnis (§ 7 IFG) herangezogen wird. Demnach entscheiden die Stellen mit der Verfügungsbefugnis über Anträge nach dem IFG. Hier also die Gerichte.

Das schlägt schon fehl, weil viele IFGs und das hier relevante IFG NRW keine derartige Verfügungsbefugnis kennen. Und das ist auch gut so - dieser Punkte sollte im Transparenzranking berücksichtigt werden, da er gerne zur Blockade genutzt wird und nicht selten für ein (absichtliches) Behördenbingo sorgt. Aber das ist ein anderes Thema.

Ich will das Thema nur kurz anreißen, da es eine derartige Regelung im hier relevanten IFG nicht gibt.

§ 7 IFG kann bereits nicht angewandt werden, da nach deiner Argumentation das IFG bereits nicht anwendbar ist. Ein Verweis an eine andere Behörde, obwohl festgestellt wurde, dass das IFG nicht anwendbar ist, kann es nicht geben.

Selbst wenn es das hier gäbe: § 7 IFG greift nicht für Informationen, die dauerhaft dem Bund zugegangen sind und von den Ländern stammen. (“Urheberprinzip”)

Dazu S. 11 Drucksache 15/4493

Eine Konstellation wäre auf Bundesebene aber denkbar: Eine Behörde erhält Informationen, die eine andere Behörde nur an z.B. “Berechtigte” herausgeben darf. Die Regelung gilt aber nur für die andere Behörde. In diesem Fall könnte eine Bundesbehörde § 7 heranziehen. Wichtig: Dann wäre die Regelung aber keine vorrangige Regelung für diese Behörde. Jedoch könnte man argumentieren: “Ja, wir sind informationspflichtig, aber für diese Information ist eine andere Behörde verfügungsberechtigt.”. Das klappt in NRW aber nicht.

Knackpunkt: Identischer sachlicher Regelungsgehalt

Für mich ist der Knackpunkt hier der fehlende identische sachliche Regelungsgehalt. Da unterscheidet sich die Rechtsprechung zwischen IFG NRW und IFG auch nicht. Daher nun Urteile des BVerwG:

So hat das BVerwG entschieden, dass Stellungnahmen von Behörden an den Petitionsausschuss nicht durch § 112 GO-BT verdrängt werden.

Die Vorschrift über die Berichtspflicht des Petitionsausschusses (§ 112 GO-BT) ist keine in diesem Sinne vorrangige Rechtsvorschrift. Denn das Informationsfreiheitsgesetz wird nur durch Normen verdrängt und ist diesen gegenüber subsidiär, die einen mit § 1 Abs. 1 IFG identischen sachlichen Regelungsgegenstand aufweisen (Schoch, IFG, 2009, § 1 Rn. 165); nur insoweit kann dem Fachrecht Geltung verschafft werden. Die genannte Vorschrift der Geschäftsordnung regelt die Unterrichtung des Bundestags und damit auch der Öffentlichkeit über die behandelten Petitionen und betrifft insofern den Zugang zu amtlichen Informationen. Sie legt deswegen nur Pflichten des Petitionsausschusses fest. Über die Auskunftspflicht von Behörden im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG wird hingegen nichts - und folglich nichts gegenüber der allgemeinen Vorschrift des § 1 Abs. 1 IFG Vorrangiges - geregelt.

Ein Antrag an den Petitionsausschuss würde also durch § 112 GO-BT möglicherweise verdrängt. Bei einem Antrag an eine Behörde für dieselbe Information gilt dies nicht.

Die Behörde argumentierte so:

Die auch für den Petitionsausschuss geltende Verschwiegenheitspflicht nach § 112 Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GO-BT) regele den Zugang zu den begehrten Stellungnahmen abschließend.

Ein weiteres Beispiel zeigt sich in § 96 Abs. 4 Satz 4 BHO und dem Urteil vom 22.03.2018 - BVerwG 7 C 30.15

Die BHO gilt für den Bundesrechnungshof - verklagt wurde jedoch eine andere Behörde, die geprüft wurde. Jedoch war eine Klausel aus § 94 BHO hier entscheidend:

Zum Schutz des Prüfungs- und Beratungsverfahrens wird Zugang zu den zur Prüfungs- und Beratungstätigkeit geführten Akten nicht gewährt. Satz 3 gilt auch für die entsprechenden Akten bei den geprüften Stellen.

Auch aus dem berühmten Urteil zum PartG ergibt sich nichts anderes. Dort wurde der Bundestag (in Form des Bundestagspräsidenten) verklagt, aber vorrangig sei die Vorschrift des § 23 PartG, die auch für diese Behörde gilt.

Wieso erwähne ich das? Weil eben die GBO die Einsicht bei den Ämtern regelt, die das Grundbuch verwalten und das Gesetz keine Bindung oder Geheimhaltungspflicht für andere Behörden erwähnt.

Das diese Ausweitung auf Kopien sowie alle Behörden allein aus der alten Geschichte der GBO rührt und hier eine Vorschrift zu sehen ist, die auch auf alle Behörden und dort vorhandenen Abschriften auszudehnen ist, halte ich für eine sehr weitgehende Rechtsanalogie. Es gibt keinerlei Hinweise, dass eine Geheimhaltung von Kopien mit dem § 12 GBO bezweckt werden sollte und hier eine genauere Regelung (wie in § 4 StUG oder § 94 BHO) schlicht vergessen wurde. Also eine planwidrige Regelungslücke?

Zuletzt:

Eine Gefährdung von personenbezogenen Daten sowie z.B. Geschäftsgeheimnissen kommt nicht ernsthaft in Betracht. Alle IFGs haben hier Verfahren zur Schwärzung/Abtrennung. Diese sind vermutlich auch grundrechtlich nötig, da sonst die Gerichte den Schutz der Rechte übernommen hätten.

Ich erwähne das nur, weil es hier ein wenig rausklingt, als muss hier zwingend irgendwie die GBO den Zugang sperren, da sonst datenschutzrechtliche Anarchie herrscht. Also muss man hier zwingend irgendeinen Ausweg aus der Misere finden. Dies ist keineswegs der Fall!

Auch Hypotheken und sonstige “Nebeninformationen” sind zweifelsfrei personenbezogene Daten bzw. können Geschäftsgeheimnisse darstellen, die ohne Zustimmung i.d.R. zu schwärzen wären.

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Kurzes Update: Die LDI NRW ist der Meinung, dass es sich um eine vorrangige Vorschrift handelt. Ich habe aber auch nicht den Eindruck, dass z.B. das Urteil des BVerwG zur GO-BT verstanden wurde bzw. das hier tiefgründig z.B. von der Rechtsabteilung geprüft wurde.

Insbesondere die Abgrenzung zu Teilinformationen zum Grundstück halte ich für extrem schwierig. Bereits die Information “Gehört das Grundstück der Stadt XY” müsste m.E. dann eine Stadt nicht beantworten. Mehr noch: Sie dürfte es nicht beantworten.

Denn bereits eine solche Auskunft käme einer Grundbucheinsicht in die Abteilung der Eigentümer gleich.

Ich übertreibe nicht: Wer eine IFG Anfrage an das Grundbuchamt stellt und auch nur den Eigentümer erfahren möchte, wird (rechtmäßig) abgelehnt, sofern kein berechtigtes Interesse vorhanden ist. Bei Vorhandensein des Interesses würde der Eigentümer durch das Grundbuchamt aufgrund von § 12 GBO und nicht IFG NRW mitgeteilt.

Bei Annahme einer vorrangigen Sperrvorschrift, die für alle anderen Behörden gilt, kann die Konsequenz dann nur sein, dass eine Behörde (die nicht das Grundbuchamt ist) jegliche Auskunft auch zu Teilinformationen ihrer eigenen Grundstücke nicht beantworten darf. Wenn diese Information im Grundbuch steht. Im Übrigen auch außerhalb des IFG NRW.

Es gibt keinen Unterschied, ob ich bloß von der Kommune erfahren möchte, ob eine Kommune Eigentümer ist oder ob ich den gesamten Auszug aus dem Grundbuch von der Kommune erhalten möchte. Was für das Grundbuchamt gilt, muss dann bei Annahme der Rechtstheorie auch für alle anderen Behörden gelten.

Für mich ist das fern jeder Lebenswirklichkeit und eine unglaublich kreative Rechtsfortbildung der GBO. Aber m.E. die einzige logische Konsequenz.


Für diesen konkreten Fall werde ich nun den Umweg über das UIG NRW wählen, um zumindest eine relevante Teilinformation zur Dienstbarkeiten zu (Mineral)quellen zu erhalten. Eine Vorrangigkeit existiert dort nicht.

Für diese allgemeine Sache der GBO werde ich wohl mal eine Anfrage an eine Bundesbehörde stellen und die Sache damit mal dort prüfen.

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Lange ist es her - es gibt Neuigkeiten zur Materie in Form von Urteilen aus dem südlichen Teil der Repubik. Falls Baden-Würtemberger einer Berufungsverhandlung für Informationsfreiheit beiwohnen wollen: (Nicht meine Klagen!)

das Berufungsverfahren zu 14 K 2520/20 ist hier unter dem Az. 10 S 3607/21 anhängig und auf den 22.11.2022 um 10.00 Uhr terminiert; das Berufungsverfahren zu 1 K 3842/20 ist hier unter dem Az. 10 S 439/22 anhängig und auf den 24.11.2022 um 10.00 Uhr terminiert.

  • VGH Baden-Würtemberg

Ich habe just 2 Urteile zur Thematik entdeckt. Das VG Karlsruhe (jeweils 1. und 14. Kammer vermutlich aufgrund örtlicher Zuständigkeit) haben beide sehr zeitnah zur GBO entscheiden müssen.

Die 14. Kammer:

Der Antrag richtete sich auf Lage und Größe aller städtischen Grundstücke einer Gemeinde. Nach Umweltinformationsrecht wurde der Zugang zu Informationen über städtischen Eigentumsverhältnisse abgelehnt, da kein Bezug zu Umweltinformationen besteht. Das Landesinformationsfreiheitsgesetz Baden-Württemberg (LFIG) kommt als Rechtsgrundlage für den Anspruch ebenfalls nicht in Betracht, da die Regelung in § 12 Grundbuchordnung als Spezialregelung dem LIFG vorgeht. Das Bekanntwerden der hier begehrten Informationen könnte auch nachteilige Auswirkungen auf die Interessen der Gemeinde im Wirtschaftsverkehr haben, womit der Ausschlusstatbestand des § 4 Abs. 1 Nr. 9 LIFG entgegenstehen würde.

Die 1. Kammer hat entschieden:

Zugang zu Grundstückskaufvertrag einer ehemaligen militärisch genutzten Liegenschaft: Eine Sperrwirkung auf Grund von § 12 Grundbuchordnung (GBO) bestehe nicht. Jedenfalls kann der Informationsanspruch aus § 1 Abs. 2 Landesinformationsfreiheitsgesetz Baden-Württemberg hinsichtlich eines Grundstückkaufvertrages dann neben § 12 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 GBO eingreifen, wenn es nicht um die Kenntnis der dinglichen Eigentumsverhältnisse an Grundstücken und die dinglichen Vollzugsregelungen geht.

Ich vermag zu behaupten, dass die 1. Kammer nicht wirklich der Meinung der 14. Kammer ist. Mehr noch: Vermutlich hätte die 1. Kammer sogar anders entschieden. Zwar hat man es sich hier einfach gemacht, und explizit gesagt, dass die Fallgestaltung eine andere war.

Aber nur so ist für mich die Spitze der 1. Kammer zu verstehen “anders, aber ohne nähere Begründung wohl: VG Karlsruhe, Urteil vom 30.09.2021 – 14 K 2520/20 –, juris Rn. 72) eine Überschneidung hinsichtlich der Anspruchsverpflichtung liegt vorliegend nicht vor.”.

Somit bestreitet die 1. Kammer also die Überschneidung des notwendigen Kriteriums der Anspruchsverpflichtung. Dem vermag ich zuzustimmen - das Kriterium fehlt hier völlig.

Die 14. Kammer nimmt dies zum Anlass zu behaupten, dass dies erst recht für eine Anwendung der Vorrangigkeit spreche - ohne dies zu untermauern. Das ist wenig überzeugend.

Soweit schließlich die zur Information verpflichteten Stellen (die Beklagte als Gemeinde einerseits, das Amtsgericht als Grundbuchamt andererseits; vgl. zur Reform der Grundbuchorganisation in Baden-Württemberg zum 01.01.2018 nur Holzer, in: Hügel, BeckOK GBO, 43. Edition, Stand: 01.08.2021, § 1 <Rn. 3 f.>) auseinanderfallen, beruht dies gerade darauf, dass die Führung des Grundbuchs - wie auch sonst bei registerrechtlichen Informationszugangsansprüchen - einer besonderen Stelle (hier dem Grundbuchamt) exklusiv zugewiesen ist, was mit Blick auf Sinn und Zweck des § 1 Abs. 3 LIFG erst recht für eine vorrangige Spezialregelung im Sinne dieser Norm spricht.

    1. Kammer VG Karlsruhe

Und der 1. Fall ist geklärt. Der spannendere 2. Fall (wo die Berufung dann angenommen werden müsste!) ist noch unklar.

https://verwaltungsgerichtshof-baden-wuerttemberg.justiz-bw.de/pb/,Lde/10692681/?LISTPAGE=1213200

Kurzbeschreibung: Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat die Berufungen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) und zweier städtischer Unternehmen gegen die Verpflichtung der Stadt zur Auskunftserteilung über den Kaufvertrag für das „Spinelli-Areal“ zurückgewiesen.

Bei dem „Spinelli-Areal“ handelt es sich um ein früher von den amerikanischen Streitkräften militärisch genutztes Gelände, auf dem in den kommenden Jahren Wohneinheiten für rund 4.500 Menschen und ein zentraler Teil des neuen Grünzugs Nordost der Stadt Mannheim entstehen sollen und in dessen Mitte die Bundesgartenschau 2023 stattfinden soll. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte der Klage eines Bürgers auf Einsichtnahme in den zwischen der BImA (auf Verkäuferseite) und der Stadt sowie der städtischen Wohnungsbau- und der Projektentwicklungsgesellschaft (auf Käuferseite) geschlossenen Grundstückskaufvertrag für das Gelände stattgegeben (Urteil vom 17. Dezember 2021 - 1 K 3842/20 -). Dabei ist es davon ausgegangen, dass der Informationsanspruch nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG) nicht aufgrund einer Sperrwirkung der besonderen Regelungen über die Grundbucheinsicht (§ 12 GBO) oder zum Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen der BImA bzw. der Kommunalunternehmen ausgeschlossen ist (siehe hierzu bereits die Terminvorschau in der Pressemitteilung vom 27.04.2022).

Tenor laut Pressestelle VGH:

"Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 30. September 2021 - 14 K 2520/20 - geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 25. März 2020 und des Widerspruchsbescheids vom 22. April 2020 verpflichtet, dem Kläger die mit Antrag vom 8. November 2019 begehrten Informationen über Lage und Größe aller städtischen Grundstücke auf Heidelsheimer Gemarkung außerhalb des bebauten Ortsetters zu erteilen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen und die Berufung insoweit zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt die Beklagte.

Die Revision wird nicht zugelassen."

Ohne die Urteilsgründe zu kennen, würde ich mutmaßen, dass hier der teilweise Zugang gewährt wurde und somit im § 12 GBO offensichtlich keine Spezialregelung vom VGH erkannt wurde. Stattdessen wurden (daher Beschränkung auf außerhalb des “bebauten Ortsetters”) scheinbar andere Ausschlussgründe gezogen - möglicherweise § 6 LIFG.

Die Sache ist nun entschieden und das Thema abgehakt. Nach so langer Zeit habe ich - letztlich - vollständig Recht behalten. Auch ganz nett. Das ist nicht meine Klage - aber der Sachverhalt letztlich deckungsgleich.

Zwar ging es bei mir um Kopien der Grundbuchblätter - letztlich kann ich aber nach dem Urteil des OVGs alle Informationen erhalten. Ob das nun mündlich, schriftlich (als Abschrift des relevanten Teils) oder als Kopie passiert, dürfte egal sein. Die Information bleibt gleich.

tl;dr: Informationen, die auch dem Grundbuch entnommen werden können, sind keine besondere Rechtsvorschrift (Spezialnorm) nach dem LIFG

http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&nr=38598

  1. Bei der grundbuchrechtlichen Vorschrift zur Grundbucheinsicht (§ 12 Abs. 1 Satz 1 GBO) handelt es sich nicht um eine vorrangige Sonderregelung im Sinne von § 1 Abs. 3 LIFG, die einen gegen eine Gemeinde gerichteten Anspruch gemäß § 1 Abs. 2 LIFG auf Informationen über die Lage und Größe in deren Eigentum stehender Grundstücke sperren könnte.

“Dennoch fehlt es in der vorliegenden Konstellation an einer die Frage der Normenkonkurrenz aufwerfenden Kollisionslage, weil es an den hierfür notwendigen Überschneidungen beim Anspruchsgegenstand (i) als auch beim Anspruchsverpflichteten fehlt (ii) und zudem auch der Sinn und Zweck der Begrenzung des Grundbucheinsichtsrechts die Annahme einer Sperrwirkung ausschließt (iii).”