Frage an Verwaltungsgericht nach Identität der Kläger gegen Zensus

Ich habe das Verwaltungsgericht Halle nach Kontaktdaten der 23 Kläger gegen den Zensus gefragt:

Das Gericht beabsichtigt, die Anfrage abzulehnen. Es sieht sich nicht in der Rolle einer Behörde. Ich habe den Beauftragten für Informationsfreiheit um Vermittlung gebeten und ihm mitgeteilt, dass ich die Adressdaten für einen Teil des Verwaltungshandeln des Gerichtes halte. Wie seht ihr das?

Dem Gericht ist hier m.E. vollumfänglich zuzustimmen. Ich sehe nicht, inwiefern es sich hierbei um öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben handeln sollte. Die Adressdaten ergeben sich direkt aus den Akten zu einem gerichtlichen Verfahren. Ich sehe nicht, wieso es sich um eine Verwaltungsaufgabe handeln sollte.

Ich weiß auch nicht, wie man auf etwas anderes kommen könnte.

Abgesehen davon, wird spätestens bei den personenbezogenen Daten Schluss sein. Wer sollte denn der Veröffentlichung zustimmen, wenn eine random Person danach fragt? Ich würde es nicht tun.

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Wie man auf anderes kommen kann:
Ist das Gericht eine Behörde? Ja.
Beeinträchtigt eine Anfrage nach den Klägerdaten die grundgesetzlich geschützte richterliche Unabhängigkeit? Nein.
Warum sollten Kläger ihre Adressdaten herausgeben? Ich würde es tun, wenn sich dadurch die Möglichkeit ergibt, sich mit anderen Klägern in der gleichen Sache auszutauschen. Ich meine, ich kann auch in die öffentliche mündliche Verhandlung gehen und persönlich den Kontakt aufbauen. Sobald man klagt, geht man auch einen Schritt in Richtung Öffentlichkeit.

Das ist aber nicht der Maßstab, der hier gesetzlich festgelegt wurde. Hätte man machen können - das wäre sicher die absolute IFG-Minimallösung. Hat man aber nicht.

Sämtliche Daten die im Rahmen eines rechtlichen Verfahrens anfallen, sind erstmal geschützt. Manchmal schwappt etwas über wie bei meinen Statistikdaten. Da werden Daten (per Verwaltungsanordnung des Ministeriums) in Listen aggregiert für statistische Zwecke. Diese Listen werden dann im Rahmen von öffentlich-rechtlichen Verwaltungsaufgaben erstellt. Auch wenn der Inhalt aus den Verfahren selbst stammt.

Aber wie du sicher weißt, bekommt man selbst in diesen Fällen massive Probleme beim Datenschutz… Aber zumindest nicht den Fall der Bereichsausnahme.

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Ich habe ja gegen den Zensus 2022 geklagt. Aktuell ist es so, dass das Verwaltungsgericht das Statistikamt gefragt hat, ob sich meine Klage gegen den Zensus nicht erledigt hat, weil ja auf zensus2022.de verkündet wurde, dass die Erhebung nun abgeschlossen sei. Einem Parallelkläger sei von einem Landratsamt sogar mitgeteilt worden, dass es jetzt noch nachgereichte Fragebögen gar nicht mehr berücksichtigen könne.
Wir haben also die Situation, dass ich nicht erfahren darf, wer da noch alles klagt, sonst hätten wir Kläger uns über solche Sachen austauschen können. Das Gericht hat hier einen Informationsvorsprung gegenüber uns Klägern. Ich meine, in diesem Falle hat es freundlicherweise Informationen von anderen Klägern zu meinen Gunsten genutzt, aber wenn es das mal vergessen sollte, könnte es sein, dass ein Verfahren zulasten des Amtes für erledigt erklärt wird, während eine andere weitgehend gleiche Klage abgewiesen wird.
Das nur als Zwischeneinwurf zur Frage, warum es sinnvoll und wünschenswert sein kann, die Identität von Klägern abzufragen. Also ganz abgesehen von der aktuellen rechtlichen Regelung finde ich, dass die Abfrage von Klägern durch irgendein Gesetz ermöglicht werden sollte.

Ich habe das Verwaltungsgericht noch gefragt, ob es mir die Termine mündlicher Verhandlungen zum Thema Zensus nennen kann:

Die Antwort lautet, dass es noch keine Verhandlungstermine gibt, aber wenn es sie mal gibt, dann landen sie im „im elektronischen System des Justizzentrums“. Das klingt doch jetzt aber stark nach Verwaltungshandeln und nicht mehr nach spezialgesetzlichen Prozessordnungen.

Auf das nahe liegendste bin ich natürlich erst jetzt nach Monaten gekommen: Ich frage doch mal direkt das Statistikamt als Beklagte.

Mal aus reinem Interesse: Was hast du davon, die Behörden so mit deinen Anfragen vollzuspammen?

Die Antwort habe ich hier gegeben:

Das ist nicht meine Frage.

Ich frage, was dein allgemeines Problem mit dem Zensus ist, weswegen du die Behörden damit nervst?

Hm. Also wir haben die Datenschutzgrundverordnung, die uns Bürgern eine Privatsphäre zusichert. Jeder der an private Daten heranwill, ist daher in der Rechtsfertigungspflicht, und nicht derjenige, der sie nicht herausgeben will. Der Zensus ist entgegen der Darstellung vom Statistikamt nicht einfach nur eine Zählung der Menschen, die in D wohnen. Das würde auch keine großen neuen Erkenntnisse liefern, denn es werden ja nur die Menschen angeschrieben, die schon auf dem Einwohnermeldeamt erfasst sind. Der besondere am Zensus ist, dass sehr private Daten, die aus gutem Grunde auf viele Ämter verteilt sind, auf Personenebene zusammengeführt werden.
Man darf also mal fragen: Aus welchem Grunde? Für welche Planungen reichen denn verfügbare statistische Daten nicht? Das Statistikamt kann uns dazu kein Beispiel nennen. Auf der anderen Seite sehen wir ständige Fehlentscheidungen trotz verfügbarer Daten. Mein Lieblingsbeispiel: Anhand der Geburtenrate eines Jahres kann man sehr gut den Bedarf an Lehrern und Schulplätzen in sechs Jahren vorhersagen. Trotzdem gibt es immer wieder enorme Engpässe.
Und dann geht es mit den Datenschutzproblemen immer weiter: ein Testlauf des Zensus mit den Realdaten aller Bundesbürger, Cloudflare-Einsatz beim elektronischen Fragebogen, eine Webshell wird auf zwei Zensus-Servern gefunden, die DSFA wird nicht herausgegeben, weil sie Angriffsmöglichkeiten für Hacker zeigen könnte (anscheinend gibt es also Schwachstellen, was schlecht ist und behoben werden muss, aber sicher nicht verheimlicht). Und dann sagt der Leiter vom Zensus 2011 dem damaligen Innenminister de Maizière, dass man mit den Zensusdaten eigentlich nichts anfangen kann, weil sie erst drei Jahre nach Erhebung veröffentlicht werden.
Ok, wenn ich das hier weiter ausführe, wiederhole ich letztlich unsere Klageschrift. Weiteres zum Thema findet man zum Beispiel in der Volkszählungsfibel:
Die kleine Volkszählungsfibel 2011 - Vorratsdatenspeicherung

Hier noch was: Bei mir geht es um den sogenannten Gebäude- und Wohnungszensus. Da gibt es die Frage:

W6 Geben Sie bitte Nachnamen und Vornamen von bis zu zwei Personen an, die am 15. Mai 2022 in der Wohnung wohnen. Beginnen Sie mit den erwachsenen Personen.

In der Ausfüllhilfe steht, dass wir die Mieter über diese Auskunft nicht zu informieren brauchen und schon gar nicht um Einverständnis zu bitten. Eigentlich wird beim Zensus nur eine Stichprobe der Bürger direkt befragt. (Allerdings eine ziemlich große Stichprobe, mehr als 10% aller Bundesbürger.) Für mich sieht es so aus, als solle hinter dem Rücken der Mieter eine Vollerfassung durchgeführt werden. Das Statistikamt entgegnet, dass es aber mit einer 4,9 Mio € schweren Informationskampagne alle Bürger vollumfänglich über den Zensus aufgeklärt habe.

Ohhhhhh, da steckt bestimmt eine Verschwörung dahinter, böse Mächte…

Hätte ich jetzt nicht so ausgedrückt wie Susanne, aber irgendwie erschließt sich mir der Sinn noch nicht ganz…