Datenbanken juris und C.H. Beck Online

@JannisK - Danke für Deine Anfrage an die Uni Bonn wegen der Kosten zu juris und Beck Online. Ich wollte diese Zahlen mit anderen Unis vergleichen, leider sagen die meisten ab wegen “Geschäftsgeheimnis”. Die Reaktionen sind also unterschiedlich: Uni Bonn ist transparent, Uni Bochum schreibt 3 Seiten Ablehnung, Uni Frankfurt/Main sendet ein Einschreiben mit Rückschein zum Thema (!), usw. Austausch?

Moin,

danke dir für die Nachricht! Um ggf. andere an Bord zu holen, das hier ist die ursprüngliche Anfrage von mir, in der die Uni Bonn mitgeteilt hat, wie viel Geld sie jährlich für Beck online und juris ausgeben (was sie womöglich nicht hätte tun sollen/dürfen):

Spoiler: 2023 sind das 86.000 Euro für Beck online und 72.000 Euro für juris alleine von der Uni Bonn.

Das sind natürlich ganz schöne Summen, vor allem wenn man bedenkt, dass quasi alle Universitäten in etwa solche Summen für die Zugänge zahlen müssen und Behörden natürlich auch - hinzu kommt, dass vor allem das Geschäftsmodell von juris darauf basiert, Gerichtsentscheidungen, die mit öffentlichen Mitteln erzeugt wurden, zu verkaufen. Das erinnert ein wenig an die Recherche Staat verscherbelt Prüfungen, Verlag verdient Millionen.

Ich erläutere hier mal, was so meine Recherchen und Gedanken zu dem Thema bislang ergeben haben.

Umsatz und Gewinn der juris GmbH:

Besonders problematisch finde ich dabei, dass die juris GmbH 2021 einen Umsatz von 39 Mio. Euro gemacht hat und dabei einen Jahresüberschuss (also Gewinn nach Steuern) von 8,7 Mio. Euro gemacht hat. 2020 sah es ähnlich aus. Von den 8,7 Mio. Euro werden ca. 7,3 Mio. Euro als Gewinn ausgeschüttet.

Dieser Gewinn wird an die Gesellschafter ausgeschüttet. Die juris GmbH gehört aber zu 50,01% der Bundesrepublik, zu 2,99% dem Saarland und zu 45 % einer französischen Verlagsgesellschaft (Aktiengesellschaft) (der Rest sind mini-Anteile diverser juristischer Verlage/Institutionen), das heißt, dass letztere auch einen entsprechenden Anteil am Gewinn einfährt – der weitgehend aus Quellen generiert wurde, die eigentlich öffentlich sein sollten (Gerichtsurteile nämlich).

Gesellschaftsanteile aktuell

Ich konnte die Gesellschafter nur bis 2010 zurückvollziehen und nicht, wann die ersten Anteile an juris verkauft wurden (und warum) – wenn da jemand Ideen hat, z.B. wie man an die Handelsregisterauszüge aus der Zeit seit Gründung 1987 kommt, sagt gern mal was!

Gesellschaftszweck der juris GmbH:

Der Gesellschaftszweck der juris GmbH lautet auch seit ihrer Gründung 1987:

Gesellschaftszweck aktuell

Ich bin mir nicht sicher inwiefern man sagen kann, dass sie diesem Zweck des „jedermann verfügbar machen“s gerecht wird wenn juris sauteuer (118 €/Monat als Anwält:in mit mehr als drei Jahren Berufserfahrung, ohne Extra-Module, hier) ist :wink:

Spannend fände ich auch, ob juris schon immer etwas gekostet hat – wenn jemand weiß, wie man das rausfinden könnte, freue ich mich über Hinweise!

Geschäftsführer der juris GmbH:

Außerdem verdienen die beiden Geschäftsführer zusammen inkl. Versicherungsbeiträge und Boni ca. 506.000 Euro jährlich (2021) – der eine 324k, der andere 181k. Als Vergleich: Die beiden Geschäftsführer:innen der Deutschen Energie-Agentur (dena) haben 2021 362.000 Euro verdient.

Andere Referenzzahlen von (bundeseigenen) Unternehmen habe ich jetzt nicht rausgesucht, aber mir kommt das auch unabhängig davon recht viel vor (:

Die ganzen Informationen habe ich aus dem öffentlich zugänglichen Geschäftsbericht (bundesanzeiger.de) und den Handelsregistereinträgen (handelsregister.de) zusammengezogen, falls sich da jemand ebenfalls mal schlau machen möchte.

Es gibt auf FragDenStaat recht viele Anfragen, die die Kosten von juris schon von diversen öffentlichen Stellen (meist Ministerien) wissen wollten und immer mit Verweis auf Geschäftsgeheimnisse abgelehnt wurden (@arne.semsrott hatte das schon vor Jahren interessiert, meine ich, und hier gibt es die geschwärzten Verträge, ich weiß nicht, von wem) und ich weiß auch nicht, ob schon mal wer gegen die Geschäftsgeheimnis-Ablehnung bei juris (oÄ) geklagt hat.

Ich finde es zum einen natürlich eine Schande, dass juris nicht sowieso kostenlos ist, weil der Zugang zu (allen) Gerichtsurteilen mMn vom Staat bereitgestellt werden und kostenlos sein sollte, auch um die oft beschworenen „mündigen Bürger:innen“ zu ermächtigen. Zum anderen finde ich auch falsch, dass eine französische Aktiengesellschaft auch noch daran mitverdient, Gewinne auf Kosten des Staates zu machen (wenn der Gewinn wenigstens nur an die staatlichen Gesellschafter ginge und es linke Tasche rechte Tasche wäre, nun gut, aber so…).

Wenn hier einige im Forum mitlesen und Gedanken dazu haben oder sich schon mal gemacht haben, dann haut doch gern mal raus!

Liebe Grüße,
Jannis

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Das ist ja spannend, wie viel Beck und juris mit ihren “Angeboten” machen, vor allem, mit welchem Preisanstieg. Und dann ist nicht mal die JuS drin enthalten.

Ich konnte die Gesellschafter nur bis 2010 zurückvollziehen und nicht, wann die ersten Anteile an juris verkauft wurden (und warum) – wenn da jemand Ideen hat, z.B. wie man an die Handelsregisterauszüge aus der Zeit seit Gründung 1987 kommt, sagt gern mal was!

Der direkteste Weg denke ich wäre über das Amtsgericht Saarbrücken, Registerabteilung. Laut deren eigener Website (Saarland - Aufgaben - Registersachen) und § 9 HGB können von den Dokumenten, die nicht digitalisiert wurden, Abschriften gefordert werden. Vielleicht geht dies auch als elektronische Datei. Wird aber wahrscheinlich etwas kosten, ich vermute mal 10 € gem. Nr. 25210 GNotKG (pro Abschrift). Gegenständlich wären ja möglicherweise mehr als nur eine Gesellschafterliste. Diese sollten sich im Sonderband zur Registerakte befinden.

Alternativ/Ergänzend mittels IFG versuchen, in die Akten, die das BMJ als Gesellschaftervertreterin führt, Einsicht zu bekommen. Das Protokoll der 34. Gesellschafterversammlung 2017 ist elektronisch im Handelsregister abrufbar. Die Vollmacht des BMJ an seinen Vertreter in der Versammlung trägt das AZ “ZB5-1543/22-Z51441/2017”. Damals (2017) war das Referat Z B 5 zuständig für " Rechtsinformation; Bürokratieabbau"; die Aufgaben werden heute vermutlich von Referat Z C 4 (Neuordnung des Rechtsinformationssystems des Bundes; Digitalisierung der Verwaltung) übernommen.

Aus den Jahresabschlussunterlagen beim Unternehmensregister geht hervor, dass der Verlag Sdu nv (2013 von Lefebvre Sarrut aufgekauft) bereits 2006 im Aufsichtsrat saß (folglich also Gesellschafter war).

Nachtrag
Aktenplan BMJ, Untergruppe 153. Zu dem Aktenzeichen sollte alles bzgl. juris veraktet sein.
https://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/Ministerium/Aktenplan/Aktenplan_BMJ.pdf?__blob=publicationFile&v=8

ja, den Preisanstieg fand ich auch krass - wobei ja dabei steht, dass seit 2019 bzw. 2020 auch der remote access für Studierende im Abo erfasst ist. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das erklären kann, warum der Preis bei juris sich 2020 und 2021 jeweils stark erhöht hat (kann die Preiserhöhung auf zwei Jahre gestaffelt worden sein?)

und danke für die Hinweise zum AG und BMJ inkl. Aktenplan - ich schau mal ob ich bei ersterem anrufe und mich erkundige und bei letzterem eine Anfrage stelle!

und zu Sdu nv: Das war laut Wikipedia früher ein Staatsunternehmen, wurde dann privatisiert, und dann aufgekauft.
Ich weiß nicht, ob die BRD (1) ein Vorkaufsrecht auf die Gesellschaftsanteile gehabt hätte (Gesellschaftsrecht irgendwer? in der Satzung sieht mir das nicht so aus) und (2) ob sie das beim Übergang der Sdu auf Lefebvre hätte ziehen können (oder schon früher mal, wer weiß die Anteile damals gewandert sind)

Randnotiz: der Ausschüttungsbetrag war 2006 immerhin auch schon 4,1 Mio. Euro… es zieht sich also schon länger so hin dass irgendein privates Unternehmen die Häfte der Gewinne abcasht, die (u.a.) mit der Vermarktung von Gerichtsurteilen aus öffentlicher Hand erzielt werden^^

Guten Tag zusammen, danke für alle Gedanken und Hinweise ! Es ist ärgerlich, dass die Universitäten nicht darlegen müssen, was sie für juris und Beck Online ausgeben. Ich müsste ein Informationsinteresse darlegen, das über dem Geschäftsgeheimhaltungsinteresse der Unternehmen liegt. Dies darzulegen, daran arbeite ich nun. Im Übrigen verstehe ich bei Juris nicht, wieso dieses Geschäftsgebahren seit Jahr(zehnt)en von der Bundesregierung geduldet wird. In der Tat: Staatliche Institutionen erhalten staatliche Unterlagen (gerichtliche Entscheidungen) über den Umweg eines privaten Unternehmens, das - natürlich - mit Gewinnzweck arbeitet.

PS: “So heißt es von der Bundesregierung, das Gehalt werde „im Verhältnis zu Geschäftsführergehältern vergleichbarer Unternehmen sowie unter Berücksichtigung der Aufgaben und Leistungen des Geschäftsführers und der Lage der Gesellschaft“ als angemessen beurteilt. Van Oostrom erhielt zuletzt 333.634,04 Euro für seine Tätigkeit bei juris. …
Van Oostrom bekleidet darüber hinaus Positionen in Geschäftsführungen anderer Unternehmen.”
https://www.msn.com/de-de/finanzen/top-stories/justizministerium-macht-presse-mehr-als-330000-euro-sind-angemessen/ar-AA164COj