Behörden ohne (wesenliche) Beanstandungen bei Lebensmittelkontrollen

Fast jede zweite lebensmittelrelevante Kontrolle ergibt Beanstandungen. Oft sind das nur Kleinigkeiten wie eine verstaubte Steckdose oder eine tote Fliege auf dem Küchenboden. Manchmal, wenn auch seltener, ekelerregende Dinge.

Es dürfte jedoch sehr selten vorkommen, dass alle Betriebe in einem Überwachungsbereich mustergültig arbeiten. Dagegen spricht schon, dass Menschen involviert sind.

Bei manchen Behörden scheinen sich dennoch Betriebe ohne Fehl und Tadel zu häufen. Das ist aber nicht immer einer rigorosen Überprüfungspraxis mit Null-Fehler-Toleranz geschuldet, sondern … manchmal auch kreativem Anfragemanagement.

Mir sind bisher 2 Varianten aufgefallen, die ich nachfolgend beschreibe.

Variante 1: Vom Antrag abweichende Kontrolltermine

Der krasseste mir bisher untergekommene Fall kommt vom Landratsamt des Hohenlohekreises: Harald Schäfer.

Die Auskunft wurde scheinbar korrekt erteilt: Eine Kontrolle vor und eine Kontrolle nach dem Antragsdatum ergab keine Beanstandungen.

Bei so etwas werde ich inzwischen hellhörig – insbesondere wenn die Behörde sonst nur beanstandungsfreie Kontrollen mitteilt. Auf meine Nachfrage hin stellt sich die Behörde dumm: Die Auskunft beziehe sich selbstverständlich auf den Auskunftszeitpunkt.

Ich habe so eine Ahnung, also eine weitere Nachfrage. Umständlich wird vom Amt eine neue Anfrage konstruiert …

Endergebnis: Bei der “versehentlich” übergangenen Kontrolle waren die Beanstandungen derart gravierend, dass sogar eine Betriebsschließung angeordnet wurde.

Lessons learned: Lasst euch nicht mit ergebnislosen Kontrollterminen, die zeitlich nach eurer Antragstellung liegen, abspeisen. Selbstverständlich können solche Fehler auch unbeabsichtigt vorkommen. Auch in Behörden arbeiten nur Menschen. Dann wird die fehlende Auskunft jedoch ohne Diskussion nachgeliefert.

Variante 2: Anträge ohne Beanstandungen werden beantwortet, ansonsten Schweigen

Wenn die beiden letzten Lebensmittelkontrollen in ihrem Zuständigkeitsbereich (beispielsweise Wuppertal) keine Beanstandungen ergaben, dann antwortet das Bergische Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt sofort – teilweise sogar schon am Folgetag mit einem entsprechenden Bescheid.

Dazu werden die Eingangsbestätigung, der Bescheid und die Auskunft in einem Schreiben versendet. Ein Beispiel hierfür ist die Burgschänke.

Über den Hinweis, dass meine Mail an den zuständigen Sachbearbeiter weitergeleitet wurde, muss ich jedes mal schmunzeln, da es sich dabei immer um die selbe Person handelt.

Wenn es Beanstandungen gab, geht die Behörde jedoch anders vor: Es wird nur eine Eingangsbestätigung versendet. Diese enthält die übliche Bitte, wegen der Vielzahl ähnlicher Anfragen von Nachfragen anzusehen.

Nach einem halben Jahr habe ich dennoch begonnen nachzufragen. Denn inzwischen wurden bereits mehrere Anfragen jüngeren Datums beantwortet. Jeweils ohne Beanstandungen.

Ergebnis: Keinerlei Reaktion bei 5 Nachfragen per E-Mail über FragDenStaat. Erst auf eine sechste Nachfrage per Fax wurde mir die angefragte Auskunft zugesendet.

Wie sich herausstellte: Im Pino’s gab es Beanstandungen.

Bei allen meinen Anfragen reagiert die Behörde gleich. Ohne Beanstandungen antwortete sie sofort. Gab es Beanstandungen, stellte sich die Behörde nach einer Eingangsbestätigung tot.

Lessons learned: Nicht aufgeben, Faxgerät entstauben.

4 „Gefällt mir“

Immer wieder spannend wie Auskunftsrechte torpediert werden. Und beim VIG geht es dabei ja in aller Regel nicht einmal um Informationen, die einer Behörde selbst unangenehm sein könnten.

Zu Punkt 1: Ich verstehe die Festlegung von Topf Secret auf die letzten beiden Berichte ohnehin nicht. Vielleicht kann @arne.semsrott was dazu sagen. Vermutlich wollte man nicht zu “umfassend” anfragen. Ich weiß es aber nicht.

Ob dies nun Absicht oder nicht war in diesem Fall: Ich verändere meine Anfragen inzwischen und beantrage sämtliche Kontrollen der letzten 5 (!) Jahre, was auch mein gutes Recht nach VIG ist. So erhalte ich alles - und das können auch mal 4 Berichte oder mehr sein. Spielereien dieser Art kann es dann auch nicht geben

Ich denke, der Sinn der Begrenzung auf die letzten beiden Kontrollen ist einfach, dass es i.d.R. nicht interessant ist, was vor X Jahren mal gewesen ist, weil es wenig über den status quo aussagt.

Andererseits bekomme ich auch ab und zu einen Bescheid, in dem steht, dass die letzte Kontrolle mitunter auch schon 4 Jahre her ist, die vorletzte Kontrolle somit >5 Jahre und nicht mehr vom Auskunftsanspruch erfasst ist.

Ich sehe das anders, aber bin da vielleicht auch etwas militant. Gerade Betriebe, die auffällig waren, werden teilweise 3-4 mal wegen Auffälligkeiten in diesem Zeitraum untersucht. Mein Vorgehen kann ich daher nur empfehlen - zumal man sonst auch sein Auskunftsrecht künstlich beschneidet.

Mir ist auch unklar, wieso es sich bei Berichten, die 6 Jahre alt sind um “entgegenstehende öffentliche Belange” handelt. Vielleicht wegen des Arbeitsaufwands?

Das steht im VIG - § 3 VIG - Einzelnorm
“Der Anspruch nach § 2 besteht wegen entgegenstehender öffentlicher Belange nicht, in der Regel bei Informationen nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, die vor mehr als fünf Jahren seit der Antragstellung entstanden sind”

Genau. Aber eine Einschränkung auf die letzten beiden Berichte ist nicht nötig und wird hier (wie kann es auch anders sein) von Behörden kreativ ausgenutzt.