Ablehnung weil "Betrieb" nicht am "freien Markt" teilnimmt

Hallo an alle,

ich habe heute folgende Ablehnung erhalten:

Die Begründung ist sinngemäss, dass der Anwendungsbereich des VIG gar nicht erst eröffnet sei, weil der Betrieb nicht am freien Markt teilnimmt. Hatte das schon mal jemand? Wie ist eure Erfahrung mit der Ansicht der Behörde?

(Ein Widerspruchsverfahren ist ja hier nicht möglich, richtig? Wir sind in Bayern, da ist das m.W.n. ja abgeschafft?)

Schöne Grüße

Moin,

ich finde die Argumentation nicht tragfähig. Das VIG kennt IMHO das Erfordernis der Teilnahme am “freien Markt” nicht.
Zudem würde ich erst mal pauschal behaupten, dass die Schüler:innen hier durchaus als “Verbraucher:innen” im Sinne des VIG anzusehen sind.
Zudem hat das VIG ja den Zweck, für Verbraucher:innen eine Vergleichbarkeit und Entscheidungsfindung zu ermöglichen. Dies gilt auch in Schulen, schließlich kann man sich dafür oder dagegen entscheiden, in der Kantine / Mensa zu essen.
Dass die EU-Richtlinien zur Lebensmittelkontrolle auch in Kantinen gelten, ist IMHO auch unstrittig. Ich würde die Vermittlung einschalten und ggf. Klage erheben, um die Rechtsfrage final zu klären.

Im Freistaat ist leider vieles etwas anders, als im Rest der Republik… :frowning:

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Morgen!

Ich schließe mich dir da größtenteils an. Ich hab mir das VIG mal angesehen und kann eigentlich auch nicht erkennen, woran das Landratsamt festmachen möchte, dass der Anwendungsbereich des VIG derart beschränkt wäre, oder, dass es noch eine zusätzliche Bedingung geben würde.

Inwiefern meinst du “Vermittlung einschalten”?

Edit: Ich bin auch am überlegen, ob es nicht eine (sinnvolle) Möglichkeit ist, den Antrag unter Bezug auf Art. 39 BayDSG einfach erneut zu stellen. Ideen im Zusammenhang mit dieser Anfrage? Ich würde halt das “Interesse” aus dem VIG-Anspruch ableiten - dort steht ja mehr oder weniger, dass Verbraucher ein berechtigtes Interesse daran haben können und das bejaht ja das Landratsamt auch.

Das wäre eine Option, wobei Artikel 39 in Bayern ja eher so eine “Ersatzgrundlage” ist.

Fragen kann man sicher, jedoch regelt Artikel 39 Absatz 2 BayDSG:

Abs. 1 findet keine Anwendung auf Auskunftsbegehren, die Gegenstand einer Regelung in anderen Rechtsvorschriften sind.

Und das Auskunftsbegehren ist unstrittig Gegenstand nach dem Verbraucherinformationsgesetz. Das VIG ist somit ein Spezialgesetz, das dem allgemeinen Gesetz (in diesem Falle BayDSG) vorgeht.

Ich vermute, dass die Behörde dies genauso sehen wird. Aber Versuch macht klug, vielleicht kommt ja doch was bei rum. Solltest du dich für eine Klage entscheiden, würde ich das BayDSG nur als höchst hilfsweise Anspruchsgrundlage nennen, die Klage im Übrigen eher auf das VIG stützen, um keine (kostenlastige) Bruchlandung hinzulegen.

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So habe ich das auch im Kopf ja - aber da das Landratsamt ja keinen Fall vom VIG sieht (die Anwendbarkeit verneint) ist diese Auskunft nach deren Rechtsansicht ja in keinem anderen Gesetz geregelt. Das Landratsamt weißt ja nicht darauf hin, dass Ausschlussgründe aus dem VIG greifen würden - sondern zweifelt die Anwendbarkeit des VIG an.
Sollte man sich also deren Rechtsauffassung anschließen - so könnte man natürlich die Auffassung vertreten, es wäre über das BayDSG möglich? Oder übersehe ich jetzt was?

Das sehe ich prinzipiell auch so - nur kann ich aus der Antwort des Landratsamtes eigentlich eben die gegenteilige Auffassung rauslesen. Denn sonst hätte Sie sich ja mit der Sache befassen müssen.

§ 2 Abs. 1 Satz 2 VIG: Der Anspruch nach Satz 1 besteht insoweit, als kein Ausschluss- oder Beschränkungsgrund nach § 3 vorliegt.

Entweder also, Sie nennen einen Ausschlussgrund (nicht geschehen) oder es ist die falsche Anspruchsgrundlage. Dann aber greift das BayDSG?

Eine Klage auf das BayDSG stützen würde ich aber nicht, das ist klar… ich sehe es ja eigentlich auch als einen Fall nach VIG. Würde es nur auf dem Wege ohne Gerichtsverfahren versuchen. :sweat_smile:

Außergerichtlich kannst du alles versuchen, die Kosten, falls es schief geht, sind da relativ überschaubar. Vor Gericht sieht das anders aus, selbst wenn du auf die vom Amt favorisierte Anspruchsgrundlage ausweichst, heißt das nicht, dass das Gericht diese ebenfalls zutreffend findet. Im schlimmsten Fall verlierst du die Klage (ggf. auch teilweise), nur weil du dich vom Amt auf die falsche Rechtsnorm hast switchen lassen.

Zudem könnte man das Verwaltungsverfahrensgesetz dahingehen auslegen, dass kurz hintereinander gestellte (inhaltsgleiche) Anträge unzulässig sind, sofern sich die Rechtslage nicht zugunsten des Antragstellers geändert hat. Das ist aber nur ein theoretisches Risiko.

Viel wichtiger ist: wenn du den Antrag nach dem BayDSG jetzt erneut stellst, ist dies ein neues Verwaltungsverfahren.
Die Rechtsmittelfrist des (abgelehnten VIG-) Antrags läuft weiter. D.h. nach Ablauf der Frist kannst du gegen den Ablehnungsbescheid nach dem VIG nicht mehr klagen.

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Vielen Dank für deinen Input dazu. Ja, da sind wir uns dann ziemlich einig.

Dann werde ich wohl heute einfach mal eine Anfrage nach BayDSG starten und mal 2 Wochen abwarten. Hernach ist immer noch genug Zeit um den VIG Antrag ggf. weiter zu verfolgen.

@BARCA (oder jemand anderes): Jemand Erfahrung mit Kosten bei Anfragen nach dem BayDSG, ich bin jetzt nur flüchtig mal das Kostenverzeichnis durchgegangen. Auskünfte “einfacher Art” sollten kostenfrei sein, d.h. gehe ich davon aus, dass zumindest die Auskunft “ob überhaupt kontrolliert wurde” kostenfrei sein dürfte, oder gibts da andere Erfahrungen?

Hat jemand vielleicht eine Idee, wie ich sinnvoll ein “berechtigtes Interesse” im Sinne des Art. 39 BayDSG formulieren kann?

Input dazu: https://www.datenschutz-bayern.de/3/auskunftsrecht.pdf (Rn. 86 ff)

@arne.semsrott

Wollt ihr nicht eine gleichartige Anfrage mal stellen und unsere bayrischen Freunde zu unbekannter Transparenz erziehen?

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