§ 115 SGB XI - Pflegequalitaetsdaten

Liebe Open Knowledge Foundation, liebe Datenaktivisten_innen,

in § 115 Absatz 1c SGB XI ist geregelt, dass Dritten der Zugriff auf die Ergebnisse von Qualitaetspruefungen, welche in Pflegeheimen und bei ambulanten Pflegediensten durchgefuehrt werden, in maschinen- und menschenlesbarer sowie plattformunabhaengiger Form zur Verarbeitung und Veroeffentlichung zur Verfuegung zu stellen sind.

Ich habe bei einem der Landesverbaende der Pflegekassen einen Antrag auf diese Daten gestellt und wurde nun darueber informiert, dass fuer die Daten Verwaltungs- und Bereitstellungsgebuehren von mindestens 1650 Euro zu entrichten waeren. 1500 Euro Sockelbetrag und 150 Euro pauschal pro Bundesland. Hinzu kaeme noch eine Gebuehr von 200 Euro pro Monat, fuer Aktualisierungen. Eine einmalige, bundesweite Datenabfrage kostet 3900 Euro.

Ich finde es ein Unding, dass diese Daten hinter einer Paywall verborgen werden und es interessierten Buerger_innen eigentlich unmoeglich gemacht wird den Datensatz zu analysieren. Die Pflegekassen betreiben zwar ihre eigenen Webseiten mit den Ergebnissen der Qualitaetspruefungen, deren Such- und Filtermoeglichkeiten sind aber sehr eingeschraenkt (z.B. Pflegelotse). Ich glaube, eine Analyse der Daten bzw. Metadaten koennte auch Aufschluss ueber die Qualitaet der Pruefungen geben, welche von den Pflegekassen durchgefuehrt werden.

In den Pflegeheimen lebt eine der verwundbarsten Bevoelkerungsgruppen und das Missbrauchspotenzial ist besonders grosz. Umso wichtiger ist es deshalb, dass diese Daten zugaenglich sind, um von einer moeglichst groszen Gemeinschaft in Augenschein genommen und hinterfragt werden zu koennen.

Denkt ihr es ist moeglich diese Daten zu befreien? Und wenn ja, wie?

Ich sehe da in der Tat Probleme, da das Sozialgesetzbuch XI in meinen Augen eine Fachvorschrift ist, die dem IFG vorgeht (§1 Absatz 3 IFG). Somit ist die Deckelung der IFGGebV auf 500 Euro zzgl. Auslagen nicht anwendbar, die Gebühren bemessen sich in diesem Falle nach dem BGebG - und die sind nach oben hin nicht gedeckelt.

Das BGebG sagt in §9 Absatz 3 jedoch:

(3) Die nach Absatz 1 oder 2 bestimmte Gebührenhöhe darf zu der individuell zurechenbaren öffentlichen Leistung nicht außer Verhältnis stehen und insbesondere kein wesentliches Hindernis für die Inanspruchnahme der Leistung durch den Gebührenschuldner darstellen.

Das wäre so jetzt auf die Schnelle in meinen Augen der einzige Aufhänger.
Außerdem wäre zu prüfen, ob die Norm im SGB (XI) einen identischen Regelungsinhalt zur Zielsetzung hat, wie das IFG des Bundes, denn falls nicht könnte daraus dann doch wieder die Anwendbarkeit des IFG (nebst der damit verbundenen Deckelung auf max. 500 Euro, ggf. zzgl. Auslagen) bestehen.
Dies erfordert aber eine sehr intensive Prüfung und eine noch intensivere Begründung, die IMHO weder fachlich, noch kostenlos von der “Crowd” hier im Forum erfolgen kann. Selbst wenn man die Anwendbarkeit des IFG darlegen kann, wird meiner Einschätzung nach aufgrund des Datenkonvoluts in jedem Fall der Höchstsatz an Gebühren fällig werden.

Vielen Dank fuer deine Analyse, BARCA!

Welche Spezialisierung sollten denn Jurist_* haben, welche diese Pruefung durchfuehren und welches Gericht waere hier bei einer Klage zustaendig?

Gibt es Erfahrungswerte, mit welchen Kosten fuer solch ein Gutachten zu rechnen ist und wieviel solche Prozesse kosten?

Lassen sich solche Gutachten und ggf. Klagen auch ueber eine Rechtsschutzversicherung finanzieren? Oder macht es mehr Sinn, sich an NGOs zu wenden und zu schauen, ob diese ein Rechtsgutachten finanzieren wuerden?

Moin,

für Streitigkeiten nach dem IFG sind die Verwaltungsgerichte, für Streitigkeiten nach dem SGB die Sozial- oder Verwaltungsgerichte zuständig (jenachdem, ob man Betroffener ist, oder nicht).

Im Optimalfall betreut das ein Anwalt, der auf Verwaltungs-, Sozialrecht oder auf beides spezialisiert ist.

Das Problem ist, dass leider viele Anwälte nicht mehr nach dem RVG abrechnen (obwohl sie sich als Organe der Rechtspflege bezeichnen), sondern freie Vereinbarungen verhandeln, die sich weit über den RVG-Sätzen bewegen. Anwälte sind damit leider, anders als Notare, nicht immer für jeden erschwinglich, was eine bedenkliche Entwicklung in meinen Augen ist.
Gutachten werden wohl in fast allen Fällen nicht nach dem RVG berechnet, weil das nicht kostendeckend ist. Ob eine Rechtschutzversicherung dafür aufkommt, oder nicht, richtet sich nach der Versicherungsgesellschaft oder dem Vertrag, manche Gesellschaften verlangen eine persönliche Betroffenheit, eine zwingende Notwendigkeit, oder auch eine gewisse Erfolgsaussicht. Hier hilft nur eine (kostenlose) Deckungsanfrage bei der Versicherung weiter.

Wenn man die Klage mit Hilfe einer NGO oder auch von Prozessfinanzierern absichern kann, ist das natürlich eine ungemeine Entlastung.