Ich fange mal an mache weiter mit ganzen vier Vorschlägen, die mir schon bei der Erstellung des Threads durch den Kopf gegeistert sind:
1. Lex Twitter – Klarstellung des Begriffs “amtliche Informationen”
Wie schon hier vorgeschlagen, sollte das heutige Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Anlass genommen werden, klarzustellen, was “amtliche Informationen” eigentlich sein sollten. Behörden sollen nicht in die Benutzung privater (oder allg. nichtstaatlicher) Anbieter flüchten können dürfen, um sich ihrer Informationspflicht zu entziehen. Es gibt keinen Grund, zwischen Informationen zu unterscheiden, die der Behörde z. B. per E-Mail oder per Post zugehen und solchen, die ihr über moderne Kommunikationsmittel zugehen. Ausschlussgründe nach §§ 5, 6 IFG regeln bereits ausreichend den Schutz der sendenden Dritten. Eine Abstufung des Auskunftsrechts nach vermeintlicher “Relevanz” ist mit dem Grundsatz des voraussetzungslosen Anspruchs nicht vereinbar und lädt zu Willkür und Missbrauch ein.
Daher schlage ich vor, § 2 IFG wie folgt neu zu fassen (mit leichten Änderungen zum verlinkten Beitrag):
§ 2 IFG - Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Gesetzes ist
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amtliche Information: jede Aufzeichnung unabhängig von der Art ihrer Speicherung oder ihrer Bedeutung, auf die die Behörde im Sinne des § 1 Absatz 1 dieses Gesetzes unmittelbar Zugriff hat, mit Ausnahme von Entscheidungsentwürfen, solange die Entscheidung noch nicht ergangen ist, und von Notizen, die ausschließlich der persönlichen Unterstützung dienen; ein unmittelbarer Zugriff wird unwiderleglich vermutet, wenn die Behörde über die Informationen verfügen kann oder die Informationen in Akten oder sonstigen amtlichen Aufzeichnungen enthalten sind, die bei der Behörde vorliegen;
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Dritte: alle Personen, über den personenbezogene Daten oder sonstige Informationen vorliegen, außer diese Informationen sind in der Ausübung hoheitlicher Tätigkeit oder im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses angefallen.
2. Fristen
Das IFG braucht eine bessere Regelung der Fristen. Die Monatsfrist wird von Behörden, selbst solchen die in der Regel vergleichsweise informationsfreundlich sind, quasi in jedem IFG-Verfahren gerissen. Die Einhaltung der Monatsfrist muss für die Behörde zu einer prozessualen Obligation werden, deren Verletzung für die antragstellende Person im weiteren Verfahren Vorteile hat. Außerdem ist das IFG-Recht wegen der Möglichkeit der Behörde, das Verfahren quasi unbegrenzt in die Länge zu ziehen, für Gegenstände die zeitkritisch sind (z. B. aktuelle Debatten) vollkommen nutzlos.
Daher schlage ich folgendes vor:
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§ 7 Absatz 5 wird gestrichen.
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Es wird folgender § 7a eingefügt:
§ 7a – Antwortfrist
(1) Die Entscheidung über den Antrag hat unverzüglich, spätestens binnen eines Monats nach dem Zeitpunkt des Zugangs des Antrags bei der Behörde zu ergehen. § 8 bleibt insoweit unberührt.
(2) Die Entscheidung hat auf das ausdrückliche Verlangen der antragstellenden Person spätestens binnen einer Woche zu ergehen, wenn eine schnelle Entscheidung wegen besonderen Gründen erforderlich ist, insbesondere wenn
- der Gegenstand des Antrags Gegenstand der Tagesberichterstattung oder der öffentlichen Meinungsbildung ist;
- oder eine spätere Entscheidung zu schweren, nicht mehr wieder gutzumachenden Nachteilen für die antragstellende Person führen würde.
Beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 verkürzen sich in einem solchen Falle
- die Frist für die Stellungnahme des Dritten (§ 8 Absatz 1) und
- die Frist, binnen derer die Entscheidung nicht vollzogen werden darf, (§ 8 Absatz 2 Satz 2)
auf jeweils eine Woche; Widerspruch und Anfechtungsklage haben in diesem Falle keine aufschiebende Wirkung.
(3) Gibt die Behörde in der nach Maßgabe der vorstehenden Absätze bestimmten Antwortfrist ihre Entscheidung nicht an die antragstellende Person bekannt, so ist die Untätigkeitsklage abweichend § 75 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung zulässig. Liegen die Voraussetzungen des Absatz 2 Satz 1 vor, so wird in Verfahren nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs vermutet.
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In § 9 Absatz 1 wird das Normzitat auf den neuen § 7a korrigiert.
Idee dahinter:
Absatz 1 enthält zur bisherigen Regelung keine Neuigkeiten.
Absatz 2 enthält eine Regelung, die in “Eilfällen” eine schnellere Entscheidung festlegt (z. B. bei aktuellen öffentlichen Diskussionen oder vor Wahlen). Dabei hat die Entscheidung binnen einer Woche, in Drittbeteiligungsverfahren binnen zwei Wochen zu ergehen.
Absatz 3 regelt die Obligationen der Behörde. Bei Verstreichenlassen der Antwortfrist ist sofort die Untätigkeitsklage statthaft. Ein Eilantrag benötigt keinen besonderen “Anordnungsgrund” mehr, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 2 vorliegen.
3. Kosten
IFG-Verfahren sind leider häufig immer noch kostenpflichtig, obwohl das der Ausübung von Auskunftsrechten schadet und zu Intransparenz führt.
Daher schlage ich vor:
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Für Verfahren nach dem IFG werden grundsätzlich keine Gebühren und Auslagen erhoben.
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Bei besonders umfangreichen Anträgen, deren Bearbeitungsaufwand eine Zeit von 10 Stunden überschreitet, können Gebühren von bis zu 500 Euro für den Zeitaufwand verlangt werden, der die 10 Stunden überschreitet.
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Von Gebühren ist abzusehen, wenn diese unbillig wären, insbesondere wenn der Antragsgegenstand von besonderem Interesse für die Öffentlichkeit wäre, oder, wenn die antragstellende Person sonst vom Auskunftsrecht ausgeschlossen wäre und der Antrag nicht mutwillig ist.
Nachtrag:
- Es sollte eine gesetzlich ausdrücklich normierte Verpflichtung geben, die antragstellenden Personen vorab relativ genau über die Kosten zu informieren und ihnen die Rücknahme, Einschränkung oder Präzisierung des Antrags anzubieten, widrigenfalls sollten Kosten nicht erhoben werden dürfen.
4. BfDI
Der BfDI muss dringendst gestärkt werden. Sowohl in personaler Hinsicht, als auch mit Blick auf seine Kompetenzen. Sein stärkstes Schwert ist momentan eine “Beanstandung”, was nicht mehr als ein Vermerk in das Klassenbuch für unartige Bundesbehörden ist.
Daher schlage ich vor, eine der folgenden Kompetenzen hinzuzufügen:
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Der BfDI bekommt das Recht, gegenüber den Behörden die Herausgabe der begehrten Informationen anzuordnen. Wenn diese damit unzufrieden sind, müssten sie gegen den BfDI klagen.
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Der BfDI wird Widerspruchsbehörde für alle IFG-Bescheide von Bundesbehörden. Damit würden alle Widersprüche über seinen Tisch laufen.
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Vor Erlass eines Widerspruchsbescheids, durch den das Informationsbegehren abgelehnt wird, muss der BfDI angehört werden. Er hat das Recht, gegen den Widerspruchsbescheid zu klagen.
Ferner sollte der BfDI insoweit erheblich personell gestärkt werden. Außerdem sollte die Anrufung des BfDI die Widerspruchsfrist hemmen.