Das ist durchaus richtig, dass die neuen BVerwG-Urteile da berücksichtigt werden müssen - die leider in eine falsche Richtung gehen… Trotzdem bleibt Schoch eine gute Referenz für die rechtsdogmatischen Hintergründe (Spezialgesetz vs. allg. Gesetz / Besonderheiten des Kollisionsrechts / lex posterior - Regel etc…).
Das ist leider im Hinblick auf § 56 V GWB (neue Fassung) nach der Rechtsdogmatik von Literatur und Rechtsprechung nicht ganz richtig.
§ 56 V:
(5) Die Kartellbehörde kann Dritten Auskünfte aus den ein Verfahren betreffenden Akten erteilen oder Einsicht in diese gewähren, soweit diese hierfür ein berechtigtes Interesse darlegen.
kurze Einordnung
Ich wollte und will das Ganze ja in einem anderen Thread darstellen (die Recherchen sind soweit schon gemacht), aber hier zur kurzen Darstellung des Zusammenhangs ein Vorgriff:
Voraussetzung für ein Verdrängen des IFG, wie sie von Literatur und Rechtsprechung angenommen werden
- identischer Regelungsgegenstand
- Das speziellere Gesetz muss sich als “abschließend” gg. dem IFG verstehen.
(Im Grunde sind diese beiden Punkte untrennbar miteinander verbunden, aber es ist die Kunst der Juristen, Dinge oft künstlich aufzuspalten. Später werden wir sehen, warum…)
zu 1.
Richtigerweise müssen sowohl § 1 III als auch das spezielle (möglicherweise den Anspruch aus § 1 I IFG verdrängende) Gesetz denselben Regelungsgegenstand haben.
Die Frage ist nun: Was heißt das genau? Ich werde das im Einzelnen im neuen Thread darlegen, doch so viel sei gesagt: Leider vertritt das BVerwG hier einen Standpunkt, der im Ergebnis das IFG tendenziell für nicht anwendbar erklärt, sobald irgendwie eine Pflicht zur Information besteht - unabhängig davon, ob im Verhältnis Staat-Bürger, Staat-Staat (zB PartG: BTags-Verwaltung gg. Bundestag), und auch unabhängig davon, ob eine Veröffentlichungspflicht oder eine Auskunftspflicht auf Antrag Gegenstand der Spezial- / fachrechtlichen Regelung ist. Das BVerwG spricht von der Notwendigkeit eines abstrakt- identischen Regelungsgehalts. Das heißt: Das BVerwG lässt es eben - so legt es das Urteil zum PartG, das Du zuerst zitiert hast - ausreichen, dass “irgendwie abstrakt” eine Regelung über “Informationszugang” geregelt wird.
(Das Verquere daran: Natürlich muss, anders als es das BVerwG tut, zwischen objektiv-rechtlichen Transparenzpflichten und subjektiv - rechtlichen Informationszugangsansprüchen unterschieden werden. Im PartG - Urteil sagt das BVerwG etwa, dass §§ 23 ff. sachlich einschlägigie Regelungen über den Informationszugang der Allgemeinheit enthält. Seltsame Ansicht, wenn man bedenkt, dass §§ 23 ff. nur die Rechenschaftspflichten der Parteien gegenüber dem Bundestagspräsidenten einerseits und die Informationspflichten (§ 23 IV PartG) des Bundestagspräsidenten gegenüber dem Parlament regeln. Seltsam deshalb, weil diese Informationsregelungen innerhalb des Staates dann ohne Weiteres als “abschließende Informationsregelungen gegenüber der Allgemeinheit” angesehen werden. Seltsam vor allem aber vor dem Hintergrund, dass das IFG - immerhin ein Bundesgesetz - später als das PartG ergangen ist und Ausdruck einer neuen Informationsfreiheits- und Transparenzforderung der Gesellschaft ist).
Ich muss das aber kurz einschränken: Das Urteil über das PartG betrifft in der Tat - wie das BVerwG selbst sagt - ein politisch hochsensibles Thema. Daher politisch verständlich, wenn das BVerwG da vorsichtig ist und tendenziell das IFG zurückgedrängt sehen will…
Das heißt aber nun nicht zwingend, dass die Rechtsprechung im Bezug auf jedes Fachrecht so “informationsunfreundlich” eingestellt sein muss.
zu 2 - dem abschließenden Charakter - werde ich an anderer Stelle noch etwas sagen, das führt hier zu weit…
zurück aber zum Fall des § 56 V GWB
Dabei dürfte es sich leider recht deutlich um eine Norm handeln, die zum Einen grundsätzlich dasselbe regeln will (es geht darum, den Informationsantrag eines Dritten (= Jeder) gegenüber der Behörde zu regeln) und sich zum Anderen als wohl abschließend verstehen dürfte - jedenfalls in der Auslegung der Rechtsprechung.
Leider kann man aus juristischer Sicht bei einer solchen Formulierung und in der Zusammenschau von § 1 III und § 56 V GWB (oder auch § 96 IV BHO) wenig machen, denke ich; jedenfalls dort, wo von “Dritten” als potentiellen Informationsempfängern die Rede ist, ist damit das Verhältnis Staat-Bürger gemeint.
Das Credo von § 1 III IFG ist - ungeachtet der komplexen Implikationen - im Ergebnis: Wo der Gesetzgeber des sog. Fachrechts es für sinnvoll hält, den Informationszugang von Dritten selbst zu regeln, soll es ihm stets vorbehalten bleiben, den allgemeinen IFG-Anspruch auszuschließen.
(Fachrecht = Parteienrecht, Haushaltsrecht, Kartellrecht, Finanzaufsichtsrecht etc.).
Das Interessante: In der Tat betreffen die beiden von Dir zitierten BVerwG-Urteile zwei als besonders systemrelevant angesehene Bereiche: Zum Einen eben Grundpfeiler der repräsentativen Demokratie (Parteiengesetz), zum Anderen die Finanzwelt und deren sakrosankte Funktionsweise (BaFin-Urteil, das zweite, von Dir zitierte, in dem § 1 III übrigens nur eine ganz untergeordnete Rolle spielt).