Analyse der Tätigkeitsberichte/Beanstandungen: Hat der BfDI keine Lust auf Informationsfreiheit?

Zugegeben: Der Titel ist etwas provokativ, aber nicht völlig ohne sachliche Grundlage. Es kam hier in letzter Zeit im Forum öfter die Meinung (auch von mir) durch, dass der BfDI deutlich weniger Einsatz für Informationsrechte zeigt, als es früher der Fall war.

Das Ganze wollte ich nun einmal mit den wenigen Datenpunkten untermauern, die zumindest indirekt auch darauf hindeuten, was so viele bisher nur vermuteten.

So hatte mich bei den letzten Tätigkeitsberichten bereits die fehlende Länge und die fehlende Tiefe der Berichte stark irritiert.

Ganz konkret habe ich zwei Datensätze betrachtet: Die Anzahl der förmlichen Beanstandungen sowie die Anzahl der Wörter in den Tätigkeitsberichten zum IFG (Ohne Anlagen).

  1. TB 48498 Wörter, 5 Beanstandungen
  2. TB 72464 Wörter, 4 Beanstandungen
  3. TB 53332 Wörter, 2 Beanstandungen
  4. TB 57452 Wörter, 1 Beanstandung

Bis hier: Schaar

  1. TB 53257 Wörter, 0 Beanstandungen
  2. TB 34819 Wörter, 0 Beanstandungen

Bis hier: Voßhoff, dann Kelber und gleichzeitig Einführung DSG-VO

  1. TB 9350 Wörter, 0 Beanstandungen
  2. TB (Nun jährlich, für Vergleichbarkeit mal 2 nehmen) 3576 * 2 = 7000, 0 Beanstandungen

Beanstandungen

Auffällig ist, dass sämtliche Beanstandungen nur unter Peter Schaar ausgesprochen wurden. Zwar war die Anzahl bereits dort rückläufig - jedoch ist es nicht glaubwürdig, dass die Anwendung des IFG inzwischen so gut funktioniert, dass es seitdem in den vielen Jahren in keinem Fall mehr einer Beanstandung bedurfte.

Eine Erklärung wäre, dass man erkannte, dass Beanstandungen ein stumpfes Schwert sind und die Behörden dieses einfach ignorieren. Das wäre jedoch keine gute Vorgehensweise, da der BfDI gerne mehr Kompetenzen und Rechte zur Durchsetzung haben möchte. Wer jedoch seit Jahren nicht einmal seine “schärfste” Waffe einsetzt, der kann wohl kaum argumentieren, dass er noch schärfere Waffen braucht.

Länge der Tätigkeitsberichte

Im Ergebnis ist die Länge der Tätigkeitsberichte relativ plötzlich seit 2018 auf 10-20 % der sonst normalen Länge geschrumpft. Das deckt sich mit der Einführung der DSG-VO sowie damit, dass es der erste Bericht unter Ulrich Kelber war. Da in den Tätigkeitsberichten vor allem Anfragen aufgenommen werden mit denen sich der BfDI intensiv beschäftigt hat, könnte dies schon ein Abbild der “Schlagkraft” des BfDI darstellen.

Eine andere Erklärung wäre, dass man lediglich weniger Aufwand in die Berichte steckt, aber im Hintergrund dieselbe Arbeit verrichtet (je Anfrage). Das halte ich nicht für glaubwürdig.

Falls dem jedoch so wäre, wäre das fatal: Die Berichte sind einige der wenigen Mittel, die der BfDI zur Durchsetzung des IFG hat. So zeigen die Berichte den Abgeordneten auch Lücken und Probleme des IFG auf.

Ursache für die deutlich zurückgegangene Länge der Berichte ist also entweder der Übergang des Amts auf Ulrich Kelber oder die Einführung der DSG-VO mit der neuen erheblichen Belastung der Behörde. Oder eben auch Beides.

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Die Analyse ist richtig, nur Peter Schaar hat sich wirklich darum gekümmert. Bei Frau Voßhoff wurde bereits die fehlende Bereitschaft, sich für Informationsfreiheit einzusetzen, in verschiedenen Foren debattiert. Herr Kelber geht an das Thema eher lustlos heran und wenn, wie im Streit mit dem BMI, derart dilletantisch, dass ihm das VG Köln zu Recht eine Watschen gegeben hat.

Aus der Zahl der Beschwerden zeigt sich, dass diese durchaus auf einem hohen Niveau ist. Allerdings ist hier auch nur ein halbes Referat befasst - was sehr deutlich macht, wie hoch das Interesse an dem Thema ist.
Hinzu kommt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich eher als Durchlaufstation für die ministeriellen Stellungnahmen sehen und eine Kumpanei offensichtlich ist. Dies fällt bereits dadurch auf, dass die Stellungnahmen der Behörden nicht vor einem Votum zur Verfügung gestellt werden, was eigentlich einem fairen Verfahren entsprechen würde. So bleiben die teilweise falschen Darstellungen der Behörden einfach stehen und müssen ggf. im Nachgang mühsam korrigiert werden. Allerdings ist dann die Bereitschaft des BfDI nahezu nicht vorhanden, sich dieser Themen anzunehmen, ich habe dies einmal hier dargestellt. Auch auf ganz offensichtliche Fehler der Behörde wird nicht reagiert, man befasst sich nicht einmal damit.

Die Forderung, einen eigenen Informationsfreiheitsbeauftragten einzusetzen, macht deshalb durchaus Sinn. Dabei müssen nicht einmal zwingend die Rechte verändert werden, sondern vorallem das Verhalten:

  • unmittelbare Veröffentlichung der Beanstandung
  • zwingende Diskussion des Berichts im Bundestag (bislang ist nicht ein Bericht über die formale Diskussion hinausgegangen)
    Der Bundesrechnungshof hat auch nicht wesentlich mehr Rechte. Aber die Angst vor dem BRH ist in der Verwaltung sprichwörtlich.
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Danke für die ausführliche Analyse über die Tätigkeit!

Ich kopiere diesen Beitrag einfach mal rüber in das Forum des BfDI und schaue mal welche Rückmeldungen da kommen.

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Gerne. Hohe Erwartungen habe ich leider nicht. Es braucht wohl wieder einen Grünen an der Spitze…

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Zu den Beanstandungen kann ich sagen dass es keine gab. Das steht in den TBs und wurde auf eine IFG Anfrage auch so bestätigt.

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